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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Januar 2017; 10:02
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Glosse:
> Kein Grund zur Freude
Das finnische Experiment zeigt nur das Dilemma der Grundeinkommensdebatte
Jetzt ist also das passiert, vor dem sozialdemokratisch denkende 
Sozialpolitiker immer gewarnt haben: Das Experiment Grundeinkommen wird nach 
dem neoliberalen Modell gestartet. Ausgerechnet die rechte Regierung 
Finnlands beginnt einen Testlauf unter dem Titel "Grundeinkommen", der mit 
Sozialpolitik nicht das Geringste am Hut hat. Der großartige Stefan 
Schulmeister hat in der ZiB24 immer wieder betonen müssen, dass man über die 
Grundeinkommensidee als solche nicht diskutieren könne, wenn man dabei nicht 
auch gleichzeitig über die Höhe dieses Sockelbetrags spricht. Denn ansonsten 
lande man bei dem Modell, daß schon Milton Friedman vorgeschlagen habe, um 
die Bildung eines "Lumpenproletariats" zu vermeiden. Mit der Idee, daß man 
davon auch leben können müsse, habe das aber nichts zu tun, so Schulmeister.
Haben also die linken Kritiker der Grundeinkommensidee rechtbehalten? Ja und 
Nein.
Ja deswegen, weil sich bewahrheitet hat, dass unter dem derzeitigen 
hegemonialen Wirtschaftsparadigma nur so ein Friedman-Einkommen denkbar war.
Und nein deswegen, weil diese Kritiker damit verzichtet haben, die Idee 
eines echten existenzsichernden bedingungslosen Grundeinkommens zu 
forcieren. Sie haben wohl auch deswegen rechtbehalten, weil sie den Diskurs 
der Rechten überlassen haben.
Das wirklich Schlimme am Experiment in Finnland ist aber die 
Berichterstattung hierzulande darüber. Das dürfte auch mit dem Hype um das 
Experiment, den sich im Laufe des letzten Jahres ständig ändernden 
Verlautbarungen der finnischen Regierung bei gleichzeitiger Unkenntnis der 
finnischen Sprache im Rest von Europa zusammenhängen. Nach den wenigen 
genaueren Informationen die in Deutsch oder Englisch verfügbar sind, wird 
nicht das Arbeitslosengeld durch das Grundeinkommen ersetzt, sondern ein 
Sozialtransfer, der eher Hartz IV oder unserer Mindestsicherung entspricht. 
Daneben gibt es aber noch weitere Sozialtransfers (Wohnungsbeihilfe, 
Kinderbeihilfe etc.), die auch weiterhin zuzüglich des Grundeinkommens 
ausbezahlt werden dürften -- zum Teil allerdings nur dann, wenn keine Arbeit 
angenommen wird.
Damit wäre das Modell aber gar nicht so brutal wie berichtet und für die 
Testpersonen würde sich gar nicht so großartig viel ändern. Bei uns kommt aber die 
Info an, daß man von 560 Euro auch leben könne. Und daß das die Richtschnur für 
hiesige Regelungen wäre.
Nein, das finnische Modell ist keines für ein Grundeinkommen. Und man sollte 
es als ein solches gar nicht mehr diskutieren. Die Forderung muß lauten, daß 
es genug Geld zum Leben für alle geben muß, egal ob sie arbeiten oder 
nicht -- und zwar ohne hintenherum dem Arbeitsfetisch zu huldigen. Auch wenn 
man nicht glaubt, daß man das durchsetzen kann.
*Bernhard Redl*
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