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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 5. Oktober 2016; 17:29
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Kommentierte Presseschau:

> Die tägliche Krise

Unsere tägliche Flüchtlingsberichterstattung gib uns heute:
Ö1-Morgen-Journal - knapp 15.30 min, das ist die Hälfte der Sendezeit wurde
am Montag dem Thema Flüchtlinge gewidmet. Und wie! Abstimmung gegen Quoten
in Ungarn, Kurzsche Wortspenden über das Scheitern Merkels, das eine
EU-Flüchtlingsquotenregelung voi schlecht und dafür Visegrad voi klass ist,
weiters eine ökonomische Studie des Fiskalrats (dem muss schrecklich fad
sein), dass bis 2060 - ja ernsthaft, das gibt's ökonomische Studien die
behaupten bis 2060 etwas prognostizieren zu können - Flüchtlinge nur kosten
und nix bringen und dazu Prof. Haber. Ja, doch, es gab noch 1.37 min zur
Situation in Aleppo. Hab ich übrigens nicht zu den 15.30 min dazu gezählt,
da geht's ja um was gaaaanz anderes. Ich bin ja dafür, dass es mindestens
halbstündlich ein Sondersendung zur aktuellen Flüchtlingssituation geben
sollte, mit Live-Schaltungen ins Verteidigungs-, Innen-, Aussenministerium
und in die FPÖ-Parteizentrale ... obwohl eigentlich brauch ma die eh nimmer
... Ach was, was heißt alle halbe Stunde, viertelstündlich, mindestens
viertelstündlich! 'S warat wegen dem Panikfaktor ... ach ja, in irgendeinem
Schmierblatt hab ich übrigens tatsächlich gelesen, dass, wenn's so
weitergeht, die Flüchtlings-"Obergrenze" heuer gar nicht erreicht wird ...
wird sich schon ein anderer Notstand finden.
*Markus Koza*

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> Die verkaufte Politik

Zu einem Interview im Kurier vom 23.9.2016 mit dem Politologen Peter
Filzmaier:

Der Lieblingspolitologe der heimischen Medien glaubt zu wissen, was Ursache
für die Unzufriedenheit der Wähler mit der Demokratie und der Politik ist:
"Keine Wirtschaftsbranche könnte sich leisten, was die Politik macht:
Nämlich durch ein Klima der Negativität des permanenten Konflikts das Image
einer ganzen Branche runterzumachen. Parteien konkurrieren
selbstverständlich um Wählerstimmen. Es konkurrieren aber auch
Tourismusgemeinden um Gäste genauso wie Handyhersteller um Kunden. Trotzdem
sagt keine Tourismusgemeinde, in der anderen schwimmt man nicht in
Thermalwasser, sondern in der Kloake."

Filzmaier merkt nicht, dass sein eigenes Politikverständnis und seine auf
diesem Politikverständnis fußenden Medienauftritte jene Denunzierung der
Politik als eine umfassende Kloake auf die Spitze treiben. Wer nämlich
politische Parteien mit Verkäufern von Waren und Dienstleistungen
vergleicht, unterstellt ihnen ja implizit, dass sie in ihrem jeweiligen
Programm nicht den Ausdruck ihrer Überzeugungen sehen, sondern eine Ware,
die an den Mann gebracht werden soll. Wird aber Politik als Geschäft
betrieben, haben wir es immer schon mit einem schmutzigen Geschäft zu tun,
auch dann wenn keine Korruption im Spiel ist. Denn schmutzig ist allein
schon die Behandlung von Überzeugungen als Waren.

Aber so wie jedes Volk die Politiker hat, die es verdient, haben wohl auch
die Politiker stets die Politologen, die sie verdienen.
*Karl Czasny*

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> Billiger geht nicht!

Zu einem Interview im Standard vom 1./2. 10. 2016 mit dem Obmann des
Österreichischen Verbands Gemeinnütziger Bauvereinigungen:

Als es 2005 zu Straßenschlachten in den Pariser Banlieues kam, zweifelte in
Österreich niemand daran, dass dies zu einem guten Teil Resultat von
wohnungspolitischen und städtebaulichen Fehlentwicklungen war.
Fehlentwicklungen, die darauf hinausliefen, Haushalte mit niedrigem
Einkommen in Großsiedlungen mit besonders billigen Sozialwohnungen zu
konzentrieren und damit gezielt Armenghettos zu erzeugen. Wir waren damals
noch stolz auf unser Wohnbauförderungssystem, das für ein ausreichend großes
Angebot an leistbaren Qualitätswohnungen sorgte und sozial Schwache nicht
auf Billigwohnschienen abschob. Und wir freuten uns über EU-Statistiken, die
nachwiesen, dass Haushalte aller Einkommensschichten hierzulande
vergleichsweise selten unter Vandalismus und Kriminalität in der
unmittelbaren Wohnumgebung leiden.

Zehn Jahre später wichen in Frankreich die spontanen Gewaltausbrüche
gezieltem Terror, der uns so sehr in Angst versetzt, dass wir viel
zusätzliches Geld für die innere Aufrüstung von Polizei und Bundesheer
flüssig machen. Zugleich wollen wir uns keine dem aktuellen
Bevölkerungswachstum entsprechende Aufstockung der Wohnbauförderungsmittel
leisten. Der Obmann des Verbands der Gemeinnützigen fordert daher dringend
"eine Billigschiene innerhalb der Wohnbauförderung, die sich nur an der
Bauordnung orientiert" und die Förderung der Wohnversorgung von Haushalten
mit darüber hinausgehenden Qualitätsansprüchen sogenannten
"High-Level-Qualitätsschienen" überlässt. Bei Praktizierung eines solchen
Zweiklassensystems könnte man nämlich auch mit dem aktuellen
Subventionsvolumen das Auslangen finden.

Doskozil und Sobotka dürfen zufrieden absalutieren, denn damit werden die
strukturellen Weichen für die Erzeugung von Armenghettos mit stark erhöhtem
Bedarf an militärischer und polizeilicher Infrastruktur gestellt.
*Karl Czasny*




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