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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. September 2016; 16:35
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VERWORTET:
> "Terror"
Das Wort "Terror" (lateinisch für "Schrecken") hat eine seltsame Karriere
hinter sich. Zum einen bezeichnet es mittlerweile recht zivile Vorkommnisse
oder Umstände, wie etwa, daß ein Kind von Mitschülern terrorisiert wird. Zum
Anderen ist es das Schreckgespenst, daß militante Gruppierungen
beispielsweise irgendwo Bomben legen. Von "Oben", gar vom Staat, kommt der
Terror aber nie. Im Gegenteil: Damit man dem "Islamischen Staat" dieses
Selbstverständnis als Staat aberkennen kann, ist der Ausdruck
"Terrororganisation Islamischer Staat" zur stehenden Wendung geworden --
Staaten üben ja schließlich keinen Terror aus sondern sie führen nur Kriege
und machen Polizeieinsätze. Sollte es ein Staat (der natürlich nicht im
selben Militärbündnis wie der eigene Staat ist) einmal wirklich zu bunt
treiben, dann gibt es auch von offizieller Seite noch den Begriff des
"Staatsterrors", der aber immer so etwas wie Verwunderung impliziert, daß
ein richtiger Staat so etwas wie Terror überhaupt ausüben könne.
Das war aber nicht immer so: "Terror ist nichts anderes als rasche, strenge
und unbeugsame Gerechtigkeit. Er ist eine Offenbarung der Tugend. Der Terror
ist nicht ein besonderes Prinzip der Demokratie, sondern er ergibt sich aus
ihren Grundsätzen, welche dem Vaterland als dringendste Sorge am Herzen
liegen müssen." Das hat Robespierre gesagt. Und wenn auch schon andere vor
ihm diesen Begriff in Staatstheorien einfliessen ließen, so prägte doch die
als "La Grande Terreur" bekannte Politik des französischen
Wohlfahrtsausschusses diesen Begriff nachhaltig.
Doch der Begriff wandelte sich über zwei Jahrhunderte ins genaue Gegenteil:
Nicht der Staat wendet nun Terror an, sondern Terror ist etwas, das sich
gegen den Staat richtet. 2004 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die
Resolution 1566, in der Terrorismus als bestimmte Straftaten definiert
werden, gegen die alle Staaten die Pflicht hätten, vorzugehen. Seither ist
Terror qua völkerrechtlich verbindlicher Definition etwas, das ein Staat gar
nicht ausüben kann. Aus dem früheren Pleonasmus "Staatsterror" wurde so ein
Oxymoron, also ein ganz denkunmögliches Ding.
Wobei man sagen muß, daß die Wirkungsweise des Terrors, egal von welcher
Seite er ausgeht, doch immer den selben Effekt hat, nämlich die effizientere
Machtausübung durch den Staat. Wenn sich Untertanen vor dem Staat fürchten,
parieren sie. Wenn sich Untertanen vor jemandem anderen fürchten, verlangen
sie vom Staat Schutz -- und parieren auch, wenn der Staat dann die
Polizeibefugnisse verschärft. Wenn man dann noch an die bekannten
Gladio-Operationen (u.a. Bologna 1980) denkt, verschwimmt der Begriff des
Begriffs "Terrors" völlig. Und auch die militärische Strategie des "Shock
and Awe" heißt ja nichts Anderes als "Schrecken und Furcht" --
komischerweise wird das in der veröffentlichten Meinung aber nie als
"Terror" übersetzt. Aber das liegt wahrscheinlich an der UN-Resolution.
Natürlich: Der "Terror" geht nicht immer von der Obrigkeit aus. Aber er
nützt ihr immer. Denn nur ein wohlterrorisierter Untertan ist auch ein guter
Untertan. Denn die Terroristen sind immer die Anderen.
-br-
In der Rubrik VERWORTET stellt die akin regelmäßig Wörter oder Phrasen vor,
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