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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 14. September 2016; 12:44
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NÖ:
> Traurige Provinzposse
Die kleine niederösterreichische Gemeinde Breitenstein am Semmering hat
trickreich ein Grundstück ergattert, dessen jüdischer Besitzer Carl Wachtl
vor den Nazis fliehen musste. Seine Familie wurde fast zur Gänze in den KZs
ermordet. Seine Erben haben von der Gemeinde keinen Cent für das Grundstück
bekommen. Details dazu finden sich in einem Artikel der "Presse" am
17.8.2015 (1).
Nachdem die Angelegenheit öffentlich bekannt geworden ist, hat die
Gemeindeaufsicht des Landes NÖ dem Bürgermeister mitgeteilt, "dass eine
Verwendung der Liegenschaft als Lagerplatz für Abfälle angesichts der
Geschichte des Ortes aus unserer Sicht nicht angezeigt ist und anstatt
dessen eine Aufarbeitung der Ereignisse in der Zeit des Nationalsozialismus
in Breitenstein einschließlich einer entsprechenden Information der
Öffentlichkeit (durchaus an Ort und Stelle) stattfinden sollte."
Der Bürgermeister weigert sich jedoch, dieser Empfehlung Folge zu leisten
und begründet dies in der aktuellen Gemeindezeitung damit, dass es in der
Gemeinde gar keine Enteignungen jüdischen Eigentums gegeben habe. Dies ist
nachweislich falsch - auch meine Familie zählt schließlich zu den Opfern der
damaligen "Arisierungen". Und auch hier hat die Gemeinde später mit
rechtswidrigen Mitteln versucht, sich das Grundstück anzueignen.
Statt einer Gedenkstätte will die Gemeinde auf dem Wachtl-Grund nun einen
Lagerplatz für Biomüll, Mülltonnen und Kanaldeckel errichten. Der
Gemeinderat will nächste Woche eine entsprechende Umwidmung beschließen.
Nachdem der ursprünglich mit der Angelegenheit befasste Beamte seinen Dienst
quittiert hat, stellt sich das Land NÖ jetzt auf den Standpunkt, dass der
Bürgermeister dazu eben demokratisch legitimiert sei.
Natürlich weiß ich, dass es gegenwärtig dringendere politische Probleme
gibt. Ich glaube aber, dass ein derartig verantwortungsloser Umgang mit der
Vergangenheit nichts Gutes für die Zukunft verheißt. Und daher denke ich,
dass es doch wichtig wäre, hier ein - wenn auch nur kleines - Zeichen zu
setzen. Dafür bitte ich um Ihre/Deine Hilfe, z. B. mit einem Mail an
niederösterreichischen Landeshauptmann, das so oder ähnlich lauten könnte:
An: lh.proell@noel.gv.at
Cc: richard.weihs@aon.at
Betreff: Gedenkstätte in Breitenstein
Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,
ich befürworte die Errichtung einer Gedenkstätte zur Aufarbeitung der
Ereignisse in der Zeit des Nationalsozialismus auf dem Wachtl-Grund in
Breitenstein am Semmering, so wie dies von der Gruppe Innere Verwaltung,
Abteilung Gemeinden des Amts der niederösterreichischen Landesregierung
empfohlen wird.
*Richard Weihs*
(1) Anm. d. Red.: 1972 wurde laut diesem Pressebericht der in den USA
lebende Erbe dazu gebracht, die auf dem Gelände stehende baufällige Villa
schleifen zu lassen. 1992 wurde der Grund in Grünland umgewidmet. Weitere 20
Jahre ist der Erbe verstorben, die Gemeinde kauft von dessen Erben das
Grundstück für 3000 Euro. "Das Geld fließt jedoch umgehend zurück. Grund
sind Auslagen, Gebühren, sowie - angeblich - hohe Grundsteuerschulden. ...
Obwohl offene Grundsteuerforderungen nach fünf Jahren verjähren, hat sie die
Gemeinde 'irrtümlich' fortgeschrieben. Der Steuerakt dazu sei leider
unauffindbar." http://diepresse.com/home/4801047/
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