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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Mai 2016; 01:51
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Glosse:

> Totes Gedenken

Alle Jahre wieder: Gedenkfeiern im KZ-Mauthausen. Wohl auch am 15.Mai 2016.
*Karl Czasny* über ein mögliches Szenario einer etwas anderen Gestaltung der
Feierlichkeiten:


TV-Berichte von den Gedenkfeiern im KZ-Mauthausen! Beim Zusehen stellt sich
das starke Empfinden ein, keiner lebendigen Auseinandersetzung mit der
Vergangenheit beizuwohnen, sondern einer ritualisierte Beschwörung von
etwas, das so sehr entrückt und damit tabuisiert ist, dass jeder Versuch der
Belebung des Gedenkens wie ein Blasphemie erscheinen müsste. Wer das nicht
glaubt, male sich aus, wie wohl das offizielle Österreich reagieren würde,
wenn jemand eine solche Belebung mittels zeitgemäßer Aktionskunst erzielen
wollte.

Zum Beispiel mit einer Performance, bei der die festungsartige Anlage des
KZ-Mauthausen zur Festung Europa wird, die den Hintergrund für ein
Orgien-Mysterien-Spiel der besonderen Art bildet. Ein Spiel, bei dem die
diese Festung bewachenden Schergen die Masken europäischer Spitzenpolitiker
(Regierungschefs, Innenminister, ...) tragen, und bei dem Massen von
Flüchtlingen, dargestellt durch reale Asylwerber, die Festung zu stürmen
versuchen. Sie werden von deren Wächtern mit Paintball-Gewehren abgewehrt,
und wer es dennoch schafft, die Mauern zu überwinden, wird von ihnen zum
Verhör über die Gründe seines Asylbegehrs geschleppt. Wer das Verhör
besteht, darf bleiben und arbeitet danach im Steinbruch. Wer nicht besteht,
wird abgeschoben. Davor muss er sich aber seiner Kleider entledigen und zum
"Duschen" anstellen.

Der schärfste Protest gegen eine solche Form des Gedenkens käme vermutlich
von der FPÖ. Hier würde die genetisch fixierte Abneigung gegen moderne Kunst
mit dem nicht weniger tief sitzenden Fremdenhass zu einer ehrlich
empfundenen Empörung verschmelzen, die man aus voller Kehle herausschreien
könnte, weil sie ja politisch hochkorrekt wäre. Wahrscheinlich würde sich
eine überparteiliche Protestplattform bilden, die eine Spannweite von der
FPÖ über den Bund sozialdemokratischer Freiheitskämpfer bis hin zur KPÖ
hätte. Auch der Bundespräsident müsste in tiefer Besorgnis das Haupt
schütteln. Allein die Stellungnahme der SP-Spitze käme eigentümlich
gequetscht daher. Die könnte nämlich nur schwer ihre Freude darüber
unterdrücken, dass nun endlich auch der linke Parteiflügel die Notwendigkeit
einsieht, unter bestimmten Bedingungen Koalitionen mit den Rechtspopulisten
einzugehen.

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