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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Mai 2016; 01:49
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SPOe/Debatte:
> Warum machen wir uns Sorgen um die SPÖ?
Ein Redaktionsgespräch zwischen *Bernhard Redl* und *Ilse Grusch* über
politische Verwandte, Verkehrserziehung und das Prinzip Hoffnung
Bernhard: Ja, super. Faymann ist zurückgetreten. Zuerst wollten das
hauptsächlich die Linken in der Partei. Und dann kam der rechte Flügel und
die Managerfiguren und wollten einen der ihren installieren. Fast hat es so
ausgesehen, daß dann die Linken den Faymann wieder retten wollten, weil der
wenigstens mit der FPÖ nicht koalieren mochte. Und jetzt hats offensichtlich
dem Faymann selber gereicht. Doch statt seiner sind Leute mit einer linken
ideologischen Herangehensweise auch nicht mehr gefragt. Auf die Idee, einen
österreichischen Jeremy Corbyn zu suchen, mit dem man als Gallionsfigur die
Partei grundlegend erneuern könnte, kommt gar keiner mehr. Im Gespräch sind
nur noch Manager wie Zeiler, Kern oder Ederer. Danke, das ist die
Vranitzkylösung von vor drei Jahrzehnten, die hat die SPÖ doch erst in diese
Malaise gebracht, auf Leute zu hören, die Betriebswirtschaft mit
Volkswirtschaft verwechseln. Und dann denke ich mir: Warum zerbreche ich mir
eigentlich den Kopf der SPÖ? Oder sind wir schon so weit, daß wir uns Sorgen
um die Sozialdemokratie (wie um die Grünen) machen müssen, weil alles andere
noch viel weniger Anlaß zur Hoffnung gibt? Was sind das für Zeiten?
Ilse: Ja, interessante Zeiten, in denen wir leben. Natürlich machen wir uns
Sorgen um die Sozialdemokratie, irgendwie fühlen wir uns denen doch näher
als den Schwarzen oder gar den Blauen. Haben sie doch die gleichen Ur-Väter
gehabt wie wir (unter "wir" verstehe ich die "freischwebenden" Linken ebenso
wie die in der KP oder bei den Grünen überwinternde GenossInnen). Und da
Linke dazu neigen, sich für Alles und Jedes verantwortlich zu fühlen,
zerbrechen wir uns die Köpfe der SPÖ.
Dass die SPÖ-Führung jede Beziehung zur Basis und zur Realität verloren hat,
steht außer Frage, sie haben tatsächlich schon die Plakate für den
Hundstorfer in der Stichwahl drucken lassen. So sicher waren sie, dass er
dahin kommen wird. Der Realitätsverlust ist schon pathologisch. Und wenn wer
aus der Verwandtschaft krank im Kopf wird, dann müssen wir uns doch kümmern!
Und wenn die SPÖ zu den Cousins gehören, dann sind die Grünen
"angeheiratete" Verwandte, zu denen wir auch lieb sein sollen, das gehört
sich so. Und ausserdem -- irgendwie suchen wir doch auch ein warmes Platzerl
unter Gleich- oder Ähnlichgesinnten, wir wollen uns doch auch ein bisserl
erholen von den Anstrengungen des Individuellen.
Wir verstehen jetzt auch die Bedeutung des alten chinesischen Fluches
"Mögest Du in interessanten Zeiten leben" viel besser!
Bernhard: Prinzip Hoffnung vielleicht? Weil das "Und gibt es keine
Kampfparteien, dann müssen wir sie gründen!" funktioniert irgendwie so gar
nicht. Barbara Blaha, die Ex-VSStÖ-Vorsitzende, hat in einem Interview
angekündigt, bei einer Annäherung an die FPÖ gäbe es eine Spaltung und es
würde eine Partei links der SPÖ entstehen. Echt liab! Da tummelt sich schon
so einiges und die wählt auch niemand. Wenn die SPÖ-Dissidenten nicht
irgendeine Ikone á la Oscar Lafontaine auftreiben können, können sie gleich
sagen, sie verabschieden sich aus der Politik. Tatsächlich ist ja die
Spaltung längst vollzogen, doch es ist in der SPÖ wie in der katholischen
Kirche: Keiner will austreten und meint, der andere Flügel solle sich
abspalten!
Abgesehen davon: Ich erinnere mich mit Schaudern an das "Im Zentrum" über
die SPÖ, wo lauter SPler hauptsächlich über die FPÖ diskutierten und sich im
Viertelstundentakt wechselseitig dazu aufforderten, das doch nicht zu tun,
sondern über das Thema der Sendung, also die SPÖ zu reden. Zu einem eigenen
Agendasetting ist dieser defensive Haufen ja gar nicht mehr fähig. Und er
ist auch nicht konfliktfähig, sonst hätte man nicht solange an dieser grauen
Sprechpuppe als Vorsitzenden festgehalten. Sie haben da einen inhaltslosen
Kompromißkandidaten für eine Integrationsfigur gehalten! Und jetzt fragen
sie bei der ÖVP an, welche Figur denen denn als Kanzler genehm wäre! Gehts
noch? Nein, weniger Hoffnung, das ist schon Prinzip Mitleid, daß das
Interesse an dieser Partei antreibt.
Ilse: Ja, eh, Mitleid, wir sind ja so empathiefähig und den armen
irregeleiteten Patscherln müssen wir doch die Hand geben und Ihnen zeigen,
wie sie gefahrlos über die Straße kommen und nicht von der Dampfwalze FPÖVP
plattgemacht werden. Bilden wir uns ein, dass wir das wissen? Das ist so
eine Sache mit der Demokratie. Wir können uns nicht auf sie verlassen. Und
das "Volk" tümelt zwar lt. Tucholsky nicht, aber es tendiert schon gerne zum
starken Mann -- eventuell auch zur starken Frau, Hauptsache stark. Und sei
es nur verbal, aber lieber ist dem Volk offensichtlich, wenn im
Schlagabtausch der schwächere Gegner so fest eins auf die Nase kriegt, dass
sie ordentlich blutet. Und der oder die Schwächeren sind immer die, die eine
Sekunde länger nachdenken, bevor sie was sagen. Da hat dann der/die Stärkere
schon zugeschlagen und wir bluten aus der Nase. Unser Mitleid mit der SPÖ
ist also geradezu Selbstmitleid, wie es denen jetzt so geht wie es uns
morgen gehen wird. Und wer wird dann mit uns Mitleid haben?
Groß bleibt nicht das Große und klein nicht das Kleine, die Nacht hat 12
Stunden, dann kommt schon der Tag! (Brecht, Am Grunde der Moldau). Ist die
Zeit ein Faktor, mit dem wir nicht rechnen? Weil wir alles wollen und das
sofort? Ist das tröstlich? Wir haben es wieder nicht geschafft mit der
Weltrevolution, aber die Enkel, denen wird's gelingen. Womit wir wieder beim
Prinzip Hoffnung wären...
Bernhard: Ja, die Hoffnung! Die ist mir gerade über den Bildschirm
geflattert: "Endlich ist Werner Faymann weg. Der Kanzler der
Rekordarbeitslosigkeit und der Zäune hat aufgegeben. Doch ob jemand Besseres
nachkommt, ob die SPÖ noch zu retten ist, scheint fraglich. Jetzt geht es
nicht darum, auf eine_n bessere_n SPÖ-Vorsitzende_n zu warten, sondern
entschlossen eine Kraft von unten aufzubauen: Eine Kraft, die den Reichtum
Weniger angreift und ein gutes Leben für alle erkämpft." Ach, ist das schön,
was da der "Aufbruch" aussendet! Aber wo sind die Machtmittel? Weil: Machma
eine Unterschriftenliste oder schreiben wir unseren Protest auf Facebook?
Oder wie wärs mit einem Flashmob? Ja, davor fürchten sich die Herren des
Kapitals ganz gewaltig! Oder gründen wir eine Partei? Jo, ehschowissn, siehe
oben. Und aus lauter Verzweiflung hofft man dann doch noch auf die SPÖ, weil
vielleicht könnte die ja, wenn sie wollte, irgendwas machen! So als höh'res
Wesen, zwar kein Gott oder Kaiser, aber wenigstens Tribun. Ja, ich hör schon
auf, mir fällt einfach nur Defaitistisches ein...
[Debatte mit Informationsstand 9.Mai, 19 Uhr]
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