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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 23. März 2016; 13:00
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Glosse:
> Die Kunst des Lakonischen
Die Spartaner hätten Twitter geliebt. Wenn sie wirklich so wortkarg waren,
wie man ihnen nachsagt, dann hätten sie in ihren Statements nur selten das
Maximum an 140 Zeichen gebraucht. Lakonien nannte man das Umland der Stadt
Sparta....
Hätte aber Sokrates getwittert? Kaum! Platon schon gar nicht. Heraklit?
Vielleicht.
Twitter -- das jetzt seinen 10.Geburtstag feiert -- ist ein Medium des
Lakonischen. Der kurze und doch vielsagende Zwischenruf ist hier gefordert,
nicht das langatmige Lavieren. Das hat prinzipiell etwas Sympathisches, aber
mit wenig Worten viel zu sagen, ist eine hohe Kunst. Es bedarf dazu auch
einer Sphäre, in der alle wissen, wovon die Rede ist und wo man nur noch
eine kleine, vielleicht spöttische Anmerkung machen möchte.
Für die große Analyse oder auch nur einen differenzierten Gedanken ist da
kein Platz. Das führt bisweilen leider auch zu einer gewissen Flappsigkeit
und Oberflächlichkeit in der 'Twitteria'.
Ich gestehe, als ich mit Twitter anfing, merkte ich, daß es mich aggressiv
macht. Der Versuch, einen Gedanken zu formulieren endete rasch -- nämlich
beim 141. Zeichen. Wenn ich dann zu kürzen anfing, wurde aus dem Gedanken --
durch Wegstreichen der Differenzierungen -- ein aggressives Geschimpfe,
vielleicht sogar eine Beleidigung. Damals war ich echt froh, daß mangels
Followern das kaum jemand mitbekam. Doch bei so manchen Debatten um
inkriminierte Tweets prominenterer Menschen denke ich mir: Wären die
Formulierungen wirklich so schlimm ausgefallen, wenn es mehr als 140 Zeichen
dafür gegeben hätte?
"In der Kürze liegt die Würze" sagt ein altes Sprichwort. Ja, schon, aber
dann darf man sich nicht wundern, wenn es manchmal deftig wird. Bin ich ein
Kulturpessimist, wenn ich frage, ob eine Medienlandschaft, die immer
schneller zu reagieren gefordert ist, noch in der Lage ist, differenzierte
Überlegungen möglich zu machen? Twitter ist da nämlich mehr ein Symptom der
Beschleunigung als dessen Ursache; quasi die paradigmatische
Kenntlichmachung einer abgehetzten Diskussionskultur.
Ja, ich benutze weiter Twitter. Es ist ein praktisches Tool in der
Medienarbeit. Und bisweilen ist es auch unterhaltsam. Aber ich bin mir
bewußt, daß Social Media mittlerweile eine publizistische Kampfzone ist und
Twitter dabei ganz besonders heikel.
"Der Krieg ist der Vater aller Dinge" geht sich in 140 Zeichen locker aus.
Heraklit hat das aber so wahrscheinlich gar nie gesagt. Der Vorsokratiker
war ja schon in der Antike ein Opfer der Sammler zitierfähiger Stehsätze. Da
brauchte es nicht Twitter dafür.
*Bernhard Redl*
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