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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 27.Februar 2016; 23:00
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Kommentierte Presseschau:


Jenseits aller Realität

profil vom 8.2.2016 zitiert den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer: "Der Kampf des Gründers der Sozialdemokratie, Victor Adler, hatte sicher seine Berechtigung. Damals wurden die Arbeiter von der Herrschaft ausgebeutet. Heute beutet sie der Staat aus. Damals gingen 50 Prozent als Zehent an den Grafen, heute gehen beinahe 50 Prozent der Abgaben an den Staat."

Ein Weltbild, in dem es keinen Antagonismus von Arbeit und Kapital geben darf: An die Stelle des heutigen Kapitalisten tritt der Staat als der große Ausbeuter, und der zu Victor Adlers Zeiten agierende Kapitalist wird hinter der "Herrschaft" in Gestalt des Grafen versteckt. In der Realität aber trat der Graf, wenn er Arbeiter beschäftigte, auch schon damals längst nicht mehr als ein Zehent abpressender Feudalherr auf, sondern kassierte seinen Mehrwert wie jeder andere Unternehmer in Gestalt von Profit auf vorgeschossenes Kapital.


Wer, wenn nicht er?

Oberösterreichische Nachrichten vom 13.2.2016: In einer gemeinsamen Aktion der Bundesländerzeitungen und der "Presse" sprechen sich unter der Losungen "Aufbruch" und "Schluss mit dem Stillstand" 66 bekannte ÖsterreicherInnen quer über die Parteigrenzen hinweg "für eine mutige und zupackende Politik" aus.

Die völlige Inhaltsleere des gemeinsamen Nenners dieser Initiative macht auf gespenstische Weise ungewollt deutlich, dass der logische Nachfolger von Faymann niemand anderer als Strache ist. Denn wer, wenn nicht er, ist wohl am ehesten in der Lage, den Ist-Zustand Österreichs auf zupackende Weise zu ändern.

Anders gesagt: Wenn alle Inhalte trennen und der einzige gemeinsame Nenner, auf den man sich quer zu den Parteigrenzen noch einigen kann, in dem Wunsch besteht, Österreich möglichst rasch und umfassend zu ändern, dann heißt der logische Hoffnungsträger Strache.

Der Kunst ihre Freiheit

"Kommando retour in Sachen Deserteursdenkmal, hieß es am Montag von seiten des Wiener Kulturstadtrats Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Er hatte am Samstag im STANDARD angekündigt, dass künftig bei allen Demonstrationen auf dem Ballhausplatz Tretgitter rund um das Denkmal für die Opfer des NS-Regimes aufgestellt werden. Darauf habe er sich mit dem Wiener Polizeipräsidenten Gerhard Pürstl geeinigt. Hintergrund: Nach einer Demonstration von Rechten im vergangenen November war Protest laut geworden, weil diese das begehbare Denkmal zum Rednerpult umfunktioniert und damit zweckentfremdet hatten. Mailath-Pokorny sagt nun gegenüber dem STANDARD, man werde sich mit dem Künstler Olaf Nicolai und dem Personenkomitee des Deserteursdenkmals noch einmal zusammensetzen, um eine Regelung für künftige Demos zu erarbeiten."

Da fragt man sich ja doch sehr, wie da manche Leute denken. Es ist schon klar, die Polizei soll wirklich nicht die Inhalte einer Demonstration beurteilen -- von deren Warte sollte gleiches Recht für alle gelten. Nur ein Stadtrat ist ein politischer Mandatar und der hat ganz offensichtlich genau gar nichts kapiert. Da mußte sich schon der Künstler, der das Denkmal explizit als Bühne gestaltet hatte, aufregen, damit der Kulturstadtrat begreift, daß die Bespielbarkeit weiter gegeben sein muß, aber eben nicht von Leuten aus der extremen Rechten. Denn die einzige Rechtfertigung für den nichtssagenden Sockel als Deserteursdenkmal ist eben die Idee der Bühne -- wenn man diesen Klotz dieser Funktion auch noch enthebt, wäre er als Denkmal völlig sinnlos. Der Zeitungsleser, der auch schon mit einem antimilitaristischen Transparent auf dem Denkmal gestanden ist, konnte damals die Aufforderung der Polizei, herunterzukommen, noch wegdiskutieren -- das nächste Mal wird mir das vielleicht nicht gelingen. http://derstandard.at/2000031148226/


Schulgebet 2.0

Die Wiener ÖVP ist ein seltsamer Haufen, der seine Existenz als Quantité négligeable nie so recht wahrhaben will und deswegen gerne plakativen Unsinn verzapft. Der neue Stadtparteichef Blümel hatte jüngst vorgeschlagen, in Schulen ein Treuegelöbnis auf Österreich und seine Werte einzuführen -- analog dem täglichen Treueschwur, den US-amerikanische Schüler jeden Morgen aufsagen müssen ("Ich schwöre Treue auf die Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika..."). Blümel bekommt da Unterstützung von unerwarteter Seite: "So wie das Morgengebet markiert ein solches im Grunde banales Ritual nicht nur den Wechsel von Frei- zur Lernzeit, sondern eint alle, selbst wenn sie die Sätze nur herunterleiern, zu einer Gemeinschaft, egal, welche Religion, Hautfarbe, Herkunft oder Sprache sie haben. Blümels Vorschlag hat also Charne und macht Sinn, erst recht, wenn Klassen diverser (man könnte auch sagen: amerikanischer) werden. Wenn die Gesellschaft unübersichtlicher wird, helfen solche Formeln und Rituale." Dieses Zitat stammt nicht aus dem "Volksblatt". Sondern man findet diese Vaterlands-Apologethik unter dem Titel "Ein Treuegelöbnis in der Schule? Gute Idee, aber bitte auf Europa!" im "Falter". Ja, richtig gelesen! Die Autorin Barbara Toth kritisiert an Blümels Idee eben nur, daß der pure Österreich-Bezug ihr zu "dürftig" sei: "Wenn dann sollten wir uns zu Europa, den Menschenrechten und der Tradition der Freiheit, Gleichheit und dem friedlichen Miteinander bekennen. Und zu Österreich als Teil dieser großen, schönen Tradition".

Darauf twitterte -- mit einem Faksimile des Falter-Artikels -- Gernot Blümel: "Wirklich guter und konstruktiver Vorschlag! Europa muss hinein, das stimmt!"

Es ist ja schon schön, wenn der Falter und die ÖVP sich einig sind, daß die Schulen wieder mehr Anstalten der Untertanen-Dressur werden sollten. Der Zeitungsleser hält das hingegen für eine Schnapsidee -- die Fahne, der da Treue geschworen werden soll, ist wohl eine alkoholische! Immerhin, das wäre ja glatt ein österreichischer Wert.

Der Falter ist nicht online nachzulesen, das Faksimile des Kommentars findet sich allerdings in Blümels Tweet: https://twitter.com/Gernot_Bluemel/status/699855236945612800

 

Zeitungsleser: Karl Czasny (1&2), Bernhard Redl (3&4)



 

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