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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 10. Februar 2016; 13:09
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Asyl/Glosse:

> Die Sache mit den Werten

"Moment - Leben heute" auf Ö1 war letzten Dienstag dem Thema
"Integrationsheft, 'Refugee Guide' & Co. --Regelvermittlungs-Versuche an
Beispielen aus Salzburg" gewidmet. Doch wenn man genau hinhörte, war ganz
anderes zu verstehen.

Erste Station des Reporters Ernst Weber war ein Flüchtlingsquartier in der
Stadt Salzburg, betrieben von der Schweizer Firma ORS. Der Leiter des Lagers
wollte kein Interview geben. Man dürfe auch seinen Namen nicht nennen. Daran
hielt sich der Ö1-Reporter, erwähnte dankenswerterweise aber auch, daß man
bei ORS dieses Verbot der Namensnennung nicht thematisiert haben wollte --
was durch diese Erwähnung natürlich konterkariert wurde.

Was das Vermitteln der Grundwerte angehe, wird dort -- wie in anderen
Lagern -- unter anderem eine Broschüre des Innenministeriums zu den Themen
"Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichberechtigung und Kinderrechte"
verteilt. Die "Werte", auf die es real ankommt, sind aber andere: Die
Nachtruhe müsse eingehalten werden -- um 22 Uhr 30 ist "Standeskontrolle" im
ORS-Lager, am Gelände sind Rauchen und Alkohol verboten "Wenn es grobe
Verstöße gibt, dann kann die Versorgung eingeschränkt oder auch entzogen
werden" sagt dazu Karl-Heinz Grundböck vom Innenministerium dem Reporter ins
Mikrofon.

Ortswechsel: Seekirchen am Wallersee, ein Quartier des Roten Kreuzes. Alle
Bewohner der Anlage würden dort ihren Alltag selbst organisieren. "Das
selbstbestimmte Leben der Bewohner ist durch eine Hausordnung geregelt"
meint dazu in der Erläuterung spöttisch der Reporter und läßt dann die
Leiterin der Anlage zu Wort kommen: "Regeln heißt dann soviel, daß
Anwesenheitszeit in der Nacht sein muß. Das heißt um 22 Uhr machen wir alle
Zimmerkontrollen, 'seids ihr alle da?' und dann gibts natürlich auch Regeln
und Kontrollen wegen der Sauberkeit". Rauchen ist natürlich auch hier
verboten: "Man sagt ihnen einmal, du darfst im Haus nicht rauchen, dann
erwischt man sie einmal, dann sag ich 'Du, da gibts eine Verwarnung'. Da
gibts eine schriftliche Verwarnung, die wird bei der Landesregierung
angefordert und wenn dann der wieder beim Rauchen erwischt wird, dann werden
wir ihn des Hauses verweisen".

Eigentlich sollte diese Sendung ein Bericht über die Methoden der
Vermittlung der berühmten "westlichen Werte" werden. Letztendlich kommt
dabei zum Ausdruck, daß es vor allem darum geht, daß diese unzivilisierten
Wilden die Nachtruhe einhalten, nicht rauchen und auf Sauberkeit achten. Und
zwar mit der Drohung, rausgeworfen zu werden, damit vielleicht generell den
Anspruch auf Bundesbetreuung zu verlieren und in Folge dessen ihr
Asylverfahren zu gefährden. Und so will man ihnen dann die Werte von
Menschenwürde, Demokratie und Freiheit beibringen.

Ja, derlei empfindet niemand als Skandal. Man ist das gewohnt. In
Behindertenwohnheimen macht man das ja auch so und erwartet sich sogar
Dankbarkeit für ein solch rigides Regime. Willkommen in der freien Welt,
Willkommen im 21.Jahrhundert!
-br-

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Buchtip zum Thema: Sieglinde Rosenberger (Hg:): Asylpolitik in Österreich -
Unterbringung im Fokus, facultas 2010, teilweise nachlesbar auf
books.google.at



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