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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Januar 2016; 18:49
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Glossen/Medien:
Die Herren S. und L. begegnen der Hoffnung
Zu "Herr Schuh und die Hoffnung", gesendet am 19.1.2016, 22:35 in ORF2
Der ORF hat Herrn Schuh auf die Suche nach der Hoffnung geschickt und ließ
ihn nun darüber erzählen. Das geschah zwar im Rahmen der Religionsschiene
"Kreuz und Quer", der Zuseher konnte aber doch einen über das religiöse
Hoffen hinausgehenden Bericht erwarten, hatte man Herrn Schuh doch mit Kurt
Langbein einen für seinen gesellschaftskritischen Blick bekannten
Produzenten als Begleiter mit auf die Reise gegeben. Was haben nun die
beiden Herren S. und L. über die aktuelle Situation des Hoffens in unserer
Gesellschaft herausgefunden?
Um es kurz zu machen: Ihr Befund ist niederschmetternd. Zwar begegneten sie
unterschiedlichsten Gestalten des Zukunftsglaubens, alle waren aber
Spielarten jenes individuellen Hoffens, das dem Einzelnen eine Perspektive
des Überlebens von persönlich erfahrenem Leid eröffnet. Kollektive Hoffnung
jedoch, als die emotionale Basis eines gemeinsamen gesellschaftlichen
Zukunftsprojekts ist, wenn man dem glaubt, was die Herren S. und L. erzählen
(bzw. nicht erzählen!) tot.
Aber sowas von tot. Sogar dort, wo es nicht um individuelle
Schicksalsschläge sondern um gesellschaftliche Konflikte geht, die sich so
zugespitzt haben, dass sie in Krieg und Terror mündeten, wird Hoffnung nur
in ihrer individuellen Spielart thematisiert - als die (völlig berechtigte)
Hoffnung der Flüchtlinge, sich an einem friedlichen Ort ein neues Leben
aufbauen zu können. Selbst für die Gesellschaftswissenschaft ist das
kollektive Hoffen gestorben. In der Zeit, als es noch lebte, suchten
Ökonomen und Soziologen nach Tendenzen und Widersprüchen im bestehenden
System, die Ansätze für dessen Überwindung bieten, weil sie über seine
Grenzen hinausweisen. An welche Wissenschaft aber kann sich einer wie der
Herr S. heutzutage wenden, wenn er etwas über die materiellen Grundlagen
unseres Hoffens wissen möchte? Richtig geraten. Er muss (wie könnte es
anders sein?) einen Neurobiologen kontaktieren, um sich von ihm erklären zu
lassen, dass die Basis des Hoffens im Stirnhirn liegt. Dabei hat unser Herr
S. noch Glück gehabt, denn er ist an Joachim Bauer, einen der
reflektiertesten Vertreter seiner Zunft geraten. Bauer hat nämlich erkannt,
dass der Mensch nicht nur über ein besonders hoch entwickeltes Gehirn
verfügt, sondern auch dadurch gekennzeichnet ist, ein soziales Wesen zu
sein, das von und in seiner Kommunikation lebt. Als Mediziner thematisiert
er aber die daraus resultierende soziale Komponente des Hoffens nur im
Kontext der auf das unmittelbare persönliche Umfeld beschränkten
Arzt-Patientenbeziehung.
Natürlich zieht der Herr S. auch einen Philosophen zu Rate. Passenderweise
wendet er sich an einen ehemaligen Assistenten jenes Ernst Bloch, der einst
mit Pathos vom "Prinzip Hoffnung" sprach. Bloch dachte dabei auch an die
Utopie, als ein dem politischen Handeln Orientierung gebendes Idealbild der
von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gemeinschaft. Aber das war eben
zu einer Zeit, als das gemeinsame Hoffen noch lebte. Für seinen inzwischen
selbst längst emeritierten Assistenten Burghart Schmidt repräsentiert der
kollektive Aspekt des Zukunftsglaubens offensichtlich nur mehr jenes
"Gefährliche" am Hoffen, vor dem schon die skeptische Philosophie des
klassischen Altertums gewarnt hatte. Selbstverständlich kann daher auch
Schmidt keinen Bezug mehr zwischen dem Hoffen und der
Gesellschaftswissenschaft herstellen. Für ihn ist das Hoffen dort, wo es
über das persönliche Zukunftsvertrauen des Einzelnen hinausgeht, nur noch im
"Mythos" zu Hause. Wundert sich da noch jemand, dass eine an den
gesellschaftlichen Rand gedrängte Jugend, die kollektive Hoffnungen so
dringend benötigt wie der Verhungernde ein Stück Brot, dem Islamismus auf
den Leim geht?
Beim Zuseher macht sich nach dem Bericht des Herrn S. Hoffnungslosigkeit
breit. Aber auch eine gewisse Enttäuschung. Denn von einem durch Herrn L.
produzierten Report über das Hoffen hätte man sich doch erwartet, dass der
Verlust der kollektiven Dimension unseres Zukunftsglaubens explizit betont
wird und nicht nur als eine unkommentierte Leerstelle vorkommt. Und
schließlich hätte man sich auch noch gewünscht, etwas zu erfahren über die
Ursachen dieses bedenklichen Wandels, sowie über allfällige soziale bzw.
ökonomische Entwicklungen, die zu der Hoffnung Anlass geben, dass sich unser
Hoffen eines Tages wieder der Gesellschaft zuwendet.
*Karl Czasny*
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