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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 27. Januar 2016; 19:03
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Asyl:
> Die ganz Scharfen
Was steht eigentlich wirklich im Asylübereinkommen?
Viel ist darüber geredet worden, den Wortlaut der Übereinkunft des
Asylgipfels hat sich aber bislang kaum jemand angesehen. Wenn man beim
Bundeskanzleramt nachfragt, bekommt man sogar einen Link zu diesem Papier
mit dem Titel "Gemeinsame Vorgangsweise von Bund, Ländern, Städten und
Gemeinden" innerhalb der Domain bka.gv.at -- aber nur dann, denn auf der
Homepage des Kanzleramts findet man es nicht (zumindest war bis
Redaktionsschluss dort keine Verlinkung auffindbar).
Was steht also -- unabhängig von dem, was diverse Politiker jetzt darüber
erklärt haben -- wirklich?
Also vor allem viel Geschwafel, wie groß die Herausforderungen sind, daß man
irgendwie was an den Grenzen machen möchte und überhaupt die EU dazu bringen
will, sich doch solidarisch des Themas anzunehmen. Und daß man ganz herzlich
dem Asylkoordinator für seine Arbeit dankt.
Ab Punkt 4 redet man aber Tacheles. Hier kommt die berüchtigte
"Obergrenzen"-Stelle:
"Um Österreich nicht über das Zumutbare hinaus zu belasten, ist es unbedingt
erforderlich, den Flüchtlingsstrom nach Österreich deutlich zu reduzieren.
Zu diesem Zweck beabsichtigen Bundesregierung, Länder, Städte und Gemeinden
als Richtwert Flüchtlinge im Ausmaß von maximal 1,5 % der Bevölkerung auf
einen Planungszeitraum von vier Jahren in folgender Aufteilung degressiv
verteilt zum Asylverfahren zuzulassen: 37.500 im Jahr 2016, 35.000 im Jahr
2017, 30.000 im Jahr 2018 und 25.000 im Jahr 2019. Die verfassungs- und
europarechtliche Prüfung der damit in Zusammenhang stehenden Fragen und
Maßnahmen wird veranlasst."
Womit wohl angedeutet wird, daß auch den Verfassern ziemlich klar ist, daß
das so einfach rechtlich nicht geht. Ganz offensichtlich hat man sich bei
der Abfassung des Papiers nicht einmal darüber Gedanken machen wollen, ob
das im ministeriellen Verordnungswege oder als Bundesgesetz durchsetzen oder
gar per 15a-Vereinbarung den Ländern umhängen möchte.
Auffällig ist bei diesem Punkt auch, daß es sich dabei nicht um Zahlen für
aufzunehmende Flüchtlinge handelt, sondern nur um das Recht, einen
Asylantrag stellen zu dürfen -- was auf lange Sicht bedeutet, daß dank
ablehnender Bescheide weitaus weniger Flüchtlinge als die 1,5% der
Bevölkerung in vier Jahren aufgenommen werden sollen.
Und immer wieder das Bundesheer
Punkt 6 ist aus verfassungsrechtlicher Sicht auch nicht uninteressant:
"Durch das BMI sind in Zusammenarbeit mit dem Außenministerium und dem BMLVS
regelmäßige Prognosen über die zu erwartende Entwicklung der
Migrationsströme und Antragszahlen zu erstellen." Hier wird also das
Heeresministerium bereits mit Analyseaufgaben betraut -- was über einen
Assistenzeinsatz wie er in der Bundesverfassung vorgesehen ist, wohl schon
etwas hinausgeht.
Punkt 7 zeigt uns den Willen zu mehr Abschiebungen: "Die Außerlandesbringung
abgelehnter Asylwerber in Herkunftsstaaten und sichere Drittstaaten wird
forciert und die freiwillige Rückkehr ausgebaut."
Neben einigen Ideen, wie man für Flüchtlinge die Attraktivität Österreichs
als Fluchtort vermiesen könnte, sollen in allen Stadien eines Asylverfahrens
neue Maßnahmen ergriffen werden - sprich: die vielen kleinen Hürden für
Asylwerber erhöht werden. Unter Punkt 8 ist da zum Beispiel zu lesen:
"Schärfung der Asylverfahren durch Asyl auf Zeit und restriktiven
Familiennachzug". Und das: "Schnellverfahren bei wenig aussichtsreichen
Anträgen sowie Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten." Wer
formuliert sowas? Denkt da irgendjemand an Scharfrichter und Standgerichte?
Einmal abgesehen davon macht dieser Text auch klar, daß Herkunftsländer
nicht deswegen als sicher gelten, weil sie nach einer Prüfung als solche
erkannt worden sind, sondern weil der politische Wille sie als solche
definiert. Danke, jetzt wissen wir das auch.
Mehr Repression -- nicht nur gegen Flüchtlinge
In einem weiteren Unterpunkt ist auch zu lesen, daß jene Flüchtlinge, die
bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen, auch vom AMS sekkiert werden
sollen: "Sofern BMS-Bezieher an Integrationsmaßnahmen im Sinne von
Qualifizierungsmaßnahmen nicht teilnehmen, werden die Länder von ihren zur
Verfügung stehenden Sanktionsmöglichkeiten (Kürzung der Mindestsicherung)
ausnahmslos Gebrauch machen. Allfällige Differenzierungsmöglichkeiten
zwischen Flüchtlingen, sonstigen Fremden und Österreichern werden derzeit
geprüft." Nunja, was wohl bedeuten könnte, daß man aus Gründen des
Gleichheitsgrundsatzes vielleicht auch gleich Arbeitslose mit
österreichischer Staatsbürgerschaft noch mehr an die Kandare wird nehmen
wollen -- was sicher kein unerwünschter Effekt für unsere Obrigkeiten wäre.
Womit wir beim Ausbau der "Sicherheitskräfte" wären: "Die aktuelle
Flüchtlingssituation stellt für die österreichische Polizei eine enorme
personelle Herausforderung dar. Neben einer Reihe an Maßnahmen, die wir
derzeit ergreifen, kommt es zu einer spürbaren Aufnahmeoffensive bei der
österreichischen Polizei. Die Neuaufnahmeplanung für 2016 sieht deshalb den
Eintritt von rund 750 Exekutivbediensteten zur Kompensation der natürlichen
Abgänge vor, sowie darüber hinaus bis zu 750 Polizistinnen und Polizisten
speziell für die Bewältigung grenz- und fremdenpolizeilicher
Aufgabenstellungen. (...) Das BMLVS überprüft die 2015 beschlossene
Heeresreform im Lichte der aktuellen Herausforderungen bei Grenzsicherung,
Transport und Versorgung und wird gegebenenfalls Vorschläge für eine
Anpassung erstatten, um die Unterstützungskapazitäten zu verbessern."
Bis vor kurzem hieß es noch, Polizei und Militär müssten sparen -- dank der
"Flüchtlingskrise" kann man aber jetzt doch ein paar Euro mehr auftreiben.
Auch das wird zu gesellschaftlichen Veränderungen führen, die uns alle
betreffen.
Unter Punkt 10 gibt es ebenfalls einen Absatz, der nicht danach klingt, als
ginge es da "nur" um Flüchtlingspolitik: "Bund, Länder, Städte und Gemeinden
vereinbaren die zügige Umsetzung einer gemeinsamen Strategie und von
Maßnahmen gegen Radikalisierung. Im Zuge dessen stellt die auf andere
Zielgruppen auszudehnende Gefährderansprache einen wichtigen Bestandteil
dar." Ja, die Stapo darf sich freuen. Passt ja hervorragend zum
Polizeistaatsschutzgesetz.
Heiße Flecken
Und wie ist das jetzt mit den "Hotspots"? Nun, das gehört zu den Dingen, die
die EU machen soll -- und zwar nicht in Österreich: "Eine
Asylantragsstellung soll künftig ausschließlich in EU-Hotspots und nicht
mehr in Österreich möglich sein. Bei Asylantragsstellung direkt in
Österreich erfolgt die Rückführung in EU-Hotspots und sichere Drittstaaten."
Nur gibt es diese Hotspots halt noch nicht. Einmal abgesehen davon, daß das
wohl eher Gefängnisse sein sollen, die man halt nicht so nennen möchte,
würde sich das "Problem" dann ganz von selbst lösen. Ohne Hotspots könnten
dann nämlich gar keine Asylanträge für Österreich mehr gestellt werden, mit
Hotspots könnte man sie locker ablehnen mit der Begründung, der Flüchtling
befinde sich eh schon in Sicherheit und müsste nicht mehr nach Österreich.
Blöd nur, daß die Menschen trotzdem kommen werden. Hier werden sie dann eben
illegalisiert und es bleibt ihnen nur der Arbeitsstrich. Dann brauchen wir
wieder einen Asylgipfel. Und noch mehr Repression.
-br-
Nachzulesen ist das Papier unter
http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=61858 (als PDF)
und auf dem akin-Blog. KurzURL: http://wp.me/p2EDLB-HC
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