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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. November 2015; 16:35
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Wien/Koalition/Debatte:
Statement der IG Kultur zum Wiener Regierungsübereinkommen:
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#rotgrün2 Kultur?
Im aktuell erschienen rot-grünen Regierungsübereinkommen widmet sich
#rotgrün2 von Seite 122 bis Seite 129 der Kultur. Leider so, wie es zu
erwarten war.
Viele Punkte und wenig Konkretes lassen sich im neuen Programm der neuen
alten Stadtregierung lesen. Bei Etlichem bleibt unklar, was diese abseits
von Worthülsen für die konkrete Praxis der Förderpolitik bedeuten.
Die Kapitel lesen sich als Willensbekundungen oder suggerieren, dass bereits
ein guter Status quo erreicht wäre. Wie die vereinbarten Punkte allerdings
ohne zusätzliche Geldern (das Budget wird wohl nicht wachsen) umgesetzt
werden sollen, bleibt fraglich.
Die vor der Wahl an die Regierung gestellten 15 Forderungen (1) eines
breiten Bündnisses von Kunst- und Kulturschaffenden bleiben weitgehend
unberücksichtigt. Das ist schade, war aber zu erwarten.
Spätestens in den Kapiteln "Kultur mit allen." und "Wiens Positionierung als
Kulturhauptstadt." wird klar, dass #rotgrün2 in keinster Weise eine
Veränderung dessen, wie Fördermittel verteilt werden, anstrebt.
"Umverteilung" bleibt ein Fremdwort. Auch das war - leider - zu erwarten.
Zu finden sind Phrasen wie "Die Stadt hat offene, für alle zugängliche,
inklusive Kulturräume- und angebote", "Das Neue vor Ort wird gefördert" oder
auch "Nicht profitorientierte Aktivitäten haben ausreichend Platz in der
Stadt".
Die Notwendigkeit der Herstellung von flächendeckender Kulturversorgung in
allen Stadtteilen wird in einer Rückbesinnung auf die ursprünglich
grundsätzliche Strategie sozialer Stadtpolitik im "roten Wien" immerhin als
gemeinsame Vereinbarung formuliert. Das Kapitel "Wien wächst. Die Kultur
wächst mit." bestätigt, dass die Zusammenarbeit mit der Stadtentwicklung
dringend nötig ist. Ebenso wird eingestanden, was vielen schon lange bewusst
ist: Es gibt kulturell massiv unterversorgte Stadtteile.
Unter "Kultur mit allen" wird "Freiräume schaffen" ausschließlich als
Bespielung von öffentlichem Raum mit Events verstanden und nicht in einem
politischen Kontext als Bezeichnung von spezifischen Räumen, die einen
politischen Anspruch verfolgen. Freiraum wird in den freien und autonomen
Szenen aber schon seit Jahren so verwendet Die apolitische Verwendung von
Freiraum durch die Stadtregierung zeigt einmal mehr, wie weit diese von den
tatsächlichen Realitäten dieser Kontexte entfernt ist.
Das Kapitel "Das Potenzial der kulturellen Verdichtung." betrifft die freie
Szene direkt. Hier wird beschrieben, dass große Institutionen ihre Bühnen
und Ressourcen den "kleineren Gruppen und Kulturschaffenden" zur Verfügung
stellen sollen. Ein Unternehmen, das sich aufgrund der Sperrigkeit vieler
"großer Häuser" als spannend erweisen wird. Schlagworte wie "nach Maßgabe
des Möglichen" und "Selbstkostenpreis" lassen erahnen, dass es sich um ein
kompliziertes Unterfangen handelt, welches ohne strukturell starke Eingriffe
und klare Vorgaben seitens der Stadt nicht gelingen kann.
Im Kapitel "Wiens Positionierung als Kulturstadt.", heißt es unter Punkt
"Vielfalt und Breite": "In Wien haben Hoch-, Populär- und Subkultur
gleichberechtigt Platz." Jede Person, die den Aufruf "Lasst uns arbeiten!"
(2) gelesen hat oder die auch nur annähernd mit der Förderpolitik der Stadt
vertraut ist, weiß: Gleichberechtigung sieht anders aus! Womit wir wieder
beim "Umverteilen" wären.
Ein abschließendes Highlight, das hier zitiert werden soll, bildet der Punkt
"Inklusion und Diversität": "Wien als Zuwanderungsstadt begreift kulturelle
Vielfalt als Reichtum und versteht Kunst und Kultur auch als einen Weg der
Inklusion weniger privilegierter Gruppen und eines emanzipatorischen,
kritischen und aktivistischen Umgangs mit aktuellen gesellschaftlichen
Fragen."
Ein schöner Punkt, der gerne für uns Kunst- und Kulturschaffende als Aufruf
verstanden werden sollte, dieser Regierung klar zu machen, dass sie einmal
mehr die an sie am 1.9.2015 gerichteten 15 Forderungen für eine andere
Kulturpolitik nicht verstanden hat.
Offenbar braucht es noch mehr von "emanzipatorischen, kritischen und
aktivistischen Umgang", damit diese Stadt überhaupt zu dem werden kann, was
sie in den Augen der Regierungsparteien angeblich schon ist.
Daraus und aus vielen weiteren Gründen, die wir gemeinsam in den nächsten
fünf Jahren herausfinden werden, folgt weiterhin: Eine andere (Kunst-,
Kultur-, ...) Politik #ist noetig!
Als IG Kultur Wien wollen wir von euch wissen: Was sind eure Meinungen zum
neuen Kulturprogramm? Was fehlt euch? Findet ihr euch im Programm wieder?
Kommentiert unter #istnoetig und #rotgrün2 auf Twitter und Facebook oder
schreibt uns eine E-Mail an istnoetig@igkulturwien.net mit eurer Meinung.
*Willi Hejda, IG Kultur Wien*
(1) http://www.igkulturwien.net/projekte/istnoetig/forderungen/
(2) nachzulesen in: "Texte zur Kampagne eine andere Kulturpolitik
#istnoetig, Seite 4,
http://www.igkulturwien.net/fileadmin/userfiles/eineanderekulturpolitikistnoetig/compressed-broschuereistnoetig.pdf
Kontakt: IG Kultur Wien, Gumpendorfer Straße 62b/3, 1060 Wien, tel/fax: +43
1 2362314
@IGKulturWien, office@igkulturwien.net, http://www.igkulturwien.net
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