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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. November 2015; 16:37
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Wien/Koalition/Debatte:
Statement der Aktiven Arbeitslosen zum Wiener Regierungsübereinkommen:
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Neoliberales Programm mit Hartz IV für Jugendliche

Die rot-grüne Koalition schreibt die totalitäre Entmündigungspolitik
wortreich verkleidet fort

Online-Petiton für soziale Menschenrechte in Wien geht weiter
http://bit.ly/wien2015koalition

"Wenig Neues, fast nichts Konkretes und keine echten Antworten auf die
großen Fragen der Zeit enthält das wortreiche und dennoch nichts sagende
Papier, das eher wie eine PR-Broschüre anmutet, die über den repressiven und
abgehobenen Charakter der herrschenden Politik hinwegtäuschen soll, als ein
ernsthaftes Arbeitsprogramm, das die Menschen in der Stadt ernst nimmt,"
fasst Aktive Arbeitslose Österreich Obmann Martin Mair das zutiefst
enttäuschende rot-grüne Koalitionsübereinkommen zusammen. Besonders schlimm:
Die Grünen arrangieren sich mit der massiven Gewalt durch das
Sanktionenregime bei der Mindestsicherung (BMS) und stellen sich so klar
gegen die Menschenrechte der Schwächsten.

Ordentliche Beschäftigungspolitik in Wien: Hartz IV für Jugendliche

Zur massiv steigenden Erwerbsarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit für
immer mehr Jugendliche fällt der rot-grünen Regierung nichts Sinnvolles ein,
außer dem Festhalten an alten Ideologien: Die repressive Mindestsicherung
wird "als sozialpolitischer Meilenstein" gefeiert, die - obwohl kaum noch
umgesetzt - schon wieder Gefahr laufe, "ihre ursprüngliche
'Trampolinfunktion' zu verlieren. Deshalb soll die "Ausbildungs- und
Erwerbsorientierung noch stärker in den Mittelpunkt" rücken und eine "noch
engere Verschränkung von WAFF, dem AMS Wien, der Wirtschaft, den
SozialpartnerInnen und der Stadt Wien" soll dafür sorgen, dass der
"aktivierenden Maßnahme Mindestsicherung" und der "Wiener
Jugendunterstützung - back to the future" niemand auskommt. Unter Beifall
der Kronenzeitung werden Jugendliche nun besonders drangsaliert:

a.. Nach einem Datenstriptease in der Erhebungsphase wird mit der Jugend
deren "Bildungs- und Beschäftigungsziel vereinbart" und "konkrete Maßnahmen
und Sanktionen bei Nichteinhaltung werden in einer Betreuungsvereinbarung
festgehalten".

b.. Als Zuckerbrot und Peitsche gibt es ein "Anreizsystem (frei verfügbares
Taschengeld bei Besuch der Orientierungsphase/Freibeträge) sowie ein
Gegenleistungsprinzip (sic!) in Form der Auszahlung der Leistung im
Nachhinein und nur bei aktiver Mitwirkung im Rahmen der abgeschlossenen
Betreuungsvereinbarung. Wird das Ziel der Orientierungs- und
Ausbildungsphase nicht regelmäßig und zielstrebig verfolgt, scheiden die
Menschen aus dem Programm aus und unterliegen den Regeln der BMS, darunter
auch den verschärften Sanktionsbestimmungen."

c.. SozialarbeiterInnen sollen die Jugendliche überwachen: "Zur Vermeidung
von Abbrüchen wird das Angebot durch Sozialarbeit und damit durch einen
raschen Informationsaustausch mit den Jugendlichen unterstützt."

d.. Wer "keine realistische Chance am ersten Arbeitsmarkt" hat, soll dem
neuen Reichsarbeitsdienst in Form des "erweiterten Arbeitsmarktes" ("zweiter
Arbeitsmarkt") zugeführt werden, obwohl wissenschaftliche Studien dessen
geringen Erfolg belegen.

Weil die Wirtschaft zur Steigerung der Gewinne einer kleinen Minderheit
immer mehr Menschen das Menschenrecht auf frei gewählte, volle und Existenz
sichernde Arbeit verweigert, werden die künstlich Erwerbsarbeitslos
gemachten in bewährter Täter-Opfer-Umkehr selbst für ihren Ausschluss
verantwortlich gemacht.

Erwerbslosen versteht Rot-Grün II keine eigene Stimme zu, weshalb nicht
einmal mehr proforma Gespräche mit Erwerbsloseninitiativen unter dem Titel
"Arbeitslosen- und Sozialanwaltschaft" aus rot-grün I fort geführt werden.

"Soziale Integration" gibt es im rot-grünen Wien nur durch Erwerbsarbeit.
Mit Verweis auf die Studie "Die Arbeitslosen von Marienthal" wird der alte
Mythos aufgewärmt, dass die Arbeitslosen, und nicht die Herrschaft von Staat
und Kapital das Problem wären.

Die Abschaffung der Sozialpolitik äußert sich auch darin, dass Rot-Grün auf
"Social Business Projekte" zur Lösung gesellschaftlicher Probleme" setzt und
die "Gaming Industrie" fördern will, um "Game City Europas" zu werden.

Rot-Grüne Bildungspolitik? Nur noch für die Wirtschaft sollt ihre lernen und
leben!

Bildung wird von Rot-Grün nur noch als Berufsausbildung und berufliche
Erwachsenenbildung" definiert, die das "individuelle Vorankommen des
Einzelnen und Weiterentwicklung des Wirtschaftsstandortes" zum Ziel hat und
"fit für den Arbeitsmarkt der Zukunft" machen soll.

Nur logisch, dass die Unterwerfung unter wirtschaftliche Verwertungszwänge
schon bei den Kleinkinder anfängt, die in Kindergärten und Ganztagsschulen
gepresst werden sollen, um ja nie alleine ohne "sozialpädagogische
Betreuung" zu sein. Darum brauchen Schulen "vermehrt Unterstützung für die
Bereiche Lernbegleitung und -diagnostik, Mobbing und Gewalt, Schulabstinenz,
Drop Outs etc.", noch mehr "Schulsozialarbeiterinnen, Psychologinnen,
Psychagoginnen, Mediatorinnen" und eine "Koordinierungsstelle für .
psychosoziale Unterstützungssysteme, insbesondere Schulsozialarbeit,
Schulpsychologie, Jugendcoaching und Sozialpädagogik". Die allumfassende
Bürokratie hat selbst "die Qualität der Freiräume in die Planung
einzubeziehen" und will einen "einheitlichen Qualitätsrahmenplan für
Primärpädagogik" auch über private AnbieterInnen stülpen.

Selbstverständlich steht Rot-Grün dazu, offenbar um die
Jugendarbeitslosigkeit zu verstecken, dass die Ausbildungspflicht bis zum
18. Lebensjahr durchgezogen wird und der Risikofaktor Jugend unter
vermehrter staatlicher Kontrolle mit der Allerweltslösung
"sozialpädagogischer Betreuung" kommt.

Hausmeisterpolitik allerorten

Die immer wieder gut klingenden Einsprengsel von wegen "Einbeziehung der
Zivilgesellschaft" (gemeint sind wohl die großen parteinahen Quasi-NGOs),
sogar von BürgerInnenräten, Menschenrechten, einer neuen Rechtsberatung und
sonst allerlei die Rede ist. Es bleibt aber alles sehr sehr vage, sowohl in
Bezug auf konkrete Inhalte, Verfahren, Budgetierung und Zeitraum der
Umsetzung. Frei nach dem Motto: Die PR-Abteilung wird's schon richten...

Das BürgerInnenbeschäftigungsprogramm "Wiener Charta" will "eine breite und
tragfähige Basis zur Verständigung auf gemeinsame Werte für das zukünftige
Zusammenleben" aufgebaut haben und gleich alle zur Einhaltung der
Lagerordnung - pardon: Hausordnung - anhalten: "Die Waste-Watcher
kontrollieren die Sauberkeitsspielregeln streng und mit viel Erfolg". Denn
die Menschen "müssen wissen, dass man sich um sie kümmert".

Größte NutznießerIn neben dem Kapital und den eigenen ParteifunktionärInnen:
Die FPÖ wird weiter nichts tun müssen, denn das neoliberal gewendete Wien
mit seiner auf Lüge und Gewalt aufbauenden Regierung wird weiterhin die
Unterschicht demoralisieren und in die Arme der Rechtspopulisten treiben.
*Aussendung Aktive Arbeitslose*


Quelle:
http://www.aktive-arbeitslose.at/news/20151118_rot_gruen_wien_rot_gruene_koalition_mindestsicherung_jugendliche.html



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