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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Oktober 2015; 19:23
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Nachwahlwehen / Glosse:

> Das Mittel ist der Zweck

Sozialdemokratie und Grüne stellen wiedermal die falschen Fragen

Nach dem Parlamente drängt, am Parlamente hängt doch alles. Derlei kommt
einem in den Sinn, wenn man Nachwahldebatten hört. Egal, ob aktuell die SPÖ,
die Grünen, die ÖVP oder auch jene linken Gruppirungen, die es
erwartungsgemäß wiedermal nicht geschafft haben, in einem Gremium
einzuziehen: Alle sind sie coram publico am analysieren. Okay, was die
Linken jammern, interessiert die Massenmedien nicht, weil die werden mangels
Interesse des breiten Publikums ignoriert. Aber bei den anderen Parteien
gibt es die üblichen Interviews mit Vranitky, Busek und Pilz. Und alle sagen
sie das Gleiche: Ihre jeweilige Partei müsse sich öffnen -- in die eine oder
andere Richtung. Nun sind mir die Schmerzen der ÖVP herzlich egal. Und die
große, starke, gesellschaftlich bedeutende linke Partei gibts halt nicht --
bevor man da Reformbedarf hätte, müßte man sie zuerst einmal entstehen
lassen, ihren Erfolg abwarten und wenn sie dann einen gewissen Abhebe- und
Korrumptionsprozeß hinter sich hat, kann man über notwendige Reformen reden.
Die Debatte, ob man versuchen soll, eine solche Partei oder Wahlbewegung zu
begründen, ist eine andere; sicher eine, die immer wieder geführt werden
muß, aber das ist hier nicht das Thema.

Bleiben Sozialdemokratie und Grüne. Womit wir bei der eingangs
untergebrachten Goethe-Paraphrase wären: Warum gibt es diese öffentlichen
und internen Debatten eigentlich hauptsächlich dann, wenn politische
Parteien bei Wahlen schlechter abgeschnitten haben als das, was ihre Spitzen
für ein gutes Ergebnis angesehen halten? Denn Vieles von dem, was man jetzt
so aus SP und Grünen hört, ist ein alter Hut. In der SPÖ gab es lautstarke
Kritik an Rechtsdrall und Verbürgerlichung auch schon zu Kreiskys Zeiten und
die Richtungsstreite bei den Grünen, als sie noch von Mandatsgewinn zu
Mandatsgewinn schritten, sind legendär. Doch bei beiden Parteien sind diese
Phasen längst vorbei. Jetzt wird nur immer dann diskutiert -- und zwar
hauptsächlich von oben --, wenn es darum geht, daß die jeweils aktuellen
Wahlergebnisse eher mau sind. Ein paar Wochen später herrscht wieder
Schweigen, weil das Alltagsgeschäft wichtiger ist und vielleicht auch, weil
der nächste Wahlkampf ansteht, wo man doch ein einheitliches Bild der Partei
zeigen möchte -- und zwar das Gleiche wie vor diesen Debatten, weil man halt
kein anderes parat hat. Die Kritik innerhalb dieser Parteien verstummt dann
zwar nicht völlig, aber weder wird sie öffentlich diskutiert noch intern
ernstgenommen.

Die jetzt wieder aufgeflammten Reformdebatten bei Sozialdemokratie und
Grünen werden aus den falschen Gründen geführt. Es ist nicht mehr die Frage:
'Wohin geht die Partei, welches Gesellschaftsmodell will sie befördern, wie
will sie Staat und Gesellschaft verändern und wozu ist die Partei eigentlich
gut?' Nein, das Mittel Partei ist längst Zweck geworden und deren
Existenzberechtigung mittlerweile sie selbst. Es geht nicht darum, daß Leben
der Menschen -- also dem sogenannten Volk -- zu verbessern, sondern daß es
der Partei wohlergehe. Wenn man unter dieser Prämisse darüber diskutiert,
was man besser machen könne, wird höchstens die Propaganda optimiert, doch
an Inhalten, Weltanschauung oder auch nur Herangehensweise wird sich nichts
ändern. Bei Grünen und Sozialdemokratie müßte die Frage gestellt werden:
'Wozu gibt es unsere Partei und wozu machen wir das überhaupt alles?' Diese
Frage aber tut wirklich weh -- und daher wird sie niemand stellen. Und genau
deswegen wird es auch keine echten Reformen in jenen beiden etablierten
Parteien geben, die sich beide noch für irgendwo als links ansehen.
*Bernhard Redl*



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