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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Oktober 2015; 19:30
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Glosse:

> Das Opfer-Denkmal

Zum Jahrestag der Errichtung des Denkmals für die Verfolgten der
NS-Militärjustiz

Seit einem Jahr steht es jetzt dort am Ballhausplatz: Das
Desersteursdenkmal! Schön, daß es dieses endlich gibt, und schön, daß es so
prominent steht. Über die Ausformung kann man streiten. Daß der Titel
"Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz" das Wort Deserteure
ausspart, stört mich aber seit der Aufstellung. Ja, natürlich, es waren
nicht nur Deserteure, sondern auch "Wehrkraftzersetzer" und andere, die da
umgebracht worden sind oder gerade einmal so mit dem Leben davonkamen. Aber
ich habe den Verdacht, daß es noch andere Gründe gibt, die Deserteure nicht
prominent zu nennen. Einer davon ist sicher, daß die politische
Durchsetzbarkeit einfacher gewesen ist, weil man das böse D-Wort nicht oder
eben nur im erklärenden Kleingedruckten gebraucht hat. Doch da ist noch
etwas anderes, was mir erst jetzt auffällt: Es sollte gar kein Denkmal sein,
sondern ein Mahnmal! Man hat quasi den Nazis ein Denkmal gesetzt, denn im
Titel wird die NS-Militärjustiz als Akteur genannt, derer man -- natürlich
im negativen Sinne -- gedenken sollte. Die Deserteure hingegen kommen nur
als Opfer vor, in einer vollkommen passiven Rollenzuschreibung. Dabei haben
diese etwas gemacht, dem es wohl nachzueifern gelte -- also eben Täter in
einem positiven Sinne. Aber nein, mit dem Titel des Denkmals fällt das
völlig unter den Tisch. Das Denkmal oder eben eher Mahnmal sagt: Hier
gedenken wir wieder einer Opfergruppe der Nazis. Und wir sind stolz darauf,
daß wir das geschafft haben, bevor die letzten Überlebenden dieser Gruppe
verstorben sind. Aber dieses Denkmal sagt in seinem Titel nicht, daß diese
Männer zu ehren wären, weil sie etwas gemacht haben, das gut und wichtig
war. Nein, man ehrt sie nur als "Verfolgte".

Der Staatsantifaschismus hat einfach seine Probleme mit dem Widerstand gegen
die Nazis. Denn wer Widerstand geleistet hat, wer die Gesetze gebrochen
hat -- auch wenn es die der Nazis waren -- den kann man nicht so ohne ein
"wenn und aber" ehren. Weil solche Vorbilder sind gefährlich. Ignorieren
kann man die Leistungen dieser Menschen aber auch nicht mehr. Also ehrt man
sie einfach als Opfer. Und dann reden wir nicht weiter drüber...
*Bernhard Redl*



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