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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Oktober 2015; 19:19
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60 Jahre Wiederbewaffnung/Medien/Glosse:
> Das Bundesheer, die Asylsuchenden und die Qualitätszeitung
Alexander Purger von den "Salzburger Nachrichten" widmete am Montag, den
19.10.2015 seine Kolumne der von ihm so definierten "Flüchtlingskrise" und
fand es in diesem Zusammenhang klug und vorausschauend, dass sich die
Bevölkerung vor rund drei Jahren für die Wehrpflicht und damit gegen ein
Berufsheer entschieden hatte. Er hob lobend erwähnend hervor, dass durch die
Wehrpflicht der Einsatz im Inneren des Landes gewährleistet werden könne.
Dieser wäre jetzt dringender nötig als je zuvor. Er betonte, dass es Sinn
machen würde, wenn sich Grundwehrdiener im Kochen und Kellnern üben, ebenso,
dass sie als billige "Arbeitskräfte" dem Staat Geld sparen würden und
notfalls, wie in Ungarn oder Deutschland, helfen würden, die Grenzen dicht
zu machen. Tolle Aufgaben für ein Heer. Unabhängig davon, dass kein Ton des
Mitleids, oder einer humanitären Verpflichtung zur Hilfeleistung seine
Zeilen auch nur ansatzweise streiften, sondern die Menschen, die Hilfe
benötigen, nicht nur als Problem, zu teuer und sogar als Krise benannt
wurden, ist auch affirmativ davon die Rede, die Grenzen abzusperren. Eines
der reichsten Länder dieser Welt könne es schließlich nicht verkraften, ein
paar tausend Menschen aufzunehmen. Unter menschenwürdigen Bedingungen
existieren sie hier ohnehin nicht, da genügt ein Blick auf den Bahnhof in
Salzburg. Der/die mitdenkende Leser_in hat die Botschaft verstanden. Kommen
noch mehr Flüchtlinge, müsse das Bundesheer die Grenzen abschotten.
Dieses Geschmiere hat in einem bürgerlichen Massenmedium Platz, dass sich
bemüht, sich einen humanen Touch zu geben und immer wieder über berührende
Einzelfallgeschichten berichtet, um an Empathie und Sensibilität einer
vermuteten Leser_innenschicht anzudocken. Hetzerischer hätte dieser Artikel
in der Kronenzeit auch nicht geschrieben werden können. Zwischen den Zeilen
stand da geschrieben: Das Boot ist voll. In völliger Verkehrung der
Tatsachen. Allein in der Stadt Salzburg stehen über 4.800 Wohnungen leer.
Etliche davon sind reine Spekulationsobjekte. Das Boot ist lange noch nicht
voll. Da ist genug Platz. Und Geld. Ein Bundesland, das nicht weiß, ob es
mal eben 400 Millionen verspekuliert oder vielleicht gewonnen hat, und das
seine Einkünfte nicht so ganz im Überblick hat, ist eines bestimmt nicht:
nämlich arm. Wenn sich Einzelpersonen mit Geldern der öffentlichen Hand
vergnügen können, muss ja welches da sein. Stadt und Land Salzburg haben
genug Geld, um die Menschen zu versorgen, zu unterstützen und sollten sie es
wünschen, ihnen Integration zu ermöglichen.
Ich weiß nicht, was in dem Kopf dieses Journalisten vorgeht. Wir gehen davon
aus, dass Journalist_innen Nachrichten aus aller Welt hören und sehen. Also
kennen sie auch die grausamen, gruseligen Berichte und Bilder aus den
Kriegsgebieten. Die Menschen flohen und fliehen vor roher Gewalt. Ausgeübt
von Uniformierten. Unter schämenswerten Bedingungen hier notversorgt, müssen
sie die Demütigung über sich ergehen lassen, dass ihre notdürftige
Versorgung in militärischen Strukturen und von uniformierten Kräften
vorgenommen wird.
Mir graut schon beim Hinsehen. Kaum dem Krieg entflohen, werden die
Betroffenen damit konfrontiert, erneut militärischen Strukturen ausgeliefert
zu sein. Das Bundesheer hat dort überhaupt nichts verloren und somit auch
nichts zu suchen. Es ist nicht die Schuld der Flüchtlinge, dass dem
Bundesheer mangelns Aufgaben fad ist. Flüchtlinge sind keine Feinde. Wenn
Alexander Purger einen möglichen Grenzeinsatz das Wort redet, sprechen wir
davon, schutzsuchende Menschen als Feinde zu definieren.
Noch immer? Oder schon wieder? Krieg gegen Flüchtlinge wird hier gefordert.
Man kann gar nicht so viel fressen, wie man kotzen möchte.
Warum jetzt aber eine Wehrpflichtigenarmee das Verjagen und Vertreiben von
schutzsuchenden Menschen besser zu erledigen vermag als eine Berufsarmee,
bleibt in Nebelschwaden gehüllt. Es wird nur die Behauptung aufgestellt,
dass Wehrpflichtige besser geeignet sind, Schmutzarbeit für den Staat zu
erledigen als Berufssoldaten. Warum auch immer. Ich behaupte, dass es eher
umgekehrt ist: Ein Berufssoldat hat sich für sein Lakaiendasein im Dienste
von Kapital und Staat entschieden und teilt die mehrheitlich rassistische
Haltung der Armeeangehörigen. Ein Wehrdiener, solchermaßen Zwangsdiener,
könnte auch eine denkende, die gesellschaftlichen Verhältnisse
reflektierende empathische Person sein. Das kommt sogar vor. Und der
Zwangsdiener könnte sogar zur Verweigerung tendieren. Er könnte die Meinung
vertreten, dass Menschen aus anderen Herkunftsländern weder ein Problem noch
ein Krise darstellen, und schon gar nicht als Feinde in zerstörerischer
Absicht kommen. Bei einem Berufssoldaten kommen solche Gedanken erst in den
Rängen der "denkenden" höheren Generäle vor. Manchmal jedenfalls.
Den Gipfel der Behauptungen des oben benannten Schmierenkomödianten habe ich
mir für den Schluß des Artikels aufgehoben. Purger: "Österreich ist heute
keineswegs sicher, da niemand weiß, wer im Strom der Asylwerber und
Migranten noch ins Land gekommen ist oder noch kommt." Diese Journaille ist
nichts zu billig. Sie spielt sogar auf der Klaviatur der Angstmache vor
Terroristen. Den Ruf, eine Qualitätszeitung zu sein, hat sich dieses Blatt
wohl entgültig verspielt. Vielleicht ist das Ganze gut so. Mit diesem
Artikel kann sich die "SN" wohl kaum noch als objektivere und seriösere
Tageszeitung verglichen mit dem Bouvevard verkaufen. Sie entblößt sich bis
zur Wahrheit. In vornehmeren Worten und kultivierterer Erscheinungsform
spielt sie mit im Spiel um Macht, Geld und die bessere Schlagzeile. Immer
geneigt, den Wünschen des Publikums zu gefallen.
*rosalia krenn*
SN:
http://www.salzburg.com/nachrichten/meinung/kolumne/purgertorium/sn/artikel/gut-dass-es-die-wehrpflicht-noch-gibt-170076/
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