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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 16. September 2015; 22:08
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Presseschau II/Recht:
> Nichtausbeuterische Schlepperei straffrei
"Wer die rechtswidrige Einreise oder Durchreise eines Fremden in oder durch 
einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Nachbarstaat Österreichs mit 
dem Vorsatz fördert, sich oder einen Dritten durch ein dafür geleistetes 
Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis 
zu zwei Jahren zu bestrafen." So steht es im ersten Absatz des §114 
Fremdenpolizeigesetz. Das kann man so oder so verstehen -- denn danach kann 
es auch ein rechtmäßiges Entgelt geben. So sieht das zumindest der OGH in 
einem -- wie das der "Kurier" nennt -- "kaum beachteten Grundsatzurteil".
Der Oberste Gerichtshof hatte folgenden Fall zu beurteilen: "Ein Italiener 
hatte bei zwei Fahrten fünf libanesische und neun syrische Staatsangehörige 
von Italien über Österreich nach Deutschland transportiert. Die Geschleppten 
hatten dem Chauffeur dafür insgesamt 2000 Euro gezahlt. Der Schlepper wurde 
im Landesgericht Innsbruck zunächst verurteilt, das Höchstgericht verlangte 
aber einen neuen Prozess: 'Das Erhalten eines adäquaten Fuhrlohns für 
Transportdienste stellt auch hier keine unrechtmäßige Bereicherung dar', 
befand der OGH. Das Erstgericht müsse dem eingehobenen Entgelt die Höhe des 
angemessenen Fuhrlohns gegenüberstellen. Nur wenn daraus 'eine Überzahlung 
resultiert, kann man von einem auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten 
Vorsatz ausgehen'. Das Gericht konnte keine Überzahlung feststellen und 
sprach den auch wegen Gewerbsmäßigkeit und als Mitglied einer kriminellen 
Vereinigung angeklagten Italiener von allen Punkten frei."
Soweit die Zusammenfassung durch den Kurier. Wenn also jetzt von 
Schlepperkriminalität die Rede ist, dann muß man klar unterscheiden, daß es 
eben auch nicht-kriminelle Schlepper gibt. Mit anderen Worten: Die 
Kriminalisierung von Leuten, die kaum mehr als ein Taxientgelt oder 
überhaupt nur Benzingeld verlangen -- wie noch im Wiener Neustädter 
"Schlepperprozeß" letztes Jahr --, sollte nun nicht mehr möglich sein.
http://kurier.at/chronik/oesterreich/150.070.183
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> Potentiell lebenslänglich
Die "Kleine Zeitung" berichtet von einem EGMR-Urteil gegen Österreich: Der 
Europäische Menschenrechtsgerichtshof kritisierte die Unterbringungs- und 
Anhaltungspraxis Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher. In Berufung 
auf Rechtsanwalt Helmut Graupner, der einen Insassen vor dem Gerichtshof 
vertreten hatte, sei die Kritik im Detail so zu verstehen: "Der EGMR übte 
... in mehreren Punkten Kritik am österreichischen System des 
Maßnahmenvollzugs. Unter anderem wurde bemängelt, dass immer mehr 
Einweisungen in Anstalten für geistig abnormen Rechtsbrecher aufgrund bloßer 
Vergehen erfolgen und das Prinzip 'Therapie statt Strafe' faktisch in sein 
Gegenteil verkehrt werde. Der 'Etikettenschwindel' der Einstufung von 
Straftätern als geistig abnorm diene dazu, die restriktiven gesetzlichen 
Anforderungen an die Unterbringung als gefährliche Rückfalltäter zu umgehen 
und potenziell lebenslänglich einzuweisen."
Anwalt Graupner wies außerdem darauf hin, dass die von Justizminister 
Wolfgang Brandstetter eingesetzte Arbeitsgruppe Maßnahmenvollzug in ihrem im 
Jänner präsentierten Bericht festhält, dass zumindest vier von fünf Personen 
zu Unrecht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen 
würden.
In dem von Graupner vertretenen konkreten Fall ging es allerdings um 
Fristversäumnisse der Behörden und Gerichte: Die zuständigen Stellen sind 
nach einem OGH-Entscheid verpflichtet, einmal jährlich die Zulässigkeit 
einer weitere Anhaltung zu überprüfen -- und ein Jahr kann in Österreich 
auch schon mal auf 16 Monate gestreckt werden. Man läßt sich halt Zeit mit 
solchen Überprüfungen. Zu viel Zeit, wie der EGMR nun festhielt.
http://kleinezeitung.at/k/chronik/oesterreich/4818390/
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Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Berichte auf die 
Online-Ausgaben der zitierten Medien. Zeitungsleser: -br-
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