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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 19. August 2015; 17:17
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Demokratie/Recht:
> Die österreichische Lösung
Wie eine bewußt erzeugte Gesetzeslücke zur Vergrösserung des ÖVP-Klubs führte
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So war es 2013 gedacht: "Frank Stronach ist mit seiner Partei noch bei
keiner Nationalratswahl angetreten, dennoch hat der Milliardär bzw. seine
Partei einen eigenen Klub im Parlament. Das ist möglich, weil sich im Herbst
2012 fünf Mandatare vom BZÖ abgespalten haben [...] Geht es nach der
SPÖ-Nationalratspräsidentin soll sich derlei nicht wiederholen. Barbara
Prammer plädiert dafür, dass maximal binnen eines Jahres nach der
Nationalratswahl ein neuer Klub gebildet werden kann. [...] Das würde
bedeuten: Wenn sich Abgeordnete nach mehr als zwölf Monaten von einem Klub
abspalten, könnten sie fortan nur noch als 'wilde Mandatare' im Hohen Haus
bleiben." (Kurier 25.3.2013)
Die Forderung war populär -- schließlich stand ja der Vorwurf im Raum,
Stronach hätte die Abgeordneten einfach "aufgekauft". Geworden ist was
anderes daraus: Klubs müssen sich bereits spätestens einen Monat nach der
Nationalratskonstituierung gebildet haben, doch für die Mandatare besteht
auch weiterhin das Recht, den Klub zu wechseln.
Moment! Das Recht? Wenn man sich das Geschäftsordnungsgesetz des
Nationalrats (GOG) genauer ansieht, findet man weder in der 2013
reformierten Fassung noch in früheren Fassungen irgendwo eine entsprechende
Norm. Im GOG ist zwar jedes einzelne Detail, bis hin zum minutengenauen
Plenarrederecht fraktionsloser Abgeordneter, genau definiert, aber über
Fraktionswechsel steht dort kein Sterbenswörtchen. Nur die Konstituierung
als Klub ist definiert, wer dann wie oder wann übertreten darf, ist
überhaupt nicht codifiziert -- weder im GOG noch sonstwo. Der Übertritt ist
einfach Gewohnheitsrecht, in Erläuterungen von Novellierungsanträgen
behauptet und lang geübte Rechtspraxis des Nationalratspräsidiums. Aber
formellen Rechtsanspruch gibt es dafür nicht -- nur Präzedenzfälle. Als 1996
der erst 1994 mit dem LIF in den Nationalrat eingezogene Abgeordnete
Reinhard Firlinger zum Klub der FPÖ wechseln wollte, meinten ein paar
Abgeordnete der Opposition, daß dies nach ihrer Interpretation des GOG in
der damaligen Fassung doch zumindest eines Plenarbeschlusses zur Genehmigung
bedürfte. Der grüne NR Andreas Wabl meinte, man müsse verhindern, daß das
mit einer "klassisch österreichischen Lösung" erledigt werde. Doch die
Mehrheit im Parlament erlaubte nicht einmal eine offizielle Plenardebatte
darüber.
Mit der Reform des §7 GOG vor zwei Jahren hätte man diese formale
Rechtsunsicherheit beseitigen können -- wollte man aber explizit nicht. Die
Abgeordneten der Regierungsmehrheit formulierten das in den Erläuterungen
ihres Initiativantrags so: "Dem Abgeordneten steht es darüber hinaus
jederzeit frei, in einen Parlamentsklub einzutreten, aus einem
Parlamentsklub auszutreten oder in einen anderen Parlamentsklub
überzutreten." Allerdings steht das eben nur in den Erläuterungen zum
Antrag, nicht im Gesetzesantrag selbst.
Und da stellt sich die Frage: Wieso?
Eine Vermutung: Ein Gewohnheitsrecht, das eine unumschränkte Wirkmacht hat,
aber nicht in einem Gesetz niedergeschrieben ist, ist auch keine Norm, die
der Verfassungsgerichtshof aufheben kann. Also schreibt man das lieber nicht
so in ein Gesetz, weil dieses Gewohnheitsrecht sehr bequem ist. Denn:
Störend war lediglich, daß mit einer Klubneubildung aus dem Nationalrat
heraus tatsächlich neue Konkurrenz für die etablierten Parteien geschaffen
werden kann -- und das ist halt von diesen nicht gewünscht und wurde mittels
Gesetzesnovelle verboten. Ein Fraktionswechsel hingegen ist sehr erwünscht,
denn er bedeutet in der Praxis meistens einen Wechsel von einer kleineren zu
einer größeren Partei, die dem wechselnden Abgeordneten mehr Möglichkeiten
bieten kann -- wie wir das jetzt bei der künstlichen Vergrösserung des
ÖVP-Klubs erleben, die ja nun kaum mit dem vielzitierten Wählerwillen in
Einklang zu bringen ist.
Mit der "Lex Stronach" hat man unzufriedenen Abgeordneten die Möglichkeit
genommen, aus Dissidenz eine neue Partei zu etablieren. Jetzt bleibt ihnen
nur mehr die Möglichkeit, wilde Abgeordnete zu werden oder sich einer der
großen Parteien anzuschließen. Und das ist dann wirklich eine klassisch
österreichische Lösung.
*Bernhard Redl*
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