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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 1. Juli 2015; 18:57
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  Recht/EU:
  
  > Keine Demophotos mit Pallas Athene mehr?
  
  Wer derzeit Wikipedia aufsucht, wird mit einer Kampagne gegen die EU-weite 
  Aufhebung der "Panoramafreiheit" konfrontiert. Damit ist das Recht gemeint, 
  
  "urheberrechtlich geschützte Werke, beispielsweise Gebäude, Kunst am Bau 
  oder Kunst im öffentlichen Raum, die von öffentlichen Verkehrswegen aus zu 
  sehen sind, bildlich wiederzugeben, ohne dass hierfür der Urheber des Werkes 
  
  um Erlaubnis ersucht werden muss" (Definition ebenfalls nach Wikipedia).
  
  Diese Panoramafreiheit ist in den EU-Staaten recht unterschiedlich gegeben 
  und reicht von ziemlich vollkommen bis fast gar nicht. Österreich hat eine 
  sehr liberale Regelung. Da heißt es in § 54 Urheberrechtsgesetz Abs. 1 Z. 5: 
  
  erlaubt es Abbildungen von Werken "der Baukunst (...) oder andere Werke der 
  
  bildenden Künste (...), die dazu angefertigt wurden, sich bleibend an einem 
  
  öffentlichen Ort zu befinden, zu vervielfältigen, zu verbreiten, durch 
  optische Einrichtungen öffentlich vorzuführen, durch Rundfunk zu senden und 
  
  der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen". Die Einschränkungen dieser 
  Regel sind dabei marginal.
  
  Geht es nach einem Ausschuß des EU-Parlaments könnte sich das bald ändern. 
  Julia Reda, die deutsche EU-Abgeordnete der Piratenpartei schlug jetzt 
  Alarm. Sie war zuständig für einen Bericht an das EU-Parlament über die 
  Evaluation des EU-Urheberrechts. Dieser wurde auch vom Rechtsausschuß des 
  Parlaments angenommen -- allerdings mit erheblichen Änderungen. Statt wie 
  von Reda vorgesehen eine vollständige Panoramfreiheit EU-weit zu 
  befürworten, vertrat die Ausschußmehrheit auf Antrag eines Liberalen mit 
  Unterstützung von Christ- und Sozialdemokraten die "Auffassung, daß die 
  gewerbliche Nutzung von Fotografien, Videomaterial oder anderen Abbildungen 
  
  von Werken, die dauerhaft an physischen öffentlichen Orten platziert sind, 
  immer an die vorherige Einwilligung der Urheber oder sonstigen 
  Bevollmächtigten geknüpft sein sollte".
  
  Da so ein Bericht Teil des EU-Gesetzwerdungsprozesses ist, ist er nicht 
  unerheblich. Er soll am 9.Juli dem EP zur Beschlußfassung vorgelegt werden.
  
  Man wird recht schnell "gewerblich"
  
  Nun erscheint eine Einschränkung für die nichtgewerbliche Nutzung auf den 
  ersten Blick nur recht und billig, allerdings kommt es dabei auf die 
  konkrete Ausformung des Gesetzes an. Denn es besteht die Gefahr, so Reda in 
  
  ihrem Blog, daß "die Schwelle zur gewerblichen Nutzung viel früher 
  überschritten ist, als zu dem Zeitpunkt, wo jemand anfängt, Profite zu 
  machen". Das Aufladen von Urlaubsphotos mit Baudenkmälern im Hintergrund auf 
  
  Facebook könnte bereits belangbar sein -- denn zwar nicht der Nutzer, aber 
  Facebook nutzt diesen user generated content gewerblich. Wer ein solches 
  Photo auf seinem Blog unterbringt, braucht nur ein einziges Werbeinserat 
  dort und schon fällt es unter eine Lizenzerfordernis. Ebenso fürchtet 
  Wikipedia um seine Möglichkeiten -- da die dort aufgeladenen Photos explizit 
  
  zur Weiterverwendung (wenn auch unter unterschiedlichen Lizenzen) 
  freigegeben sind. Wenn dann jemand ein solches Photo in gewerblichem 
  Zusammenhang nutzt, könnte Wikipedia resp. der Uploader haftbar gemacht 
  werden. Und nicht zuletzt wären Pressephotographen verpflichtet 
  beispielsweise bei einer Demo vor dem österreichischen Parlament die 
  Genehmigung der Parlamentsdirektion oder eines sonstigen Rechteinhabers vor 
  
  Veröffentlichung des Bildes einzuholen -- nur weil man ein Stückerl der 
  Pallas Athene darauf sieht.
  
  Wenn man sich vor Augen führt, daß in den letzten Jahren sich darauf 
  spezialisiert habende Anwälte mit derlei Klagen sich goldene Nasen verdient 
  
  haben, weiß man auch, daß die Gefahr einer Lizenzforderung im Einzelfall 
  ziemlich realistisch ist.
  -br-
  
  
  Die Details dazu finden sich auf Julia Redas Blog:
  https://juliareda.eu/2015/06/panoramafreiheit-in-gefahr/
  
Update 1.7., 19:05: Nach jüngsten Meldungen findet der Bericht keine
  Mehrheit im Europaparlament. Zumindest jetzt nicht
  
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