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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 17. Juni 2015; 16:55
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Debatte/Innenpolitik:

> Brauchen wir einen linken Populismus?

Die einzige Hoffnung, die ich mit dem Ausgang der Landtagswahlen im
Burgenland und in der Steiermark verband, war, dass sie zur Erkenntnis
führt, dass es keinen Sinn macht, zu versuchen, die FPÖ rechts zu überholen.
Eine, wie wir jetzt sehen, irrationale Hoffnung.

Zumindest einige Linke innerhalb der SP haben sich bereits in diesem Sinne
zu Wort gemeldet. Wie uns das Beispiel Burgenland zeigt, ist die Position
leider nicht wirklich mehrheitsfähig in der SP.

Als kleine Unterstützung hier noch mal langsam zum Mitdenken:

Auf der einen Seite gehen die WählerInnen, die für rechtsextreme Propaganda
empfänglich sind, letztendlich lieber zum Schmied als zum Schmiedl, auf der
anderen Seite wird durch jeden Versuch, die FP rechts zu überholen, deren
Propaganda legitimiert. Wer versucht, mit den selben "Argumenten" zu
punkten, kommuniziert nur, dass er diese "Argumente" für richtig hält.
Selbst wenn also diese Strategie kurzfristig Erfolge bringen würde, so ist
sie langfristig desaströs: Entweder in dem man/frau immer weiter nach rechts
driften muss um die WählerInnen zu halten oder man verliert sie wieder an
noch radikalere Rechte.

Wie Linkspopulismus nicht funktionieren kann

Das beste Beispiel hierfür ist die KP-Steiermark: Ursprünglich war ihr Kurs
relativ erfolgreich. Vor allem in Graz wechselten viele Proteststimmen von
der FP zur KP-Steiermark. Die KP-Steiermark hat dabei (neben durchaus auch
sinnvoller linker Poltik) aber immer versucht nach rechts hin offen zu sein.
Das zeigte sich an vielen Dingen: Die nationalistisch und mit
rot-weiss-roten Fähnchen untermauerte Anti-EU-Kampagne zielte deutlich
darauf ab, auch Krone-Leserbriefseiten-kompatibel zu bleiben. Im Grazer
Stadtblatt (Ein Blatt der Grazer KP) fanden sich offen rassistische
Leserbriefe. Erst kürzlich stimmte die KP-Steiermark gemeinsam mit FP/SP/VP
für die Einführung einer "Moslem-Kommission" die Kriterien für
"Integrationswilligkeit" und entsprechende "Ahndung" festlegen sollte (1).

All dies waren keine zufälligen Ausrutscher, sondern bewusste Strategie, um
im FP-Pool WählerInnenstimmen zu fischen. Wer den Rassismus salonfähig macht
darf sich nicht wundern, wenn Rechtsextreme Wahlsiege einfahren.

Viele Linke in der SP sind jetzt zu recht entsetzt, wenn Niessel mit der FP
Koalitionsverhandlungen führt. Sie sollten es aber auch sein jedes mal wenn
die SP oder ein stadtnaher Betrieb ein Inserat in 'Krone' und 'Heute'
schalten.

Was also tun? Dass linke Bewegungen erfolgreich sein können, sehen wir an
Griechenland und Spanien. Was die Menschen letztlich interessiert ist dass
es jemanden gibt, der auf ihrer Seite steht. Und da haben wir als Linke
grundsätzlich die besseren Karten: Wir stehen tatsächlich auf ihrer Seite
und können daher nicht nur authentisch wirken, sondern tatsächlich
authentisch sein.

Braucht es eine neue Linke Partei/Bewegung?

Am linken Rand der SP wird über die Frage diskutiert, ob es dazu einer
eigenen Partei/Bewegung bedarf oder ob es besser sei, innerparteilich für
einen linkeren Kurs zu kämpfen. Das darf gerne jede/r für sich beantworten.
Klar ist, dass eine linke Opposition jedenfalls dabei auch hilfreich ist:
Sobald die Gefahr besteht, WählerInnen nach links zu verlieren, ist es weit
leichter denen, die nur auf Wahlerfolge schielen, begreiflich zu machen,
dass ein solcher Kurs sich auch an der Wahlurne rechnet.

Ich persönlich halte es für eher unrealistisch, auf eine klare Linkswende
innerhalb der SP zu setzen. Wenn ich mir meine wahlkabine.at-Ergebnisse der
letzten Jahre anschaue: Die SP schneidet dort meist sehr deutlich weiter
rechts ab als die Grünen und dabei sind die österreichischen
SozialdemokratInnen im Vergleich zu ihren GenossInnen aus anderen
europäischen Ländern noch vergleichsweise progressiv.

Wie die Beispiele von Griechenland und Spanien zeigen: Auch die engen
Grenzen traditioneller linker Parteien reichen nicht: Wir benötigen breitere
Bündnisse und Bewegungen. Aus diesem Grunde engagiere ich mich auch in der
wien-anders- und europa-anders-Bewegung.

Brauchen wir einen neuen "Linkspopulismus" und wie sollte ein solcher den
aussehen? Die Frage ist hier, wie wir "Linkspopulismus" definieren. Wenn es
darum geht linke Botschaften (also: Kapitalismuskritik, Internationalismus,
Anti-Rassismus, Feminismus, Demokratie, ... ) in griffige und leicht
verständliche Slogans zu packen, dann bin ich klar dafür. Wir müssen es
schaffen, den Menschen klar zu machen, wie ihre persönlichen Probleme vom
System verursacht werden und wir müssen dafür Lösungswege aufzeigen und das
auf leicht verständliche Weise.

Allerdings: Es ist nicht so, dass Strache & Co einfach die besseren
Kommunikationsstrategien haben und daher mit ihrer rechtsextremen Ideologie
erfolgreich sind: Die rechtsextreme Ideologie wird in Österreich vor allem
von kleinformatigen rassistischen Hetzblättern mit großer Auflage
verbreitet. Straches Saat geht in dem von Krone, Heute & Co gepflügten Acker
auf.

Da sind wir dann auch an dem Punkt angelangt, wo es für echte Linke
interessant wird: Was trauen sich Häupl und Faymann nicht? Offen
auszusprechen dass Krone & Co sehr wesentlich für das reaktionäre Klima in
Österreich verantwortlich sind. Das wäre politischer Selbstmord. Hier wäre
eine neue linke Bewegung notwendig.

Natürlich lässt sich die Propaganda von Jahrzehnten nicht einfach
beseitigen. Die Vorurteile, Feindbilder und Ressentiments die in mühsamer
Kleinarbeit in die Köpfe der LeserInnen gepflanzt wurden können nur in eben
so langsamer und mühsamer Arbeit wieder zerpflückt werden. Fangen wir heute
damit an.
*mond, qummunismus.at*


(1)
https://stmk.gruene.at/schoenleitner-an-voves-schuetzenhoefer-appell-zur-beendigung-der-peinlichen-provinz-posse-um-menschenrechtswidrige-moslem-kommission



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