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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 6. Mai 2015; 16:56
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Debatte:
> Antifaschismus nach Bildungsbürgerart
"Deutsche Sprache, schwere Sprache! Sind Sie gnädig mit den Zuwanderinnen
und Zuwanderern, sie haben mehr als genug eigene Probleme -- dieser
Schlußsatz von Harald Walser ist ein wenig untergegangen nach seiner
"Deutschstunde" für FPÖler im Nationalrat. Dabei war das aber der wichtigste
Satz seiner Rede.
Walser hatte ja jüngst in einer "kurzen Debatte" zum Thema Integration von
Ausländern -- und damit auch deren Deutschkenntnissen --, den FPÖlern eine
ganze Reihe an Zitaten von ihren eigenen Wahlplakaten und sonstigen
Veröffentlichungen vorgehalten, die vor Rechtschreib-, Grammatik- und
Tippfehlern nur so strotzten. Und nur mit diesem letzten Satz erklärte
Walser, warum er das den FPÖlern vorwirft.
Doch der Rest der Rede läßt mich ein wenig mit ungutem Gefühl zurück. Walser
hat diese gesammelten Zitate ja nicht selbst zusammengetragen, sondern in
einschlägigen Social-Media-Kreisen waren die meisten davon schon lange
bekannt. Kaum ein Tag vergeht, wo nicht irgendein Fehler in FPÖ-Texten
gepostet wird. Und natürlich gebührt das der FPÖ, in deren Nationalratsklub
ja wirklich genug Akademiker sitzen, die sich für etwas Besseres halten.
Nur: Hat sich jemand schon mal die Frage gestellt, wie das bei potentiellen
FPÖ-Wählern ankommt? Nicht bei den Burschenschaftern, sondern bei jenen
nämlich, die so sind wie in den "Sozialpornos" bspw. auf ATV ("Wir leben im
Gemeindebau")?
Grüne, Netz-Antifa und Privatfernsehen bewegen sich da nämlich auf dünnem
Eis. Denn was hier passiert, ist sehr wohl auch so erfahrbar, daß die
klassische Gleichstellung: 'Rechtschreibschwäche = allgemein mangelnde
Bildung = Dummheit = Minderwertigkeit' aufgestellt wird. Bobos finden das
natürlich lustig, aber wie finden das Menschen, die nicht mehr als einen
Hauptschulabschluß haben, keine Chance auf "lebenslanges Lernen" im Sinne
eines bürgerlichen Bildungskanons hatten und wegen ihrer Lebenssituation
irgendwann zu sekundären Analphabeten wurden? Was sagt man denen damit? Man
will mit solchen Hoppatatschis die FPÖ treffen, aber man trifft jene Teile
des Proletariats, die aus Gründen jahrzehnterlanger Demütigung FPÖ wählen.
Das ist so wie mit peinlichen Auftritten Straches -- die sind ja auch sooo
lustig. Quasi: 'Was will denn der überhaupt, dieser Zahntechniker?' Denn
Strache wird viel mehr durch den Kakao gezogen als der Akademiker Haider.
Der hatte sich auch viel weniger Blöße gegeben und war in seinen Zitaten nur
angreifbar mit seinen Nazi-Andeutungen. Aber hat man sich in jenen besseren
Kreisen, die sich so fürchterlich sozialengagiert und antifaschistisch
vorkommen, schon einmal überlegt, daß gerade die Ausrutscher einen Strache
sympathisch machen?
Mit diesen Lächerlichkeiten -- im doppelten Wortsinn -- kann man vielleicht
die Burschenschafter in seiner Partei von Strache abbringen; ja, das sind ja
auch distinguierte bessere Leute, und das Verhältnis zwischen ihnen und dem
nichtakademischen Führungspersonal der FPÖ ist sowieso äußerst miserabel.
Die Grafs in der FPÖ schauen genauso auf den Bundesparteiobmann und den
Großteil der FPÖ-Basis herab wie das die Bobos tun. Aber sie wissen, daß der
ungebildete Patschachter der Partei die Stimmen bringt -- und zwar nicht,
obwohl er so ist, sondern im Gegenteil: Weil er so ist! Wenn Strache
gegenüber dem "kleinen Mann" ausdrückt: "Ich bin einer von Euch" und "Die
FPÖ ist eine Partei der kleinen Leute", dann wird das so auch geglaubt.
Haider hat mal etwas über seine Widersacher gesagt, das zu denken geben
sollte: "Das sind diese Leute, die mit dem Sektglas in der Hand bei den
Seitenblicken aus dem Fernseher winken." Bei ihm war diese Ansage nur
bedingt angebracht, weil er auch selbst zu diesen Leuten gehörte. Doch
Strache signalisiert das Gleiche -- und da wirkt es sehr glaubwürdig. Wenn
hingegen grüne oder sozialdemokratische Akademiker über soziale "Reformen"
reden, fällt es einem durchschnittlichen Proletarier schwer, Vertrauen zu
fassen.
Allein wegen des politischen Kalküls wäre es also dem sich so
fortschrittlich gebenden Teil der politischen Klasse -- und auch ebenso den
gleichgesinnten Medien -- sehr anzuraten, weniger den Bildungsbürger
raushängen zu lassen.
Doch es ist auch eine Frage des Anstands. Wenn man vollkommen richtig sagt,
daß es kein Verdienst ist, in Österreich geboren zu sein und man nicht auf
die -- nicht mit der österreichischen Staatsbürgerschaft gesegneten --
Migranten herabblicken dürfe, dann darf man das aber auch nicht auf jenen
Teil des Proletariats, das einen hiesigen Paß sein eigen nennt.
Es war nicht Walsers Absicht, sich über Menschen, die nicht rechtschreiben
können lustig zu machen -- das hat er mit diesem seinem letzten Satz
klargemacht. Aber gilt das auch für diejenigen, die Strache oder die kleinen
lokalen Funktionäre, die solche Hoppatatschis produziert haben, einfach nur
als peinlich und dumm hinstellen? Sind sie selbst einfach nur etwas
präpotent oder besser: Sind wir uns fortschrittlich und modern und gebildet
dünkenden Menschen nicht präpotent und halten uns für etwas Besseres?
Sollten wir uns nicht alle bei der Nase nehmen und einbekennen, daß die
Kenntnis der Rechtschreibung uns nicht das Recht gibt, auf andere
hinunterzuschauen?
*Bernhard Redl*
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