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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. April 2015; 17:43
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Kommentierte Presseschau:

> SPÖ-Generationenkonflikt live

Josef Cap, altgedienter Parteisoldat und jetziger Programmierer der SPÖ,
zudem vormals rebellischer Vorsitzender der SJ hat Humor. Anders ist es
nicht zu erklären, warum er ein gemeinsames Interview oder besser
moderiertes Streitgespräch (aus dem "Standard") mit Julia Herr, der jetzigen
Vorsitzenden der SJ, auf seinen eigenen Blog stellt.

Neben einigen Meldungen im verständnisvollen Stil für die jüngere Generation
darf man da auch neue Definitionen lesen: "Man muss über den Links-Begriff
diskutieren, der hat sich ja in der Sozialdemokratie und auch allgemein
weiterentwickelt und kann nicht mehr nach den Kriterien der 1930er- oder der
1940er-Jahre definiert werden. Es ist heute auch links, nicht nur gegen die
Monopolisierungen in der Wirtschaft, gegen nichtregulierte Finanzmärkte zu
sein, sondern auch für Regeln, für eine geregelte Marktwirtschaft, die
sozial und ökologisch nachhaltig ist. Das heißt, dass wir dem Unternehmertum
gegenüber positiv eingestellt sind. Es kann aber nur im Rahmen eines
sinnvollen Regelwerks erfolgreich sein. Das nützt dem Unternehmen, das nützt
den Arbeitsplätzen, die es schafft, und den Konsumenten, die die Produkte
kaufen. Das ist heute links." Und: "Sozialdemokraten wollen eine
Gesellschaft, in der die Mittelschicht die dominierende Gruppe ist, und zwar
die bei weitem dominierende Gruppe. Dann lösen sich die Klassengegensätze
auf." Das Wesen des sozialdemokratischen Gesellschaftsverständnisses sei es,
so Cap, daß es am Schluss nur mehr Mittelschichten gäbe. Jedoch: "Es wird
immer ein paar besonders Reiche geben, aber die sollen gefälligst einen
Beitrag leisten."

Das ist richtig lieb, genauso wie das: "Ich habe mich auch dafür eingesetzt,
dass das endlich Beschlusslage in der SPÖ wird. Vermögenssteuer als
Überschrift für Verteilungsgerechtigkeit. In einer Gesellschaft, in der es
Solidarität und Leistung als wesentliche Werte geben muss, kommen ein paar
Superreiche, die ohne Solidarität und Leistung immer reicher werden, für uns
in den Mittelpunkt der Kritik. Das ist seit 2010 in der Partei
Beschlusslage. Da hat sich die Partei bewegt und das eingefordert."

Als Julia Herr protestiert, daß da aber genau gar nichts davon umgesetzt
wurde, meint Cap: "Das war mit dem Koalitionspartner eben nicht zu machen."

Cap ist halt ein alter Profi, er bleibt auch cool als ihn Interviewer
Michale Völker versucht, aus der Reserve zu locken: "Was muss passieren,
dass Sie auch einmal Kritik üben?" Cap: "Ich bin dafür, dass man auch Kritik
übt, das ist auch ein Zeichen von Loyalität. Aber Faymann war immer schon
für soziale Gerechtigkeit, sowohl in der SJ als auch jetzt als
Bundeskanzler." Worauf Julia Herr der Kragen platzt: "Soziale Gerechtigkeit!
Ich kann diese Schlagwörter überhaupt nicht mehr hören! Dieser
Politikersprech ist doch ein Wahnsinn, die jungen Leute wollen das nicht
mehr hören. Welche Partei steht denn nicht für Gerechtigkeit? Schön, wenn
das auch bei uns im Parteiprogramm steht, aber es geht darum, ob man das
spürt, ob das umgesetzt wird. Die Koalition bringt uns in einen Sachzwang
hinein, wo die Leute das Vertrauen in die SPÖ verlieren."

Naja, wird Julia Herr in 30 oder 40 Jahren dort sein, wo Josef Cap heute
ist? Und wie würde sie dann mit jenem Menschen reden, der zu diesem
Zeitpunkt den Vorsitz bei der SJ innehaben würde? Viele von uns werden das
nicht mehr erleben, aber es ist abzusehen, daß es nicht viel anders klingen
würde. Wenn es dann die SPÖ überhaupt noch gibt...

http://www.josefcap.at/

http://derstandard.at/2000014360559

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> Dumme Griechen

Das Elend der Sozialdemokratie kann man auch am deutschen
Wirtschaftsminister und Vizekanzler sehen. Sigmar Gabriel "hat die Forderung
Griechenlands nach deutschen Reparationszahlungen in Höhe von 278,7
Milliarden Euro zurückgewiesen. 'Ich finde es ehrlich gesagt dumm', sagte er
mit Blick auf eine Vermischung der Wiedergutmachungsforderungen mit den
Verhandlungen über weitere Finanzhilfen. Beide Dinge hätten nichts
miteinander zu tun, seien aber sehr aufgeladen, sagte der Vizekanzler bei
einer Diskussionsveranstaltung in seinem Ministerium. Das bringe die
Stabilisierung Griechenlands 'keinen Millimeter voran'." So zitiert ihn der
"Spiegel".

Allerdings: "Zugleich gebe es natürlich die moralische Verantwortung, sagte
Gabriel. Es dürfe keinen Schlussstrich geben. In der aktuellen Schuldenkrise
dürfe zudem nicht der Eindruck entstehen, Deutschland sei in der EU der
große Lastesel. 'Die Wahrheit ist natürlich, dass wir unglaublich viel Geld
mit der Währungsunion verdient haben.' Es gebe heute auch ein Stück weit
eine ökonomische Verantwortung. 'Wir müssen verdammt viel Respekt davor
haben, was die Menschen in Griechenland schultern.' Sie müssten die Opfer
bringen für das Versagen der Eliten: 'Sie haben das Land ausgeplündert.' Das
Land müsse im Euro wieder auf die Beine kommen -- 'und nicht außerhalb'."

Soviel Verständnis und Mitgefühl beim SPD-Minister! Nur -- so der Spiegel --
: "Die Bundesregierung sieht Reparationsfragen durch den
Zwei-plus-Vier-Vertrag zur Einheit juristisch als erledigt an". Tja und da
kann man eine Verknüpfung dumm finden oder nicht oder auch Mitgefühl zeigen,
die SPD scheint nicht daran interessiert, irgendwie die Schuld Deutschlands
begleichen zu wollen.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-krise-gabriel-nennt-debatte-um-reparationen-dumm-a-1027333.html
Kurz: http://tinyurl.com/akin10SPD

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> Ungeduldige Salzburger

Elend der Sozialdemokratie, die Dritte: "Salzburg24.at" mag ein sehr
boulevardeskes Nachrichtenportal sein, aber was die Bettlervertreibungen in
der Stadt und die seltsame Beteiligung der SPÖ dabei angeht, ist es eher
eine Anti-Krone und berichtet entsprechend über das geplante "sektorale
Bettelverbot": "Die Bürgerliste spricht von einem 'sozialen Umfaller' der
SPÖ: 'Nach dem Motto 'Die Armut bekämpfen wollen wir nicht, darum verbieten
wir sie einfach' sollen die unbequemen Bettler nun also von Salzburgs
Bildfläche verschwinden. Und damit diese Armut auch wirklich verschwunden
bleibt, fordert die SPÖ nicht nur ein sektorales, sondern auch ein
'flexibles' Bettelverbot. Heißt im Klartext: Egal wo BettlerInnen in der
Stadt Salzburg auftauchen, sie werden verboten', heißt es in einer
Aussendung der Bürgerliste. Weder ein sektorales noch ein flexibles
Bettelverbot seien nötig: 'Soziale Probleme müssen mit sozialen Maßnahmen
beantwortet werden. Seit einem Jahr warten wir nun schon auf die im
Parteienübereinkommen vereinbarten Notschlafplätze', so
Bürgerlisten-Gemeinderätin Ulrike Saghi." Allerdings, so das Online-Portal:
"Verhindern kann die Bürgerliste ein sektorales Bettelverbot jedoch nicht im
Alleingang. Denn dieses kann vom Gemeinderat mit einfacher Mehrheit
beschlossen werden."

Daher -- und weil die Stadt-ÖVP jederzeit bei allem, was gegen Bettler geht,
bereit ist, der SPÖ eine Mehrheit zu verschaffen -- bleibt der Adressat für
Proteste zuallererst natürlich der SPÖ-Bürgermeister Heinz Schaden. Der
umtriebige Blogger Bernhard Jenny hat ihn daher in einem offenen Brief
aufgefordert: "verbote verringern keine armut. auch nicht sektoral. betteln
ist ein menschenrecht. salzburg eine menschenrechtsstadt. geben sie den
HETZENDEN nicht nach!" Heinz Schaden antwortete darauf sehr prompt: "Ich
respektiere Ihre Meinung und werde mich sicher nicht in eine Reihe mit
Hetzern stellen. Es ist allerdings so, dass die Geduld in der Bevölkerung in
den letzten Monaten erkennbar abgenommen hat und von der Stadt Handlungen
fordert."

Tja, die Sachzwänge und die Stammtische -- alles was ein Sozialdemokrat zur
Entschuldigung braucht...

http://www.salzburg24.at/buergerliste-kaempft-gegen-bettelverbot-schaden-laesst-variante-pruefen/4291695
http://tinyurl.com/akin10SB24

https://bernhardjenny.wordpress.com/

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> Haariges beim FBI

Da haben wir uns seit 15 Jahren "CSI" reingezogen und dann das: Alles fauler
Zauber -- beim real existierenden FPI ergaben nun Stichproben aus mehr als 2
Jahrzehnten, daß 95% aller Haaranalysen zur Überführung irgendwelcher böser
Menschen doch glatt fehlerhaft gewesen seien. Ja, natürlich, das war alles
vor dem Jahr 2000, heute ist das ja völlig anders und besser, sonst hätte
man ja diese Fehler gar nicht nachweisen können. Nur: Die Kritik an diesen
wunderbaren und todsicheren (was in den Todesstrafen-Bundesstaaten der USA
wortwörtlich zu nehmen ist) Methoden ist ja nicht neu und die Frage, ob
diese forensikverliebten Kriminalisten heute nicht genauso unkritisch sind,
wird natürlich gestellt. Ähnliche Kritik kommt ja auch immer wieder, wenn
mittels verschmierter Teilfingerabdrücke Menschen in die Mühlen der Justiz
geraten. Trotzdem schauen ja auch Richter CSI und das nicht nur jenseits des
großen Teichs. Und die halten solche Beweise oft genug für sogar noch
glaubwürdiger als die Aussage von Polizisten -- und das will etwas heißen.
In dubio pro reo? Schon, aber dann haben wir halt sicherheitshalber keine
Zweifel...

http://derstandard.at/2000014530382/

http://tvthek.orf.at/program/ZIB-2/1211/ZIB-2/9624561/Falsche-Haaranalysen-fuehrten-zu-Todesstrafen/9624853

http://www.washingtonpost.com/local/crime/fbi-overstated-forensic-hair-matches-in-nearly-all-criminal-trials-for-decades/2015/04/18/39c8d8c6-e515-11e4-b510-962fcfabc310_story.html
http://tinyurl.com/akin10CSI

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Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Berichte auf die
Online-Ausgaben der zitierten Medien. Zeitungsleser: -br-



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