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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. April 2015; 16:30
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Bücher:
> Der Mythus des tausendjährigen Reiches
Ernst Piper:
Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe.
Pantheon Verlag München 2007, 830 Seiten, 17,50 Euro
Zwölf Jahre hat der Autor an diesem Buch gearbeitet. Das Ergebnis kann
sich -- mit einigen Abstrichen -- sehen lassen. Die Person Rosenberg, des
"Hohepriesters" des Nationalsozialismus und ab 1941 Minister für die
besetzten Ostgebiete, rückt ebenso voll ins Bild wie das System der Nazis
selbst.
Rosenberg hat sich vor dem Nürnberger Internationalen Gerichtshof, der ihn
wegen seiner umgangreichen Verbrechen zum Tode verurteilte, aus der
Verantwortung zu stehlen versucht: er sei "nur" Schriftsteller gewesen habe,
von der Ermordung der Juden und JüdInnen habe er nix gewußt, schon gar nicht
daran mitgewirkt.
Tatsächlich war der Deutschbalte (im estischen Reval, heute Tallinn,
geboren) von der ersten Stunden bei den Nazis aktiv mit von der Partie. Nach
seiner Emigration (wegen der Oktoberrevolution) wirkte er bereits in den
Anfängen der Nazi-Bewegung in München. Er marschierte beim "Hitlerputsch"
mit, wurde u. a. Herausgeber des "Völkischen Beobachter", verfaßte den
"Mythus des 20.Jahrhunderts", eine Art "philosophische" Grundlage der
braunen Barberei. Er gehörte zum engsten Nazi-Zirkel -- auch wenn er bei
zentralen politischen Posten oft nicht zum Zug kam (er verfehlte u. a. das
Amt des Außenministers, nachdem er gierte). Als jedoch die Nazis den Krieg
gegen die Sowjetuninon vom Zaun brachen, stieg er zu Ministerwürden auf.
Rosenberg war nicht "nur" ein wüster rassenbiologischer Antisemit. Auf ihn
geht entscheidend die Konnotation "jüdisch-bolschewistisch" zurück -- etwa
in dem Machwerk aus dem Jahre 1922 "Pest in Rußland".
Er war ein wesentlicher ungeistiger Wegbereiter und Aktivist des
Nationalsozialismus -- so leitete er ebenfalls den "Kampfbund für deutsche
Kultur" und den für seine extremen Raubzüge berüchtigten "Einsatzstab
Reichsleiter Rosenberg". Daß er vor allem zur Feder Griff -- Hitler
bombardierte er laufend mit "Eingaben" -- und lange Zeit nicht zu
allerhöchsten politischen Weihen kam, lag an seiner persönlichen Statur: er
war ein schlechter, fader Redner (meistens las er vom Blatt), hatte wenig
praktisch-politischen Instinkt und glaubte bis zum bitteren Ende, daß es vor
allem "geistig aufzurüsten" gelte.
1941, nach dem Überfall auf die Sowjetuninon schlug für ihn die ganz große
Stunde. Er wurde Minister für die besetzten Ostgebiete, verfügte über einen
Riesenapparat und war voll involviert in alle Verbrechen -- bis hin zu
"Vernichtungaktionen".
Ernst Piper hat eine Unmenge Material zusammengetragen und analysiert. Er
schuf damit zweifelsohne ein Standardwerk über Hitlers Chefideologen. Und,
wie gesagt, er behandelt nicht nur die Person Rosenberg, sondern diese stets
im Wechselspiel mit dem NS-Gesamtsystem.
Dennoch seien einige kritische Bemerkungen gestattet. Gelegentlich geht
Piper zu sehr ins unwesentliche Detail, manche Passagen sind ungenügend: so
traten bereits 1936 Nazis in die Schuschnigg-Regierung ein und nicht erst im
Februar 1938 (S.297). Und wenn schon die Beziehung
Nietzsche-Nationalsozialismus/Rosenberg bemüht wird, dann sollte dies nicht
kursorisch erfolgen. Auch Heideggers fatale Rolle in der Nazizeit wird von
Piper nur ganz kurz behandelt.
Diese Kritik soll den Verdiensten des Buchs jedoch keinen Abbruch tun. Der
Autor hat Rosenberg nicht einfach als "halbgebildeten Schwadroneur" abgetan,
sondern sich der mehr als anstrengenden Mühe unterzogen, sich umfassend und
gründlich mit ihm auseinanderzusetzen. Wer an der Schlüsselrolle dieses
Nazideologen Interesse hat, wird um um Pipers Studie keinen Umweg machen
können.
*Hermann Dworczak*
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