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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. April 2015; 17:51
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Bücher:

> Der Slawe ist schuld!

Volksgruppenkonflikt in Kärnten: Die freiheitliche Landesregierung hat 2010
eine Historikerkommission aus der Taufe gehoben, die vor wahnwitzigen Thesen
und ekelhaften Denunziationen nicht zurückschreckt.

Der Kärntner Konsens feiert wieder einmal fröhliche Urständ. Feindbilder von
"gewaltbereiten Kärntner Slowenen", "linksextremen Nachkommen von
Partisanen" und einem "kommunistischen Diktator Tito" sind in Kärnten auch
im Jahr 2015 brandaktuell - zumindest, wenn es nach einer
Historikerkommission rund um den Direktor des Kärntner Landesarchivs,
Wilhelm Wadl, geht. Diese war 2010 von der freiheitlichen Landesregierung
zusammengetrommelt worden, um den Sprengstoffanschlägen in Kärnten während
der 1970er-Jahre auf den Grund zu gehen. In ihrem nun veröffentlichten
Bericht will die hochoffizielle Kommission endlich die Drahtzieher des
Volksgruppenkonflikts gefunden haben. Das Ergebnis fällt - für Kärntner
Verhältnisse wenig überraschend - einhellig aus: Schuld ist, wieder einmal,
der "Slawe". (Anm. akin: 2015 erschienen die Ergebnisse der Kommission als
Buch.)

"Jugoslawen wollten Kärnten destabilisieren"

Schenkt man dem Bericht Glauben, waren es eben jene "Slawen", die Kärnten in
den 1970er-Jahren in "bürgerkriegsähnliche Zustände" bomben wollten, um hier
letztlich ihren Traum von der "kommunistischen Revolution" zu verwirklichen.
Ein solcher Bombenanschlag galt etwa dem Partisanen-Denkmal in Bleiburg im
Herbst 1976. Diesen hätten die kärntner-slowenischen "Untergrundkämpfer"
durchgeführt, um ihn dann, sozusagen bequem, den Deutschkärntnern in die
Schuhe schieben und Tito einen Vorwand zum Einschreiten bieten zu können -
gesteuert wurde das Ganze vom jugoslawischen Geheimdienst UDBA, so der
Bericht. Die wirklichen Scharfmacher in der verfehlten Kärntner
Minderheitenpolitik saßen demnach also nicht in Klagenfurt, sondern in
Ljubljana und Maribor.

Ekelhafte Denunziationen

So einfach, so gut, so kärntnerisch. Typisch kärntnerisch auch der Zweck,
den das Buch nun erfüllt - ob von den Autoren beabsichtigt oder nicht, sei
erst einmal dahingestellt. Denn nicht nur leichtfertig, sondern ganz und
völlig fahrlässig wurden darin volle Namen von heute noch in Kärnten
lebenden und arbeitenden Kärntner Slowenen veröffentlicht, die die
Historikerkommission nur allzu gern mit den Anschlägen der 1970er-Jahre in
Verbindung bringen möchte. "Vermutungen werden dabei leichtfertig in den
Raum gestellt, wodurch Pauschalverdächtigungen entstehen, die stark an
Rufmord grenzen", stellt einer der Betroffenen, Valentin Inzko, empört fest.
Er wirft den Autoren vor, ihr Forschungsmaterial, allem voran Unterlagen der
Sicherheitsdirektion Kärnten und des jugoslawischen Geheimdienstes, für bare
Münze zu nehmen und in keiner Weise auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.
Ein Historiker, der die Zusammenarbeit mit der Kommission vorzeitig
beendete, stellt nun fest: "Der Bericht ist voll schwerwiegender
inhaltlicher Fehler, beruht weitgehend auf spekulativen Annahmen und
selektiven Quelleninterpretationen."

Auftraggeber FPK

Bedauerlich ist zudem die Tatsache, dass Kärntner Slowenen, Jugoslawen und
Kommunisten in diesem Buch zu einer "feindlichen Masse" vermischt werden,
die Kärnten an den Kragen wollen würden und für die Unterdrückung der in
Kärnten lebenden Slowenen zudem auch noch selbst verantwortlich seien. Kaum
bis keine Beachtung geschenkt wird hingegen dem rechtsextremen "Kärntner
Heimatdienst", kein Wort über die Nichteinhaltung des Artikels 7 im
Österreichischen Staatsvertrag, der den Kärntner Slowenen die nötigen
Minderheitenrechte gestatten sollte, keine Erwähnung der deutschnationalen
Pogrome während des Volksgruppenkonflikts, die viele Kärntner Slowenen wie
ein Echo Hitlers trafen. In Kärnten scheint nur eines festzustehen: "Der
Slawe wars". Auftraggeber des Berichtes war, wie bereits erwähnt, die
Freiheitliche Partei Kärnten. Damit ist nun eigentlich schon das Meiste
gesagt.
*Danijel Jamric, Unsere Zeitung*

Quelle: http://www.unsere-zeitung.at/2015/04/19/der-slawe-ist-schuld/

Link zur Buchveröffentlichung:
http://www.landesarchiv.ktn.gv.at/306624_DE-Sonderreihe-Titos_langer_Schatten



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