**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 15. April 2015; 17:25
**********************************************************

Xund/Glosse:

> Ein bisserl dreckiger

Über Rauchverbots- und EU-Kritik. Ein undifferenzierter Wutausbruch.

"Ich hoffe, wir werden zu einem friedfertigen Miteinander kommen." Also
sprach die SPÖ-Gesundheitsministerin. Aber wer mit wem? Was mich betrifft,
so wird es eher ein Ohneeinander. Ich werd wohl sicher nimmer friedfertige
Abende in Beisln verbringen, wenn das totale Rauchverbot kommt. Und es soll
kommen, noch viel brutaler als in anderen EU-Ländern, also auch für
Vereinslokale und Hotels und andere Ausweichmöglichkeiten. Das heißt: Ich
hab ab demnächst Beislverbot.

Das ist aber nicht nur mein Problem und es ist nicht nur für mich ein
Aufreger -- denn es trifft uns in unseren kulturellen Interessen. Und es ist
eine politische Geschichte -- damit werden nämlich diese ganzen kleinen
subversiven Beisln endgültig ruiniert. Es hat vielfältige Gründe, warum
schon in früheren Jahrhunderten Rauchverbote existierten, genauso wie
Kaffee-Verbote, denn anregende Genußmittel galten oftmals als subversiv.
Revolutionen und Aufstände wurden in so manchem Hinterzimmern bei Kaffee und
Tabak geplant. Und auch heute sind gerade diese kleine Tschochs Orte, wo
Menschen, die nicht der classe boboique angehören, sich bei Bier und
Zigaretten über ihre persönlichen Sorgen und auch die gesellschaftlichen
Mißstände ausauschen.

Die Bobos haben sich durchgesetzt, diese Sauberkeitsfanatiker, die
Gesundheitsapostel, die "Wie pflege ich meinen Gartenzwerg
richtig"-Fraktion -- das sind diese Leute, die von "sozialer Gerechtigkeit"
reden, aber der Meinung sind, daß Genuß etwas ist, was sich auf das Trinken
von 20-Euro-Brunello in rauchfreier Atmosphäre beschränkt. Und die Linke hat
da auch versagt. Wir haben dieses Thema den Rechtsextremen und den
Verschwörungstheoretikern überlassen -- das ist so wie mit der EU-Kritik, an
die man nicht mehr anstreifen wollte, weil man Angst hatte,
nationalistischen Gedankenguts geziehen zu werden. Um Marxens Willen, das
sind doch die Leute, die nicht schönsprechen tun, also die nicht gendern,
die statt dem "Standard" die "Krone" lesen und kein "Mag." vor dem Namen
führen! Und die schimpfen halt auf die EU und die rauchen.

Der Zeitgeist ist einfach viel zu sauber, ordentlich und brav -- und die
Linke geht da vorneweg. Es ist mit ein Grund, warum die extreme Rechte
derart Zulauf erhält, wenn die Linke, die ja früher so gern von sich
behauptet hat, für das Proletariat da zu sein, bei eben diesem heute dasteht
als Phalanx von Saubermännern und -frauen. Als politische Alternative können
die mittlerweile wenigen Linken in Sozialdemokratie und Grünpartei
genauswenig gesehen werden wie die außer- und möchtegernparlamentarische
Linke. Der ganze Schwachsinn, den die extreme Rechte und die
Verschwörungstheoretiker so verzapfen, wird vom Proletariat mit Genuß
gefressen, weil die Linke zu blöd ist, auf die "einfachen Leute" zu hören
und ihnen politische Angebote zu machen.

Wir, die Linken in diesem Land, sollten einfach wieder ein bisserl dreckiger
werden. Und uns gegen bobokratische Rauchverbote wehren.
*Bernhard Redl*

Radiobeitrag, noch grantiger: http://tinyurl.com/AKIN09WUT



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW