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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 18. März 2015; 15:42
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Griechenland:

Zwischen Cosco und Morgenröte

Über den Kampf der griechischen Hafenarbeiter
berichtet *Aug und Ohr* aus Athen.

Sehr instruktiv war ein Gespräch mit einem Genossen der SEK (Sozialistischen
Arbeiterpartei) in der von ihr betriebenen Marxistischen Buchhandlung
(Marxistikó Bibliopolío). Er berichtet über den Kampf der Cosco-Arbeiter im
Hafen von Piräus. Dort haben einerseits brutale chinesische Multis, wie
Cosco, die den Arbeitern sämtliche Rechte verweigern, das Sagen,
andererseits die Nazis. Ein Teil des Hafens wurde von Cosco aufgekauft,
wogegen die Arbeiter übrigens einen jahrelangen Kampf geführt hatten, in
einem anderen Teil des Hafens hatte die Goldene Morgendämmerung (XA) eine
faschistische Gewerkschaft aufgebaut.

Lezteres war verbunden mit dem mafiösen Erpresserprojekt, arbeitssuchende
Proletarier zu Klienten der Faschisten herabzuwürdigen, indem man ihnen, im
Auftrag der Reeder, extrem unterbezahlte Arbeit (2 Euro 30 die Stunde)
"anbot" - sofern sie sich als Gefolgsleute der XA erweisen würden.

Der Leiter der Hafenarbeitergewerkschaft bestätigte anläßlich einer
Kundgebung der Hafenarbeiter gegen die Privatisierungen der Häfen, daß nun,
aufgrund der Verhaftung der Kader der XA, auch die faschistischen Strukturen
im Hafen von Piräus zerfallen seien.

Aber die Arbeiter in dem von dem Großunternehmen der chinesischen
kapitalistischen Diktatur kontrollierten Teil des Hafens von Piräus waren
mit ihrer Initiative ganz alleingelassen. Sie mußten sich ihr Recht, eine
eigene Betriebsgewerkschaft zu gründen oder dass Überstunden bezahlt werden,
erst erkämpfen, und es gelang ihnen. Eine der paar großen "Erfolge" - um das
kapitalistische Wort zu verwenden - der Arbeiterkämpfe der letzten Monate,
von denen die deutschsprachige Linke bisher nur in geringem Ausmaß
informiert war.

Wie begann der Kampf? Am Anfang fand sich bloß eine Handvoll Arbeiter vor
dem Betriebsgelände ein, um zu protestieren, ohne jegliche Unterstützung,
berichtet der Genosse der SEK.

Aber bald fand sich dort die Sozialistische Arbeiterpartei ein (es hätte
auch eine andere Organisation sein können). Es gehört zu ihrem Programm, von
einem kämpfenden Betrieb zum anderen zu gehen um Kontakte, ein Netzwerk
herzustellen, von einer kämpfenden Betriebsgewerkschaft zur anderen zu gehen
und zu gemeinsamen Aktionen aufzurufen.

Die Arbeiter, zurecht grundsätzlich mißtrauisch, pflanzten sich vor ihnen
auf, die Abweisung schien den Genossen der trotzkistischen Gruppe anfangs
sogar bedrohlich zu sein, und sagten dezidiert: Hier wollen wir keine
Zeitungen!

Darauf hieß es von der Gruppe: Wir wollen einen Protestbrief an die
Firmenleitung schreiben, aber wir wissen nicht, wie wir das formulieren
sollen!

Die Genossen sprangen mit ihren Kenntnissen ein, zum Schluß enstand ein
Vertrauensverhältnis und die Arbeiter fragten, ob sie nicht so eine Zeitung
haben könnten. Und jeder nahm eine Zeitung und gab 2 Euro dafür.

Der Protest hatte "Erfolg"! Denn die Riesenfirma wußte genau, daß sie, wenn
sie den fundamentalen und selbstverständlichen Forderungen der Arbeiter
nicht nachgeben würde, ein großes Risiko einginge. Ein einziger Tag
Arbeitsniederlegung bedeutet in diesem sensiblen logistischen Bereich
Millionen und Abermillionen Verluste!

In diesem von einer chinesischen Oligarchenbande gekaperten Hafen kommen
jeden Tag Unmengen von Waren aus China an, die von dort nach ganz Europa
weiterbefördert werden. So hatten die Arbeiter mit Hilfe der
Arbeitersolidarität für kurze Zeit die brutale Riesenfirma in der Hand.

Letztere Bemerkung stammt von mir, aber alles Andere von dem Genossen der
Sozialistischen Arbeiterpartei, der es wohl nicht erfunden hat. Auch wenn er
es ausgeschmückt hätte, so wäre es immer noch ein taugliches Exempel oder
Modell dafür, wie man im Dienste der Arbeiterklasse vorzugehen hat, auch
wenn es vielleicht Bilderbuchcharakter zu haben scheint.

Und dies im Hafen von Piräus, dessen ehedem gänzlich durch die KKE geprägter
Bereich mit Hilfe von Cosco einerseits und der Goldenen Morgendämmerung
andererseits, einem Gespann besonderer Art, bereits völlig auf den Hund
gekommen war. ###



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