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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Februar 2015; 12:17
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Griechenland/EU/Kommentar:
> Tsipras muß scheitern
Ums Geld geht es nicht in der Griechenlandkrise. Die paar Euro, die der 
griechische Staat akut braucht, um nicht zahlungsunfähig zu werden, hat die 
Deutsche Bank in der Portokasse. Auch ein möglicher Wechselkursverlust des 
Euro ist genauso wie die drohende Deflation auf dem Binnenmarkt ziemlich 
unabhängig davon, wie es in Griechenland weitergeht. Umgekehrt ist auch 
klar: Eine ganze Volkswirtschaft ist "too big to fail". Also wird man das 
nicht zulassen können.
Es geht also (wie oft schon angesprochen) viel eher ums Prinzip, also die 
finanzpolitische Vorbildwirkung auf andere "Krisenstaaten". Und natürlich um 
den herrschaftlichen common sense des Neoliberalismus im 
Nach-Nachkriegseuropa.
Aber ist da nicht noch etwas? ORF-Moderatorin Ingrid Thurnher fragte am 
Sonntag mitten in einer lautstarken Diskussion bei "Im Zentrum": "Müssen wir 
uns nicht auch politisch auf eine ganz andere Landschaft in Europa 
einstellen?" Gemeint hatte sie das parteipolitisch. So richtig beantworten 
wollten gerade die anwesenden Vertreter von Sozialdemokratie und 
Christkonservativismus das nicht, sondern versuchten eher das Chaos der 
Debatte zu nutzen, um über etwas anderes zu reden. Doch genau um das geht es 
jetzt auch -- retrospektiv betrachtet wäre es den SPs und C-Parteien 
wahrscheinlich lieber, eine Koalition aus ihren EU-Parteifreunden hätte sich 
bockig gezeigt. Jetzt gilt es aber nicht nur, den Euro oder die EU als 
Gesamtprojekt zu retten, sondern vor allem die Vorherrschaft der beiden 
Großparteien in der ganzen Union. Faktisch gibt es heute noch immer in der 
EU soetwas wie eine große Koalition. Das Selbstverständnis, die EU unter 
"Schwarz" und "Rot" aufzuteilen, ist jetzt aber gefährdet. Bislang konnte 
man andere Parteien auf nationaler Ebene entweder an den Rand drängen oder 
als kleinen Koalitionspartner benutzen. Doch mit Syriza sieht das anders aus 
und weitere Parteien stehen nun ante portas der nationalen 
Regierungspaläste. Podemos kratzt an der Macht des eingespielten 
Zweiparteiensystems in Spanien und in UK könnte es bereits bei den Wahlen 
diesen Mai soweit sein, daß weder Torys noch Labour auch unter Zuhilfename 
der Liberaldemokraten eine Mehrheit zustande bringen.
Wenn Werner Faymann jetzt nett zu Tsipras war, dann könnte dahinter die 
klassische österreichische Umarmungspolitik der Sozialdemokratie stecken, 
Syriza quasi als Nachfolgerin der vernichteten PASOK in der großen 
SP-EU-Familie zu installieren. Wenn das aber mißlingt, ist klar, daß man 
Syriza keinen Erfolg gönnen darf, denn diese Vorbildwirkung auf 
parteipolitischer Ebene könnte das Ende des europäischen Zweiparteiensystems 
bedeuten.
Tsipras muß also scheitern, koste es, was es wolle; das dürfte in vielen 
Zentralen der beiden alten Machtparteien jetzt das Motto sein. Das sollte 
man nicht vergessen, wenn man sich die jetzigen Statements der europäischen 
Spitzenpolitiker anhört.
*Bernhard Redl*
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