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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Februar 2015; 12:49
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Bücher:
> Genaue Analyse und marxistischer Flirt
Hannes Hofbauer:
Die Diktatur des Kapitals.
Souveränitätsverlust im postdemokratischen Zeitalter.
Promedia Verlagsgesellschaft (Wien) 2014. 240 Seiten.
17,90 EUR, ISBN978-3-85371-376-1
Der Promedia Verlag veröffentlichte kürzlich ein Buch von Hannes Hofbauer 
mit dem Titel "Die Diktatur des Kapitals". Darin setzt sich der Autor 
kritisch mit der Aushöhlung der Demokratie durch die wachsende Macht der 
global agierenden Märkte auseinander.
Im ersten Kapitel gibt er einen Überblick über die Entwicklung des Begriffs 
der "Demokratie" sowie ihrer unterschiedlichen Interpretationen in der Zeit 
der Sklavenhaltergesellschaft im antiken Griechenland, im Europa des 19. 
Jahrhundert und schließlich die moderne Demokratie seit dem Zweiten 
Weltkrieg. Hofbauer verweist dabei auch auf die Kritik an der liberalen 
Demokratie durch sich als marxistisch verstehende Autoren wie Jaques 
Rancière oder Alain Badiou sowie auf deren Alternative des Kommunismus.
Der Hauptteil des Buches besteht in einer faktenreich untermauerten Kritik 
der liberalen Demokratie wie sie sich in den vergangenen Jahrzehnten in 
Europa und insbesondere der Europäischen Union herausgebildet hat. Hofbauer 
zeigt anhand einer Reihe von Fallbeispielen, wie sich die Banken und 
Konzerne unter dem Deckmantel des freien Marktes und der liberalen 
Demokratie Osteuropa nach der Wende 1989-91 unterwarfen und plünderten.
Ebenso arbeitet er heraus, wie die verschiedenen Abkommen und Verträge - wie 
z.B. die sogenannten "Investitionsschutzabkommen", der EU-Fiskalpakt, der 
"Europäische Stabilitätsmechanismus" oder neuerdings das zwischen EU und der 
USA geplante Freihandelsabkommen TTIP - alle nur zu einer extremen 
Machterweiterung der Banken und Konzerne führen. Die nationalen 
Regierungen - insbesondere in den wirtschaftlich schwächeren Ländern des 
Ostens oder des Südens - verkommen dabei immer mehr zu kolonialen 
Exekutionsorganen.
Für österreichische Leserinnen und Leser interessant ist auch Hofbauers 
kurzer Exkurs über den Zusammenbruch der Hypo Alpe Adria Bank. Diese Bank 
ist zu einem Symbol für den korrupten und bankrotten Kapitalismus geworden. 
Zuerst bezogen die Eigentümer und Aktionäre große Profite aus Ostgeschäften 
während die Bank gleichzeitig als Selbstbedienungsladen für die Kärntner 
Freiheitlichen und befreundete Geschäftemacher fungierte. Schließlich, als 
das Kartenhaus zusammenbrach, kam es zu einer für den Steuerzahler extrem 
kostspieligen Notverstaatlichung.
Ein anderes von Hofbauer behandeltes Fallbeispiel für die neoliberale 
Kolonialisierung der wirtschaftlich schwächeren Länder ist Zypern. Der Autor 
zeigt auf, wie die EU-Troika - ähnlich wie bei Griechenland - das Land mit 
allen erdenklichen Druckmitteln ausplünderte und erpreßte.
Im letzten Teil widmet sich Hofbauer den Schlußfolgerungen seiner Analyse. 
Er stellt zu Recht fest, daß die liberale Demokratie in Wirklichkeit immer 
mehr eine Diktatur des Kapitals darstellt und im Gegensatz zu einer 
tatsächlichen Volkssouveränität, der Mitbestimmung durch die einfache 
Bevölkerung, steht.
Sollte man eine Schwäche des Buches ausmachen, so würde ich darauf 
hinweisen, daß die empirisch reichlich fundierte Studie der neoliberalen 
Globalisierung nicht mit einer ähnlich klaren und scharfen theoretischen 
Fundierung einhergeht. Der Autor kokettiert zwar wiederholt mit der 
marxistischen Theorie, aber dieser Flirt mündet nicht in eine dauerhafte und 
innige Beziehung. Dieser Mangel sollte aber nicht allzusehr dem Autor 
angelastet werden, denn er spiegelt einen heute unter kritischen 
Intellektuellen allgemein vorherrschenden Zeitgeist auf ideologischer Ebene 
wieder. So haben sich die vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte auf der Ebene 
der Weltanschauung durch ein außergewöhnliches Voranschreiten des 
post-modernistischen Skeptizismus ausgezeichnet, der sich von einem 
eklektischen, von-der-Hand-in-den-Mund-lebenden Subjektivismus ernährt. 
Diese Entwicklung verkörpert eine Art ideologische Reflexion des im Verfall 
begriffenen Kapitalismus.
Dieser Mangel beeinträchtigt jedoch nicht den Wert des Buches als eine 
Bereicherung für jeden und jede, der sich ein genaueres, auf Fakten 
stützendes Wissen über das Voranschreiten der neoliberalen Globalisierung 
sowie die immer weiter ausartende Korruption und Verfall der liberalen 
Demokratie verschaffen möchte.
*Michael Pröbsting*
Homepage des Rezensenten: http://www.great-robbery-of-the-south.net/
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