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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 4. Februar 2015; 18:42
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Griechenland/EU/Medien
> Syriza-Erschlagzeilen
Deutschprachige Medien über Tsipras' Regierung
Die österreichische und deutsche Presse ist sich ziemlich einig: Tsipras ist
böse! Dennoch: Es gibt natürlich Unterschiede zwischen links und rechts,
zwischen Boulevard und Qualitätsmedien. Die "Tiroler Tageszeitung" und das
"Wirtschaftblatt" titelten unisono: "Griechischer Privatisierungsstopp
schlägt Anleger in die Flucht", der "Standard" hingegen brachte den
Zwischentitel: "Privatisierungsstopp schlägt Anleger in die Flucht" -- alle
drei schrieben da von der APA ab. Und die "Presse" meinte "Tsipras fährt
Griechenland gegen die Wand". Diese Medien machen sich also Sorgen um
Griechenlands Zukunft.
Die klassischen "liberalen" Medien Deutschlands hingegen schockt eher, daß
die neue Regierung sich nicht am Rußland-Boykott beteiligen will und titelt
dementsprechend: "Nach Moskau! Nach Moskau!" (FAZ) und "Putins Trojaner"
(Die Zeit). Und der "Spiegel" nannte in gewohnt seriös-bedächtiger Manier
auf seinem Cover Tsipras einen "Geisterfahrer" und "Europas Albtraum".
Angst vor Antisemitismus und ums Geld
Um Antisemitismus machen sich hingegen die tradititionell spießige "Welt"
("So judenfeindlich sind Tsipras und seine Leute") und die alternative "taz"
("Angst im Angesicht der Querfront") Sorgen.
Manche der zu diesen Headlines gehörigen Artikel sind durchaus
differenzierter (namentlich der Artikel in der taz), doch wer liest schon
längere Texte?
Mit ebensolchen will der Boulevard seine Leser nicht quälen und macht auf
nationale Ängste: "Tsipras' Wahlversprechen kosten uns 20 Milliarden: Das
sollen die Griechen alles kriegen!" heißt es bei der "Bild", während die
"Krone" ihre Headline noch dezent mit einem Fragezeichen versieht: "Wie viel
kostet uns der Wahlsieg von Tsipras?"
Daß es auch anders geht, beweist die "Jüdische Allgemeine", herausgegeben
vom Zentralrat der Juden in Deutschland -- sicher keine Publikation, der man
vorwerfen könnte, sie sei unsensibel bezüglich Antisemitismus. Diese titelte
mit einem Zitat des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Griechenland:
"Wir vertrauen Syriza". Im Interview zitiert die "Jüdische" Präsident Moses
Constantinis: "Es ist nicht nur meine Hoffnung, sondern ich glaube auch
wirklich daran, dass Syriza nicht nur die gute Zusammenarbeit, die es
zwischen Griechenland und Israel seit Jahrzehnten gibt, nicht gefährdet,
sondern vielleicht sogar stärkt. Wir sind auch zuversichtlich, dass Syriza
vielleicht einmal in der Lage sein wird, im Friedensprozess im Nahen Osten
eine positive Rolle zu spielen." Die "Welt" sorgt sich um Antisemitismus,
die "Jüdische Allgemeine" aber nicht? Seltsame Zeiten sind das!
Unterberger wird Feminist
Immerhin: Einen großartigen Erfolg hat Syriza schon zu verbuchen. Seit dem
Amtsantritt der neuen Regierung gibt sich Andreas Unterberger als Feministen
und Antifaschisten -- das soll Tsipras erst einer nachmachen! "Griechenland
neu: Antisemitisch und ohne weibliche Minister" titelte dieser auf
andreas-unterberger.at. Tja, wenns ums Kommunistenfressen geht, wird sogar
unser liebster Spießer fortschrittlich oder zumindest das, was er dafür
hält.
Gern, aber falsch zitiert
Aber ist zumindest die Antisemitismus-Kritik nicht gerechtfertigt? Hat nicht
der Chef der ANEL, Syrizas Koalitionspartner, erst kürzlich verlauten
lassen, Juden würden in Griechenland keine Steuern zahlen? Naja, Robert
Misik ist es zu verdanken, daß diese Geschichte aufgeklärt wurde.
Tatsächlich sagte ANEL-Chef Kammenos Folgendes: "Samaras beruft sich auf die
orthodoxe Kirche, aber seine Regierung hat die schärfsten Entscheidungen
gegen die griechische Kirche getroffen; die Feuerbestattung wurde erlaubt,
auch die Verpartnerung von Homosexuellen und die Steuerpflicht für die
orthodoxe Kirche eingeführt. Während Buddhisten, Juden und Muslime keine
Steuern zahlen müssen, muss die orthodoxe Kirche das und wird sich bald ihre
Klöster nicht mehr leisten können." Der Blogautor schreibt dazu auf
misik.at: "Das klingt jetzt nicht gerade so, dass mir der Typ sympathisch
wäre, ist aber doch etwas ganz anderes: Es ist nicht von Christen, Muslimen,
Juden etc. als Privatpersonen die Rede, sondern natürlich von den jeweiligen
Institutionen der verschiedenen Religionsgemeinschaften. ... Aber er sagt in
diesem Zitat schon definitiv etwas sehr anderes als die Behauptung, jüdische
Privatpersonen würden weniger Steuern zahlen müssen."
Dabei war das doch eine so schöne Behauptung, mit der man Syriza
fertigmachen kann! Schon blöd, daß sie nicht wahr ist.
-br-
Illustration:
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