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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 14. Jänner 2015; 15:48
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Termin: Demo gegen den Grazer Akademikerball: 17 Uhr, Graz, Südtirolerplatz

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Ganz rechts/Steiermark:

> Wenn Grazer Rechtsextreme einen Ball organisieren

Eine Information zu den VeranstalterInnen des sog. Akademikerballs in Graz
am 17.1.2015 von *Mayday Graz*

Zwei Wochen vor dem Wiener "Akademikerball" findet am 17.Jänner 2015 findet
im Grazer Congress erneut dessen gleichnamiges steirisches Pendant statt,
die Veranstaltung der deutschnationalen Burschenschaften und der
"Freiheitlichen Akademikerverbände". Was in Graz noch immer als
unpolitisches Tanzevent gilt, ist tatsächlich ein Treffen der rechtsextremen
Szene: Ballorganisatoren, die von "zur Landplage" gewordener "Kazeteska"
schreiben und vor "jüdischer Weltherrschaft" warnen, oder die eine
"Zersetzung des Volksbewusstseins" beklagen und Bezeichnungen wie "Krüppel"
und "Neger" nachtrauern.

Die VeranstalterInnen sind der "Grazer Korporationsring" (GKR), zu dem sich
mehrere Burschenschaften und Corps zusammengeschlossen haben, und die
"Freiheitlichen Akademikerverbände" (FAV), die Eigentümer des
"Aula"-Verlags, die als "Unterstützer" genannt werden.

BallorganisatorInnen als HüterInnen rechtsextremer Standpunkte

Die Geschichte der studentischen Korporationen ist untrennbar mit der
Entwicklung des legalen und illegalen Rechtsextremismus verbunden.
Ausschluss von Frauen, Elitenbewusstsein, eine strikte Hierarchie, die
Anerziehung autoritärer Denk- und Handlungsmuster sowie ein völkisches und
antisemitisches Weltbild sind seit dem 19. Jahrhundert zentral für das
burschenschaftliche Selbstverständnis und drängen bis heute die liberalen
Ideen völlig an den Rand.

Mehrere Verbindungen im Grazer GKR gehören sogar dem Rechtsaußen-Spektrum
des burschenschaftlichen Lagers an. So sind die Grazer Burschenschaften
Allemania, Germania, Arminia, Carniola, Frankonia und Cheruskia, die
allesamt im Ballkomitee 2015 vertreten sind, Mitgliedsbünde der
"Burschenschaftlichen Gemeinschaft".[1] Die BG repräsentiert innerhalb des
burschenschaftlichen Dachverbandes am konsequentesten rechtsextreme
Standpunkte und sieht sich dabei selbst als Hüterin der völkischen Werte. So
weigert sich die BG etwa bis heute, von Ostdeutschland zu sprechen, sondern
besteht auf der Bezeichnung "Mitteldeutschland ". In allen Konflikten der
letzten Jahre mit liberaleren Verbindungen, vor allem aus Deutschland,
vertrat die BG die Rechtsaußen-Positionen.

2012 veröffentlichte die BG die "Denkschrift aus den Reihen der
Burschenschaftlichen Gemeinschaft". Darin ist von drohendem "Volkstod" und
"Zersetzung des Volksbewusstseins" die Rede. Das Machwerk behauptet,
zwischen Männern und Frauen sowie zwischen "Rassen" bestünden Unterschiede
in Bezug auf Intelligenz und Charakter.

Den Zustand der deutschsprachigen Staaten beschreibt die Schrift der BG so:
"Das deutsche Volk ist auf der Straße zum Volkstod schon ein beträchtliches
Stück vorangeschritten. Gegen den drohenden Tod unseres deutschen Volkes
hilft nur eine Neuerweckung der geistigen Kräfte und das Wiederaufdecken
unserer Wesensart sowie eine Rückbesinnung auf die unserem Volk
wesenseigenen Wert- und Kulturvorstellungen. Neben der Verringerung der
Volkskraft durch fehlenden Nachwuchs und Überfremdung, durch Befürwortung
der Abtreibung und durch Zerstörung der Familie, erlebt das deutsche Volk
heute auch den Versuch des geistigen Völkermordes durch bewusste Zersetzung
des Volksbewusstseins. Wir Burschenschafter tragen mit Verantwortung, die
geistige und biologische Substanz des deutschen Volkes zu erhalten."

Mitverantwortlich für diese "Zersetzung" seien die "alliierten Kriegsgegner"
und ihre "deutsche[n] Helfershelfer", die "ihre vormalige Kriegspropaganda
zur Umerziehung des deutschen Volkes umwandelten". Die BG-Mitglieder
protestieren gegen "Intoleranz" gegenüber "althergebrachten Bezeichnungen"
wie "Neger, Zigeuner, Krüppel, schwachsinnig" und mahnen das Festhalten am
"volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff" ein. [2]

Diese Positionen tragen somit alle Burschenschaften mit, die der BG
angehören. Denn wie die Autoren der "Denkschrift" im Vorwort formulieren,
handelt es sich dabei um eine "programmatische Schrift zum Selbstverständnis
der Burschenschaftlichen Gemeinschaft", die den Mitgliedsbünden "als
Grundlage für die Unterrichtung der eigenen Mitglieder" dienen soll.[3]

Burschenschaftliches Treiben

Die burschenschaftlichen Buden in Graz waren in den letzten Jahren
Schauplatz von Vorträgen von PolitikerInnen der neonazistischen NPD und
anderer rechtsextremer Veranstaltungen. Die im Ballkomitee 2015 vertretene
Burschenschaft "Arminia" veröffentlicht ein Lied mit den Zeilen: "Herr
Bruder traut zur Rechten, so reiche mir die Hand, und deute mir die Farben,
an Deinem Burschenband./ So höre denn, ans Sterben mahnt Dich der schwarze
Rand. Du sollst den Tod nicht scheuen, fürs deutsche Vaterland!"

Aber auch zu den hiesigen Neonazis gab es Verbindungen: Als sich 2012
mehrere Neonazis und Rechtsextreme für den brutalen Überfall auf eine
Geburtstagsgesellschaft in einem Grazer Unilokal verantworten mussten,
wurden ein Burschenschafter und ein Ex-Burschenschafter dafür verurteilt.

KZ-Überlebende als "Landplage"

Rechtsextreme bis neonazistische Positionen finden sich auch bei den
"Freiheitlichen Akademikerverbänden", die den "Akademikerball" zusammen mit
dem GKR organisieren. Die FAV sind die Herausgeber der "Aula". Die "Aula"
gilt als zentrale Zeitschrift des rechtsextremen Lagers, in dem alle
Strömungen, von der FPÖ bis hin zum Neonazismus, vertreten sind. Anfangs
kamen in der Zeitung auch rechtskonservative Positionen zu Wort. Doch im
Laufe der 90er Jahre, als der damalige Chefredakteur wegen Holocaustleugnung
nach dem Verbotsgesetz verurteilt wurde und die "Aula" in Zusammenhang mit
den Ermittlungen um die Briefbomben[4] mediales und behördliches Interesse
erregte, reduzierte sich ihre Linie auf den rechtsextremen Rand. Die
AutorInnen kommen in der Regel aus dem deutschnationalen Verbindungsmilieu,
aber auch zahlreiche FPÖ-PolitikerInnen publizieren darin.

Die Artikel der "Aula" strotzen von Rassismus, offenem Antisemitismus und
geschichtsrevisionistischer Propaganda, in deren Zuge z.B. 2011 und 2013
KZ-Überlebende (in "Aula"-Diktion "Kazeteska") wörtlich als "Kriminelle" und
"Landplage" bezeichnet wurden. Die "Aula" wettert gegen MigrantInnen als
"Zivilokkupanten" und "asoziales, nicht integrierbares Gesindel". Der Grazer
Fred Ohenhen wurde 2010 als "netter Neger mit der Kokosnuss" beschrieben.
Erst 2014 veröffentlichte der Antisemit Friedrich Romig in der "Aula" einen
Artikel, in dem er Juden und Jüdinnen einen "unbändigen Willen zur
Weltherrschaft" und einen "Zug zur Gewalttätigkeit" andichtete und vor
"jüdischer Weltherrschaft" als dem "Antichrist" warnte.
(leicht gek.)

*

Kasten:

> Zitate aus der "Aula":

"Deutschland hingegen als das geopolitische Herz Europas mit einer
weitgehend gehirngewaschenen Bevölkerung . mit Medien, Bankhäusern, Politik
und Verwaltung fest in zionistischen Händen, könnte bei zionistischen Plänen
eine Rolle spielen. Schon versucht die zionistische Seite, letzte
Widerstandsnester in Europa zu beseitigen. Sollte dieses
gespenstische .Vorhaben eines Judenstaates in Deutschland Wirklichkeit
werden, wären die Deutschen die Palästinenser." (5/2010)

"Nach einigen Stunden Klamauk verschwand dann der nette Neger mit der
Kokusnuß." (über einen Schulworkshop von Fred Ohenhen; 6/2010)

"Ist die Befreiung von Gefangenen, die sich im Handumdrehen als Landplage
entlarven, Grund zum feiern? Doch kein noch so flüchtiger Gedanke an die
unschuldigen Opfer der Kazetler-Exzesse trübte die Stimmung, als die
Literatin Ruth Klüger gegen Gewalt und Rassismus das Wort ergriff." (6/2011)

"Dass ein Asiat kein Arier ist, sieht jeder ohne Nachweis. Für die DB steht
daher ein solcher nicht zur Debatte. Vielmehr geht es um das Prinzip der
deutschen Abstammung. Kann die DB glaubwürdig gegen Umvolkung und
Überfremdung auftreten, wenn sie allen Ausländern freien Eintritt einräumt?"
(8/2011)

"Als der Verfasser in der Aula über die verbrecherischen Umtriebe der zur
Landplage gewordenen Kazeteska berichtete, wurde er vom Präsidenten der
Israelitischen Kultusgemeinde Wien bei der Staatsanwaltschaft angezeigt."
(5/ 2013)

"Dank der laxen Gesetzgebung und der ausländerfreundlichen Abschiebepraxis,
die massiv von Brüsseler Bonzokraten, einheimischen Gutmenschen und linken
und liberalen Politikern unterstützt wird, nimmt die Zahl der illegalen
Fremden, der geduldeten Zivilokkupanten sowie der legal lebenden Ausländer
hierzulande von Jahr zu Jahr, von Monat zu Monat ständig zu." (5 2013)

"Die Landeshauptstadt [Bozen, Anm.] verkommt so zu einer Bettlerstadt, wo
sich illegale Ausländer, Drogenhändler, Schlägertrupps und andere dunkle
Gestalten herumtreiben. Wir sind kein Auffangbecken für asoziales, nicht
integrierbares Gesindel." (10/2013)

"Diesem levitischem Zug zur Disziplinierung und Gewalttätigkeit verdanken
Israel und die Juden ihre Weltstellung.[.] Der unbändige Wille zur
Weltherrschaft durch Umsturz bestehender Ordnung brachte zwei soziale
Phänomene hervor. Zum einen den engen Zusammenschluss der Juden
untereinander. Zum anderen die zunehmende Entfremdung zwischen den Juden und
ihren Wirtsvölkern [.] Wenn der Leser von Lorenz Jäger dann noch mit der
Kriegsschuld Roosevelts, den verräterischen Umtrieben eines Ernst Bloch, der
vorurteilsbeladenen Antisemitismusforschung von Wolfgang Benz, dem Hass von
Elias Canetti auf alles Gute und Schöne konfrontiert wird, dann kann er sich
eigentlich nur noch fragen: Was ist aus uns geworden? [.] Ist die jüdische
Weltherrschaft nur noch eine Frage der Zeit? [.] Lässt sich der Antichrist
noch aufhalten?" (3/2014)


Quelle:
https://maydaygraz.wordpress.com/texte-%C2%A0aussendungen/201401-wenn-grazer-rechtsextreme-einen-ball-organisieren/

[1] Webseite der BG
(www.burschenschaftliche-gemeinschaft.de/kontakt/bg-mitgliedsbuende.html)
[2] Alle Zitate aus: BG (Hg.), Denkschrift aus den Reihen der
Burschenschaftlichen Gemeinschaft in DB und DBÖ, Wien 2012.
[3] Vorwort zu: BG (Hg.), Denkschrift aus den Reihen der
Burschenschaftlichen Gemeinschaft in DB und DBÖ, Wien 2012.
[4] Zwischen 1993 und 1997 wurden in Österreich durch eine Serie rassistisch
und völkisch motivierter Bombenanschläge vier Menschen getötet und 15
Menschen z.T. schwer verletzt. 1999 wurde der Rechtsextremist Franz Fuchs
dafür zu lebenslanger Haft verurteilt.



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