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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 19. November 2014; 09:34
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Initiativen:

> Kaisergrufti-Demo mit ernstem Hintergrund

Die Monarchisten, die PARTEI und die Direkte Demokratie

"Wenn schon Hofburg, dann mit Hofburg" schallt es durch die Wiener
Innenstadt -- am 12.November, dem Jahrestag der Ausrufung der Republik
Österreich. Nicht ganz 40 Leute haben sich zur Demo für die Wiedereinführung
der Monarchie zusammengefunden -- allerdings nur eine Minderheit von ihnen
waren Monarchisten, die anderen waren zur Belustigung dort. 15 Mitglieder
der Partei DIE PARTEI waren gekommen, um sich die versprochenen
schwarz-gelben Gratisfahnen zu holen -- von den 20 zur Verfügung stehenden
Fahnen sind jetzt 8 im PARTEI-Pool und werden wohl bei einer der kommenden
Aktionen wieder auftauchen. Dazu kam noch ein Grüpperl Journalisten, die den
Zug begleiteten .

Blieben 16 Leute, die wirklich für die Wiedereinführung der Monarchie waren.
Deren Sprecher, Alexander Simec ("bitte mit einem Hatschek auf dem S, weil
es ist ein slowenischer Name") (1) von der Schwarzgelben Allianz (SGA) ist
ein sympathischer Mann, wie man sich eigentlich einen Monarchisten nicht
vorstellt. Offensichtlich fand er die "Unterstützung" der PARTEI, die auf
den Hofburg-Spruch mit ihrem Parteilied antwortete ("Wer hat uns alles
gegeben, die Partei, die Partei, die Partei"), durchaus nicht als störend --
schließlich war die Demo auf den ersten paar Metern, als die PARTEI noch
mitgegangen ist, dadurch doch ein wenig größer. Viel Augenzwinkern ist da
dabei, schließlich postete Simec am Tag der Demo auf Facebook auch noch den
Spruch: "Viva la restauracíon".

Viel Unterschied zur PARTEI scheint da nicht zu sein. Dennoch ist es der SGA
mit ihrer Forderung ernst. Auch das Absingen des "Gott erhalte" vor dem
Denkmal der Republik wirkte etwas skurril, war aber durchaus nicht dazu
gedacht gewesen, das unvermeidbare Grinsen der anwesenden Journalisten
hervorzurufen. Was sich Simec so vorstellt, ist eine Monarchie mit einem
Kaiser als "Vermittler", sagt er im Interview. Es ginge um "den Rückbau" der
Macht der Parteien und um eine Einführung einer direkten Demokratie. Was das
territorial heissen soll, bleibt da ein wenig unklar -- einerseits geht es
ihm um eine Wiedereinführung der Monarchie im jetzigen Österreich,
andererseits will er Triestiner Sezessionsbestrebungen unterstützen und ist
überzeugt, daß nach so einer Abspaltung Triest sicher wieder zu Österreich
wollte. Historisch ist Simec der Überzeugung, daß ohne die Zerschlagung der
Monarchie der Hitlerfaschismus nicht möglich gewesen wäre, während man den
ersten Weltkrieg nun wirklich nicht den Habsburgern anlasten könne.

"Es gibt in allen Parteien Monarchisten, allerdings kaum bei den
Abgeordneten", so Simec. Ein ausgesprochen schlechtes Verhältnis habe man
aber nur zur Strache-Partie, denn die "FPÖ wollte uns 2007 verbieten
lassen". Die SGA wolle aber selbst nicht Partei werden, sondern als Verein
ihre politischen Forderungen durchsetzen.

*

Kommentar

Es war sicher eine lustige Angelegenheit, diese Demo. Und alle
Nichtmonarchisten haben sehr gelacht. Tatsächlich ist die
Mobilisierungsfähigkeit des Grüppchens minimal. Ich gestehe, auf diese
Bewegung bin ich nur aufmerksam geworden, weil ich auf Facebook einfach mal
auch auf ein paar jenseitige Seiten klicken wollte. Um die Dataminer zu
verwirren, habe ich dort wahllos das Absurdeste, was ich finden konnte, mit
Likes versehen. Und so kam ich auf die SGA und bekam dort eine Einladung zu
dieser Demo. Dort findet man übrigens auch bisweilen Namen, die aus den
Adelsregistern bekannt sind wie etwa Palffy und Gudenus (nein, nicht John
oder Johann).

Politisch ist das Grüppchen trotzdem derzeit irrelevant und wird es auch in
Zukunft bleiben. Problematisch allerdings ist das Konzept hinter alldem, das
in anderer Form sehr wohl Anhänger finden könnte -- eine "direkte
Demokratie" mit an den Rand gedrängten Parteien unter einer starken
charismatischen Führerfigur; eine Idee, die wohl viele der heutigen
Wutbürger unterstützen würden.

Die Gefahr ist groß, daß im österreichischen Obrigkeitsdenken bei so einem
Modell nicht die Stärkung der Zivilgesellschaft herauskäme, sondern die
politische Debatte absterben und ein Führer angeben würde, was den nun gut
und richtig sei und gefälligst vom Volk bestätigt werden sollte. In der
Schweiz, die immer als Musterland der direkten Demokratie gesehen wird, gibt
es hingegen sehr wohl starke Parteien, dafür aber keine Einzelperson als
Staatsoberhaupt. Und das Schweizer Wahlvolk reagiert aus Tradition höchst
unwirsch, wenn man ihm von oben sagen will, was es abzustimmen hätte.

Ein Modell der direkten Demokratie ohne eine allgemeine Dehierarchisierung
und entsprechende Förderung der Zivilgesellschaft wäre in Österreich auch
unter Verzicht auf einen Monarchen problematisch -- schließlich ist ja ein
maßgeblicher Teil der Bevölkerung schon jetzt Krone-hörig (auch wenn das
heute nur eine Zeitung mit diesem Namen ist).
-br-

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akin-Radio: http://cba.fro.at/273557

(1) Sorry, Herr Simec, aber aus technischen Gründen können wir leider Ihr
Hatschek nicht reproduzieren.



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