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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 5. November 2014; 17:32
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Debatten:

> Zu Sexismus bei Nackt-Aktionen

Tierrechtsaktivist *Martin Balluch* vom "Verein gegen Tierfabriken" (VgT)
machte sich auf seinem Blog Gedanken darüber, wie mit dem Sexismusvorwurf in
Folge von Nacktaktionen umzugehen ist. Diese Frage mag zwar in der
Tierrechtsszene besonders relevant sein, da dieses Mittel dort sehr beliebt
ist, dennoch könnten sich auch andere Sparten des politischen Aktivismus
damit auseinandersetzen:

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Sind politische Nacktaktionen auf der Straße sexistisch? Zugegeben, in der
österreichischen Tierrechtsbewegung zumindest scheint das kaum ein Thema zu
sein, jedenfalls gab es dazu meines Wissens intern kaum Diskussionen. Ich
möchte nicht anregen, dass sich das ändern sollte, fast im Gegenteil, ich
möchte Verständnis dafür wecken, dass man auch in so heiklen Fragen mit
guten Gründen sehr verschiedener Ansicht sein kann, was zu mehr Toleranz
gegenüber anderen Meinungen führen könnte.

Beim VGT gibt es immer wieder einzelne Personen, die die Idee einer
Nacktaktion haben und diese im Rahmen des Vereins umsetzen. Unsere Aktionen
werden nicht top-down angeordnet. Der VGT möchte mehr eine Unterstützung für
AktivistInnen bieten, eigene Vorstellungen zu realisieren. Dabei gibt es
praktisch keine Beschränkungen, mit Ausnahme des KZ-Vergleichs und einer
Thematisierung des Schächtens, die jeweils politisch heikel sind und daher
nicht einfach so im Namen des VGT vorgebracht werden können. Deshalb gibt es
immer wieder Nacktaktionen "des VGT", auch wenn dazu kein breiter Konsens in
der Gruppe oder zwischen den VGT-Gruppen bestehen muss. Im Sommer 2014
wurden nackte Personen z.B. in Fleischtassen in ganz Österreich präsentiert.

Auf dem heurigen Tierrechtskongress gab es auch einen Workshop zur Frage von
Sexismus und Nacktaktionen. Die Diskrepanz beginnt dabei schon bei der
Definition, was Sexismus ist. Manche sehen den Begriff so, dass er jede
Diskriminierung eines Wesens nur aufgrund seines Geschlechts umfasst. Andere
wiederum empfinden Sexismus lediglich dort verwirklicht, wo er auf den
Machtverhältnissen einer menschlichen Gesellschaft beruht, d.h. Sexismus
kann es z.B. nur gegen Frauen geben.

Bei Diskussionen habe ich innerhalb des Lagers der AktivistInnen folgende
Positionen angetroffen:

- Aktionen, in deren Rahmen weibliche (menschliche) Körper nackt präsentiert
werden, seien immer sexistisch, weil sie das sexistische Rollenbild von
Frauen als Sexobjekten fördern oder sogar instrumentalisieren.

- Nackaktionen seien dann nicht sexistisch, wenn gleich viele Männer wie
Frauen daran teilnehmen, bzw. nicht mehr Frauen als Männer, weil die
Geschlechter dann gleich behandelt werden.

- Nacktaktionen werden sexistisch, wenn dabei nackte Frauen eine Opferrolle
einnehmen, z.B. als geschlachtete Delfine. Die Kombination von nackter Frau
und Opfer fördere das Rollenbild.

- Nacktaktionen seien nicht sexistisch, wenn keine sexuelle Komponente in
der Darstellung des nackten weiblichen Körpers mitschwingt, wenn er also
entsexualisiert ist. Das sei bei der Darstellung einer nackten Frau als
geschlachteter Delfin der Fall.

- Nacktaktionen seien nur sexistisch, wenn die Körper der nackten Menschen,
die daran teilnehmen, den gesellschaftlichen Schönheitsidealen entsprechen,
also keine korpulenteren oder älteren Personen dabei sind.

- Nacktaktionen seien immer dann nicht sexistisch sondern legitim, wenn sie
politischen Protest transportieren und die beteiligten Personen, egal
welchen Geschlechts, freiwillig und aus eigener Überzeugung auftreten. Unter
diesen Umständen könne die Nacktaktion auch durchaus sexuellen Charakter
haben, wie z.B. bei einem sich sexuell präsentierenden Pärchen unter dem
Motto "Liebe wärmt besser als Pelz".

Alle diese Positionen haben gute Argumente für sich, vertreten werden sie
jeweils von Männern und Frauen, die sich dazu Gedanken gemacht haben und
sich von Sexismus distanzieren. Mit welcher Berechtigung könnte man eine
dieser Ansichten verabsolutieren und die anderen 5 als diskriminierend aus
einer sozialen Bewegung ausschließen? Natürlich kann eine Gruppe innerhalb
der Tierrechtsbewegung eine dieser Positionen im Konsens übernehmen und sich
selbst daran binden. Aber anderen Gruppen, die das anders sehen, deren
Aktivitäten vorzuschreiben und sie deshalb z.B. von Kongressen oder
Veranstaltungen auszugrenzen, ließe sich das wirklich vertreten?

Der VGT distanziert sich von Sexismus, darin sind sich alle einig. Aber was
das im konkreten Anwendungsfall bedeutet, ist gar nicht so klar. Und das
gilt nicht nur für Sexismus, sondern auch für andere Diskriminierungsformen,
man denke z.B. an den Israel-Palästina Konflikt. Deshalb wäre es vielleicht
manchmal angebracht, den Positionen anderer MitstreiterInnen in einer
sozialen Bewegung mit ein bisschen mehr Toleranz zu begegnen. Niemand von
uns hat die Wahrheit gepachtet.
(gek.)


http://www.martinballuch.com/zu-sexismus-bei-nacktaktionen-ein-workshop-am-tierrechtskongress



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