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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 5. November 2014; 17:33
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Kommentierte Presseschau:

> NEOlogik

Die Junos, die Jugendorganisation der NEOS, macht schon wieder von sich
reden. Während vor kurzem die Mutterpartei auf Antrag der Junos die
Forderung nach der Legalisierung von Cannabis als Parteiforderung
akzeptieren mußte, kommt jetzt bei den Jung-NEOS wieder der ökonomische
Neoliberalismus zu Ehren. So lesen wir in einem "Presse"-Interview mit dem
frisch gebackenem Junos-Chef Douglas Hoyos, daß seine Organisation in ihrem
Programm doch ziemliche Hämmer festgelegt habe: "Etwa, dass der Vermieter
den Mieter jederzeit ohne Grund kündigen können soll, mit dreimonatiger
Vorlaufzeit. Angst, dass der Vermieter dann alle drei Monate Druck macht und
die Miete erhöht, hat Hoyos nicht. Im Gegenteil: Das Modell würde Mieten
günstiger machen, weil durch raschere Kündigungen mehr Wohnungen auf dem
Markt wären." Diese Logik teilt auch Hoyos: "Unbefristete Verträge sind hier
eine der größten Gefahren", zitiert ihn das Blatt..
Nachdem diese Aussage per Twitter heftig kritisiert wurde, mahnten die NEOS
ein, man möge doch nicht die NEOS mit den Junos vermengen. Nur: Der
Ex-JVPler, BWL-Student und Adelssproß Douglas Hoyos-Trauttmansdorff war bis
Mai dieses Jahres Sprecher der NÖ-Landesorganisation der Mutterpartei und
ist dort jetzt Finanzreferent. Als Junos-Chef folgt er Nikolaus Scherak
nach, der allerdings selbst die Nachfolge Hoyos als NÖ-Landessprecher
angetreten hat. Sprich: Die NEOS und die Junos haben sich derart selbst
miteinander vermengt, daß man Aussagen der Jugendorganisation sehr wohl als
NEOS-Aussagen ansehen darf.

http://diepresse.com/home/4585420

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> Eingesparter IHS-Chef

Ein Opfer des eigenen Sparwillens wurde jetzt Christian Keuschnigg, bislang
Chef des IHS. Der muß sich jetzt nämlich selbst einsparen, denn das
Kuratorium des "Instituts für höhere Studien" konnte sein Konzept der
Umgestaltung des Instituts aus Spargründen einfach nicht akzeptieren --
worauf Keuschnigg nach nur zwei Jahren im Amt den Hut nahm. Denn das IHS,
das zwar einstens als sozialwissenschaftliches Institut gegründet worden
war, in den letzten Jahren medial aber nur mehr als Kampforgan der
Austeritätspolitik wahrzunehmen war, sollte nach den Ideen des bisherigen
Chefs ganz spezielle Einsparungen im Personalbereich erfahren. Das liest
sich im "Kurier" so: "Die Abteilung Politik wäre abgeschafft, die Soziologie
abgespeckt worden - nicht, weil beide schlecht seien, sondern da man sich
auf die Kernkompetenz, die Wirtschaft, konzentrieren sollte, sagte der
Wissenschaftler. Das IHS müsse ein Exzellenzinstitut sein." Allerdings hatte
der Chef auch anderswo schon gespart, nämlich an seiner eigenen Präsenz: "In
Kritik geriet Keuschnigg auch, weil er wegen seines Lehrauftrags in St.
Gallen nur drei Tage pro Woche in Wien war. Dorthin wird der Professor für
Finanzen nun Vollzeit zurückkehren."

Auch darf Keuschnigg im Kurier seine Überzeugungen darstellen: "Mein Credo
ist die soziale Marktwirtschaft. Außerdem werde ich nichts vertreten, was
keine Grundlage in der akademischen Forschung hat". Und auch das Wort
"Subventionen" höre er nicht gern: "Das ist ein Preis für Gegenleistungen",
zitiert er das Blatt.

Ja, jetzt wissen wir wenigstens, daß Herr Keuschnigg weiß, was mit dem Wort
"Subventionen" gemeint ist -- auch wenn er das Wort nicht mag: Geld, daß die
öffentliche Hand für gesellschaftliche Leistungen bereitstellt. Und man
versteht, warum er das Wort nicht mit seinem Institut in Zusammenhang sehen
wollte -- weil Subventionen sind für ihn ja wohl ein Institut des
Kommunismus und sowas hätte er für sein Institut ja nie annehmen können...

http://kurier.at/wirtschaft/unternehmen/92.879.387

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> Nicht nach dem Geschmack Gaucks und Fischers

Zu links ist übrigens auch das deutsche Bundesland Thüringen -- zumindest,
wenn es nach dem in letzter Zeit etwas auffällig gewordenen deutschen
Bundespräsidenten geht. Joachim Gauck paßt es nämlich nicht, daß dort nach
den Wahlen im September über eine rot-rot-grüne Regierungsmehrheit
nachgedacht wird -- und damit ein Mitglied der Linken (die im Landtag nun
mehr Mandate als SPD und Grüne zusammen hat) auf dem Sessel des
Regierungschefs kommen könnte -- und die CDU, die seit der Wiedervereinigung
dieses Amt innegehabt hätte, in die Opposition müßte.

Gaucks lautstarke Einmischung in diese Frage wird aber auch im Mainstream
nicht immer goutiert. So kommentiert Florian Gathmann im "Spiegel": "Dass
Joachim Gauck mit der Linkspartei ein Problem hat und die Linke mit dem
Bundespräsidenten, ist bekannt. Und es überrascht niemanden beim Blick auf
die Biografie des Staatsoberhaupts und die Genese der Partei. Es ist auch
sein gutes Recht, dass Joachim Gauck weiterhin eine bestimmte Sicht auf die
Linke hat. Das steht jedem Bürger zu. Aber es steht dem Bürger Gauck nicht
zu, diese Meinung als Staatsoberhaupt öffentlich zu vertreten. ... Im
Schloss Bellevue tritt der Bürger hinter das Amt zurück, das hat Gauck rasch
gelernt. Vor allem, dass er überparteilich sein muss. So hat sich Gauck in
den gut zweieinhalb Jahren als Bundespräsident auch verhalten: Er ist ein
politisches Staatsoberhaupt, das sich in Debatten einmischt oder sie
anstößt: Flüchtlinge, Deutschlands Rolle in der Welt, Integration sind
wichtige Themen Gaucks. Nun übertritt er die Grenzen seines Amtes. Und noch
mehr: Er greift indirekt sogar in den Prozess der Regierungsbildung in
Thüringen ein, denn dort läuft zurzeit eine Befragung unter den
SPD-Mitgliedern: Die Sozialdemokraten im Freistaat müssen entscheiden, ob
sie ihrer Partei die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen und damit wohl
eine Regierung mit Linke und Grünen erlauben."

Diese Abstimmung ist mittlerweile gelaufen und ergab trotz (oder vielleicht
auch: wegen) Gauck eine saftige Mehrheit von fast 70% für rot-rot-grün --
und das, obwohl die SPD genauso wie bisher der CDU den Juniorpartner hätte
machen können. Aber offensichtlich will das dort kaum mehr wer.

Bei Diskussionen in den sozialen Netzwerken über Gaucks Verhaltn kam auch
immer wieder der Hinweis, daß doch Gauck maßgeblich von SPD und Grünen als
Bundespräsident aufs Schild gehoben worden war -- daß die das 2012 machten,
war schon damals als eher seltsam empfunden worden, jetzt aber erst recht.
Nur: Maßgebliche Meinungen der deutschen Bundesparteien der SPD und der
Grünen sehen in der Linken nach wie vor ein weitaus größeres Übel als die
CDU. Deutlich wurde das durch ein Statement in der "taz" über grüne
Koalitionsmöglichkeiten von Joschka Fischer, der als elder statesmen sich ja
kaum mehr ein Blatt vor den Mund nehmen muß: "Also ist jetzt die Frage
Schwarz-Grün, was ja in Hessen auf einem guten Weg scheint, oder
Rot-Rot-Grün, was jetzt in Thüringen ausgetestet werden soll. ... Ich bin
überzeugt davon, dass zum Beispiel bei einer Steuerpolitik mit der
Linkspartei und der SPD zusammen die Leute auch in Zukunft schreiend
davonrennen werden. Dasselbe gilt für die Außenpolitik. Wie soll das mit der
Linkspartei denn gehen?"

Und das kommt von einem Politiker, der früher selbst als Linksradikaler
verteufelt worden ist...

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/joachim-gauck-warnung-vor-bodo-ramelow-in-thueringen-a-1000583.html
KurzURL: http://tinyurl.com/akin24spon1

https://taz.de/!148732/

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> Ungarn: Zensur? Unnötig!

Ebenfalls fragt sich der "Spiegel", was denn aus den als Zensurgesetze
angesehenen Bestimmungen in Ungarn geworden ist, die 2010 in der ganzen EU
für Aufregung gesorgt hatten. Denn nach den formellen Protesten aus den
oberen Etagen der Miteuropäer veranlaßte die Orbán-Regierung zwar einige
Änderungen, doch die waren meist "eher kosmetischer Natur. So etwa gilt die
Pflicht zu ausgewogener Berichterstattung nicht mehr für Journalisten
privater Print- und Internetmedien, der Quellenschutz für Journalisten wurde
verbessert, Sanktionsmöglichkeiten im Falle einer 'Verletzung der
Privatsphäre' wurden abgeschwächt", faßt das Magazin die Zugeständnisse
Orbans zusammmen. Jedoch "Parallel zum Gesetz wurde 2010/2011 eine mächtige
staatliche
Medienaufsichtsbehörde gegründet, besetzt vor allem mit Orbán treuen
Funktionären. Zugleich musste ein Drittel der 3400 damals bei Radio,
Fernsehen und Nachrichtenagentur MTI Beschäftigten gehen -- unter den
Journalisten traf es vor allem die unabhängigen Köpfe."

Und wie sieht es heute aus? Der Spiegel interviewte einen Redakteur des
staatlichen Senders Duna TV (der lieber nicht namentlich genannt werden
wollte. "Ich gehe jeden Tag mit einem Gefühl der Beklemmung zur Arbeit.
Oben, auf der Ebene der Chefredakteure, erwarten sie von uns nicht mehr,
dass wir gute Journalisten sind. Wir sollen nur noch ausführen, was sie
vorgeben", beschreibt dieser die Stimmung im Sender. Und auf die Frage, ob
es Zensur gäbe, kommt die niederschmetternde Antwort: "Nicht direkt, denn
wir machen nichts Eigenständiges mehr, was anschließend zensiert werden
müsste. Sämtliche Entscheidungen über Inhalte werden oben getroffen. Eigene
Ideen, eigene Kreativität sind nicht mehr erwünscht."

http://www.spiegel.de/politik/ausland/ungarn-was-aus-dem-mediengesetz-von-victor-orban-wurde-a-996340.html
Kurz: http://tinyurl.com/akin24spon2

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Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Berichte auf die
Online-Ausgaben der zitierten Medien. Zeitungsleser: -br-



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