**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 22. Oktober 2014; 06:52
**********************************************************

Ukraine:

> Umdenken des Gedenkens

Eine Meldung des deutschsprachigenen Dienstes des staatlichen ukrainischen
Rundfunks vom 14.Oktober 2014: "Seit heute wird der Tag des Verteidigers der
Ukraine am 14. Oktober gefeiert. Solches Edikt hat der ukrainische Präsident
Petro Poroschenko erlassen. In diesem Dokument geht es um die Einrichtung
ein neues Datum vom Feiertag des Verteidigers der Ukraine am 14. Oktober und
auch um die Stornierung des Vaterlandsverteidigertages, den man früher am
23. Februar gefeiert hat."

Was in der offiziellen Verlautbarung des ukrainischen Präsidenten nicht
erwähnt wird: der 14. Oktober wurde bisher nur von den ukrainischen
Nationalisten und Rechtsextremisten (inoffiziell) gefeiert, weil es der
Jahrestag der Gründung der Ukrainischen Aufständischen Armee ist, die
gemeinsam mit den Truppen Nazideutschlands gegen die Rote Armee gekämpft und
auch Massaker an der polnischen Zivilbevölkerung verübt hat.

Der 23. Februar war in der Sowjetunion ursprünglich "Tag der Roten Armee".
In der Ukraine wurde er nach der Unabhängigkeit abgeschafft, aber 1999 als
nicht-arbeitsfreier Feiertag wieder eingeführt. Er wurde bisher als "Tag der
Vaterlandsverteidigung" und inoffziell als "Männertag" begangen.

Solche "Symbole" dienen sicherlich nicht einer nationalen Aussöhnung in der
Ukraine, sondern sind - gerade unmittelbar vor der Parlamentswahl am 26.
Oktober - ein klares Zeichen Poroschenkos an die ukrainischen Nationalisten
in der Westukraine - und ein Affront gegenüber der russisch-sprachigen
Minderheit.

***

Anmerkungen der Redaktion:

Die "Ukrainische Aufständischen Armee", die der Bewegung von
Nationalistenführer Stepan Bandera nahestand (es gab zwei verschiedene
Militärgruppierungen dieses Namens), dürfte am 14.Oktober 1942 nicht
wirklich so etwas wie einen Gründungsakt gehabt haben. Die Aufstellung einer
solchen Truppe war von Bandera schon früher geplant worden, tatsächlich
konnte die Mitglieder dieser Nationalistenarmee aber erst in der zweiten
Hälfte des Jahres 1943 rekrutiert werden. Das offizielle Gründungsdatum
wurde erst viel später von den Organisationsverantwortlichen festgelegt --
möglicherweise im Zusammenhang mit einem im orthodoxen resp. byzantinischen
Ritus wichtigen Marienfeiertag, der am 14.Oktober gefeiert wird.

Die Entscheidung über diesen Festtag ist auch im Lichte über die Debatte um
den Umgang mit der Person Banderas zu sehen. Am 22. Januar 2010 verlieh der
damalige ukrainische Präsident Wiktor Juschtschenko Bandera posthum den
Ehrentitel "Held der Ukraine". 2010 wurde vom damals neuen (und 2014
gestürzten) Präsidenten Wiktor Janukowytsch der entsprechende Erlaß
widerrufen.

Update: 26.10.: Obiger Kommentar erschien in der Druckausgabe gezeichnet
mit "Matthias Reichl" - mittlerweile hat uns Matthias auf das Mißverständnis
hingewiesen, daß er lediglich einen Kommentar von jemand anderem ungezeichnet
per eMail weitergeleitet hat. Seltsamkeiten des Internets: Leider ließ sich nicht
mehr feststellen, von wem der Kommentar wirklich war. Das Zitat aus dem
ukrainischen Radio ist aber auf alle Fälle korrekt und findet sich unter:
http://radioukr.com.ua/de/475/579731/



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW