**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 1. Oktober 2014; 14:46
**********************************************************
Wien/Tirol/Staatsgewalt:
> Polizisten lügen nicht...
... außer man kann das Gegenteil beweisen.
Mit dem Beantworten von parlamentarischen Anfragen tun sich die Ministerien
verständlicherweise meistens schwer. Besonders einsilbig zeigt sich da oft
das Innenministerium. So wurde auch die ausführliche Anfrage der Grünen
bezüglich der polizeilichen Tätigkeit bei der FPÖ-Ball-Demo sehr kryptisch
beantwortet.
"Es waren keine Polizistinnen und Polizisten in ziviler Kleidung im
'schwarzen' Block der Demonstrantinnen und Demonstranten im Einsatz." ist
die gemeinsame Antwort gleich auf die ersten vier Fragen. In denen ist
allerdings nichts von einem "schwarzen Block" zu lesen, sondern lediglich
vom "Block der DemonstrantInnen". Das Innenministerium umschifft so die
Antwort auf die ausführlichen Fragen nach zivilen Polizisten in der Demo.
Dennoch muß man das wohl glauben, denn wenn Sie das sagen, Frau
Mikl-Leitner, dann wird es wohl schon so stimmen. Wenn das Ihnen Ihre
Polizisten so versichern, kann man nicht daran zweifeln! Zivile Polizisten
in einer Demo? Noch dazu im "Schwarzen Block"? Wie kommen die Grünen
überhaupt auf sowas?
Auch wäre jener Polizist in Zivil, auf dessen Aussage hauptsächlich das
Urteil gegen Josef S. beruht hatte, laut Anfragebeantwortung gar nicht
festgenommen worden, sondern wäre nur zur Ausweisleistung aufgefordert
worden. Dieser hatte allerdings etwas anderes vor Gericht ausgesagt und
damit seine zeitweilige Absenz vom Geschehen begründet.
MIt der Aussage, er wäre gar nicht festgenommen worden, erübrigt sich dann
natürlich auch die Frage, warum er festgenommen worden wäre. Denn es hätte
ja nur zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder war der Beamte wegen zumindest
des Verdachts auf eine strafbare Handlung festgenommen worden; Oder er wäre
ohne ersichtlichen Grund arretiert worden -- was bedeutet hätte, daß es
anderen Leuten wohl auch so gegangen wäre.
Da er aber laut BMI gar nicht festgenommen worden wäre, kann in der
Anfragebeantwortung ruhig geschrieben werden: "Es sind keine Personen ohne
ersichtlichen Grund festgenommen oder deren Identität festgestellt worden."
Das ist nur logisch. Denn dafür, was der Beamte ausgesagt hatte, kann ja das
Innenministerium nichts. Allerdings beantwortet das die Frage immer noch
nicht, warum der Beamte überhaupt von seinen Kollegen angehalten worden war.
Dafür weiß die Ministerin aber ganz genau, daß dieser "zu keinem Zeitpunkt
vermummt" war. Auf die Frage, ob der Beamte vielleicht an irgendeiner
Straftat beteiligt gewesen wäre, kommt eine vollkommen klare Antwort:
"Nein."
Es ist schon schön, wenn eine Ministerin so ganz genau weiß, was jeder ihrer
Beamten zu jedem Zeitpunkt so tut.
Vorsicht vor der Kamera
In einem anderen Fall stellte sich jetzt heraus, daß Polizisten mitunter
fehlerhafte Erinnerungen haben. 2004 war ein Innsbrucker Fußballfan wegen
Widerstands und schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Das Gericht sah
es damals als erwiesen an, daß der Fan 2003 bei einer Auseinandersetzung im
Stadion einen Polizisten gegen eine Werbetafel gestoßen hätte. Dazu kam dann
eine Zivilklage des Polizisten, der auf diese Tat einen Bandscheibenvorfall
zurückführte, sowie Regressforderungen der Versicherunganstalt und
Prozeßkosten. Summe der Forderungen: 332.920 Euro. Der Fan hat mittlerweile
Privatkonkurs angemeldet.
Nur, so berichtet die Tiroler Tageszeitung (28.9.2014), tauchte Jahre später
ein Amateurvideo auf, das die gesamte Amtshandlung zeigte -- allerdings ohne
den behaupteten Vorfall. Das Gericht mußte zwar erst vom Oberlandesgericht
gezwungen werden, das Video als Beweismittel zu akzeptieren, sprach den Fan
aber jetzt frei. Allerdings: Ohne das Video war die Aussage des Polizisten
Grund genug gewesen, die bürgerliche Existenz des Beamtshandelten zu
zerstören. Das sollte Richter nachdenklich machen. Denn welcher Beschuldigte
hat schon das Glück, daß ein Video existiert, mit dem nachweisbar ist, das
man definitiv etwas nicht gemacht hat?
-br-
Quellen: http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXV/AB/AB_02113/index.shtml
oder kurz: http://tinyurl.com/akin20bmi
http://www.tt.com/panorama/verbrechen/9027179-91/polizist-gar-nicht-gest%C3%BCrzt-totale-wende-im-fall-um-wacker-fan.csp
oder kurz: http://tinyurl.com/akin20tirol
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW