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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 30. Juli 2014; 04:41
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Kommentierte Presseschau:
> Perverse Kriegslogik
Man redet nicht gerne darüber in Israel. Und offiziell gibt es sie auch gar
nicht. Oder vielleicht gab es sie einmal, aber mittlerweile ist sie
offiziell abgeschafft, obschon inoffiziell vielleicht doch noch wirkmächtig:
Die "Hannibal-Direktive" der israelischen Armee. Sie besagt, daß ein Soldat
niemals lebend in die Hände der Feinde gelangen dürfe, sondern von seinen
Kameraden getötet werden müßte, wenn eine Entführung anders nicht
verhinderbar wäre. Was wie eine abenteuerliche Propagandalüge der Hamas
klingt, ist mittlerweile gut dokumentiert -- und in einer Milizarmee wohl
auch nicht lange zu verheimlichen.
An diese Direktive erinnert nun "Der Spiegel" (21.Juli) anläßlich des
neuerlichen Gaza-Konflikts. Der Hintergrund der Direktive ist ein seltsames
Zusammenspiel aus humanitärer Grundhaltung und taktischem Kalkül. Denn im
Gegensatz zu vielen anderen Armeen muß der israelischen das Leben eines
jeden Soldaten viel wert sein -- der Staat garantiert jedem Soldaten, alles
zu unternehmen, um ihn im Falle einer Entführung wieder freizubekommen. Und
die israelische Öffentlichkeit -- es herrscht bis auf wenige Ausnahmen für
alle Männer und Frauen Wehrpflicht -- erwartet das auch. Genau dadurch aber
macht sich der Staat erpressbar. Denn mit einem oder einigen wenigen
gefangengenommenen Soldaten konnten in der Vergangenheit palästinensische
oder andere Gruppen manchmal hunderte von ihren eigenen Leuten in
israelischen Gefängnissen austauschen. Und deswegen ist es für den Staat
Israel natürlich bequemer, wenn ein Soldat bei einem Entführungsversuch ums
Leben kommt -- eine perverse Logik, die wohl nur in der Perversion des
Krieges möglich ist.
Spiegel: http://spon.de/aehDC
http://en.wikipedia.org/wiki/Hannibal_Directive
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> Ö-Unis forschen für US-Militär
Noch so eine Geschichte, über die man nicht gerne redet und die wie
Propaganda klingt -- diesmal aber in Österreich. Am 8. und 17.Juli
berichtete die "Wiener Zeitung", daß an hiesigen Universitäten und an der
Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Auftrag des US-Militärs geforscht
würde. Die meisten dieser von Unterabteilungen des Pentagons finanzierten
oder cofinanzierten Projekte sind Grundlagenforschungsarbeiten oder
zumindest im Dual-Use-Anwendungsbereich angesiedelt -- die Ergebnisse können
also nicht nur, aber auch für Militärs interessant sein. Ein Beispiel aus
der WZ: "Eine Vielzahl der in Österreich vom Pentagon finanzierten Projekte
fallen in den Bereich der Quantenforschung. Auch der Physiker Philip Walther
von der Uni Wien forscht in diesem Feld. Mit diesen 'Supercomputern' sollen
mathematische Rechnungen lösbar werden, an denen herkömmliche Computer
bisher scheitern. Etwa im Bereich der Kryptografie: Diese kann sowohl zur
Verschlüsselung als auch zum Ausforschen von Daten genutzt werden. Sie sind
deshalb nicht zuletzt für Geheimdienste wie die NSA interessant. Finanziert
werden die Projekte von der US-Luftwaffe, genauer gesagt dem dort
angesiedelten Forschungsprogramm, dem Air Force Defense Research Sciences
Programm."
Außerdem finanziert das US-Militär in den USA wie auch in anderen Ländern
Projekte, die zumindest auf den ersten Blick militärisch unnütz erscheinen:
5,4 Millionen Euro hat z.B. ein Genetiker für seine Brustkrebsforschung
erhalten. Die WZ zitiert dazu einen Vertreter des ÖAW: "In den USA wird
Forschung nicht nur durch das Wissenschaftsministerium finanziert, sondern
durch große Institutionen. Das US-Verteidigungsministerium hat nun einmal
das meiste Geld und sieht seine Rolle nicht nur darin, an Waffen zu
forschen, sondern gesamtgesellschaftlich."
Andere Forscher sind da skeptischer: Die Dual-Use-Forschung, wonach
militärische Forschung immer auch zivile Zwecke bedient und umgekehrt, sieht
Wolfgang Liebert, Leiter des Instituts für Sicherheits- und
Risikowissenschaften an der Boku, als Konzept, mit dem bewusst Grauzonen
geschaffen würden. Auch wenn die Forschungsergebnisse nicht direkt für
militärische Zwecke verwendet werden, müsse gesehen werden, dass sich die
Absichten der Forscher von jenen der Geldgeber unterscheiden, zitiert die WZ
Liebert.
Tja, das kommt heraus, wenn man die Unis auf Diät setzt und sagt, sie müßten
sich mehr über Drittmittel finanzieren...
http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/bildung/uni/643644_US-Militaer-laesst-an-Oesterreichs-Universitaeten-forschen.html
KurzURL: http://t.co/YmXUYiO0Ak
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> Schicke Mordinstrumente
Die modebewußte Dame von Welt möchte ihre Accessoires immer passend zu Kleid
und Tasche oder zumindest in eleganten Pastellfarben. So denkt zumindest
eine Firma in Österreich, die ihren KundInnenkreis um diese kaufkraftfähige
Schicht erweitern möchte: "Pistolen des österreichischen Produzenten Glock,
deren erster Zweck laut dem Unternehmen der Selbstverteidigung gilt, könnten
künftig auch eine Zusatzfunktion als Modestatement erhalten. In einer
E-Mail-Umfrage wollte der Schusswaffenhersteller von seinen Kunden wissen,
welche Farbvarianten sie für sich oder - im Falle eines Geschenks - für
weibliche Verwandte und Bekannte bevorzugen würden." Das berichtet "Der
Standard" am 21.Juli: "Zur Auswahl für die Farbe des Rahmens standen neben
Schwarz und Sniper-Grau auch Pink, Lila und das nach dem New Yorker
Schmuckunternehmen benannte Tiffany-Blau."
Einmal abgesehen davon, daß es etwas gruslig ist, Handfeuerwaffen zu einem
Lifestylegegenstand zu machen, könnte man diese scharfen Waffen aufgrund
ihrer Bunteheit wohl auch als Kinderspielzeug verkennen. Was umgekehrt
gefährlich werden kann -- spätestens, wenn der erste Polizist in Notwehr
schießt, weil er ein Kinderspielzeug für eine Tiffany-Glock hält, wird der
Waffenproduzent sich blöde Fragen stellen lassen müssen. Aber in Österreich
gilt Glock ja als wichtiger Arbeitgeber und daher würde sich der Shitstorm
selbst in einem solchen Falle in Grenzen haben halten und nicht die Schwelle
zur Geschäftschädigung erreichen.
http://derstandard.at/2000002854329
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> Apropos Polizisten
"Fehlt deinem Leben die Würze? Wir haben die Lösung!" Dieser Slogan,
zusammen mit dem Bild eines Pfeffersprays, ist zurzeit auf Autos und
Homepage der Polizei des Schweizer Kantons Schwyz zu sehen. Damit sucht die
Kantonspolizei nach Nachwuchs.
Der Slogan samt Sprühdosenbild dürfte seinen Zweck erfüllt haben, da es ja
wohl darum ging, große Aufmerksamkeit zu erregen. Allerdings eben nicht nur
positive. Die "Luzerner Zeitung" schreibt dazu: "Die Kampagne kommt
allerdings nicht überall gut an. In Diskussionen auf sozialen Medien wurde
etwa die Befürchtung laut, dass sich künftig nur noch 'Rambos' als
Polizeianwärter melden."
Nicht nur das: Dank dieser Kampagne gilt jetzt bei vielen Menschen im
gesamten deutschsprachigen Raum die Schwyzer Kantonspolizei wohl als
besonders durchgeknallt. Ob das auch ein erwünschter Effekt war?
http://www.luzernerzeitung.ch/art96,399884
Schwyzer Kantonspolizei: http://www.sz.ch/
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Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Berichte auf die
Online-Ausgaben der zitierten Medien. Zeitungsleser: -br-
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