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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. Juni 2014; 14:52
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Glosse/Wien/Antifa:

> Zurück in die Zwanziger?

Warum der Kampf gegen Homophobie auch antifaschistisch sein muss

Es ist gerade mal eine Woche verstrichen, seit dem sich fundamentalistische
Christ*innen und europäische Neofaschisten auf dem Stephansplatz beim
"Marsch für die Familie" ekelhafte Flyer in die Hand drückten. Aber auf der
Facebook-Seite "To Russia with Love" (Demoaufruf gegen Homophobie zum
Putinbesuch am 24.6.) hielt es offensichtlich ein*e Organisator*in für
notwendig, Antifaschist*innen und Angehörige des NOWKR-Bündnisses von der
Demo auszuladen 1). Während der Entstehung dieser Zeilen wurde das
betreffende Posting allerdings wieder gelöscht und es wurde eine
Gegendarstellung veröffentlicht.

Die Gegenkundgebung zur Regenbogenparade war bereits im Jahr 2013 mit sehr
bedenklichen Aussagen eines Martin Stiglmayr, damals stellvertretender
BZÖ-Obmann in Niederösterreich, aufgefallen. 200 Menschen protestierten
gegen den Aufmarsch. Diese bedrohte Stiglmayr in einer Brandrede, indem er
ihnen ihre Hinrichtung in islamistischen Ländern vor Augen führte. Die
Protestierenden sollten seinen Aussagen zu Folge doch froh sein, dass
Stiglmayr und sein Mob sie ließen wie sie seien. Sie sollten froh sein, dass
er sie AM LEBEN LASSE! 2)

Ebenso wurde damals ein sehr merkwürdiges Grußschreiben aus Frankreich
verlesen, dessen Tonfall sich deutlich an das Motto des
nationalkonservativen Blogs "Gates of Vienna" anlehnte, auf dem Wien als die
Stadt abgefeiert wird, in der zum ersten Mal die christlich-europäische
Tradition vor einem Islamismus gerettet worden sei. 3)

Beim diesjährigen "Marsch für die Familie" waren dann, als bedürften
Stiglmayrs Drohungen auch noch einer Verkörperung, Aktivisten der Bewegung
"Europäische Aktion" anwesend, sowie Rechtsradikale aus Ungarn und der
Slowakei. Man sollte meinen, dass das Schwenken einer Kruckenkreuzfahne (in
Österreich !!!) durch Angehörige einer Bewegung, die faschistische Schriften
(zB "Grundrisse einer faschistischen Rassenlehre" von Julius Evola) auf
ihrer Homepage veröffentlicht, selbst die Fundis beim "Marsch für die
Famile" störe.

Dem war nicht so, weshalb die Wiener Polizei es einmal mehr nicht für
notwendig hielt, hier einzuschreiten. Stattdessen verteilte sie lieber
Anzeigen an die auch heuer zahlreich erschienenen
GegenGegendemonstrant*innen (und zwar auch noch, als die Kundgebung bereits
zu Ende war 4) ).

Die Ereignisse beim "Marsch für die Familie" 2013 und 2014 sollten nun
eigentlich Anlass genug sein, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie
sich Homophobie im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gestaltet und
äußert, und woher sie kommt. Wem das aber immer noch nicht reicht, der/die
informiere sich über homophobe Morde und die Gesetzgebung / Rechtsprechung
in Russland oder beobachte die Facebook-Seite der Identitären Bewegung
Österreichs bzw. Wiens, wo immer wieder schwulenfeindliche Postings zu lesen
sind bzw. Hetero-Familien gegen den sogenannten "Gender-Wahn" in Stellung
gebracht werden.

Warum wir all diese Gruppierungen in einen Topf werfen, ist schnell erklärt.
Derzeit weht ein Wind durch unsere Städte, der versucht, ein Europa der
Völker gegen einen vermeintlichen US-amerikanischen Kulturimperialismus in
Stellung zu bringen. Ob in den Wahlkämpfen für die Wahlen zum
Europa-Parlament, in den nationalkonservativen Schriften des Anders Breivik,
in der Identitären Bewegung Frankreichs, Deutschlands, Österreichs,
Italiens, beim "Marsch für die Familie", in den Organisationstrukturen des
Vereins "Väter ohne Rechte" oder den Wiener Mahnwachen, überall werden
reaktionäre Werte betont, um die christlich-europäische Gesellschaft zu
retten, die angeblich kurz vor dem Untergang stehe.

Man bekennt sich neuerdings zu einer Vielfalt der Völker, stellt ebendiese
Völker unter dem Vorwand des Ethnopluralismus sogar unter eine Glasglocke,
und übergeht dabei Individuen.

Man behauptet, die Familie zu schützen und stellt sich als friedfertig da,
weil man die lesbischen und schwulen Kinder nicht auf der Stelle steinigen
lassen möchte. Die Freiheit des Willens anderer wird der eigenen Definition
von Natur - und der Erhaltung der Gesellschaft - untergeordnet.

Wenn ihr uns fragt: Wir finden das ist irgendwie soooo 1920. Europa der
Völker, starke Familie, um Himmels willen nicht der Gesellschaft (früher
hieß das eben Volkskörper) schaden - das stinkt nach Mussolini, Seipel und
Dolfuß. Russische Ideologen, wie der nationalbolschewistische Alexander
Dugin (auf den sich auch "unsere" Identitären freudig beziehen ["hat nen
cooleren Bart als Marx :D :D"] bilden "Heilige Allianzen" mit Strache, Le
Pen und Siderow; während verwirrte Mahnwächter wie Jürgen Elsässer Putin und
seine homophobe Politik unbefangen in Schutz nehmen.

Wir fassen zusammen: Der neue Faschismus steckt nicht (wie das vielleicht
damals sogar niemals jemand gesagt hat) im Antifaschismus, sondern er steckt
tief drin im guten, alten Europa. Und er ist homophob.

Mehr noch als dass, er macht virulente Homolobbies gemeinsam mit dem
"Kulturmarxismus" für den vermeintlichen Untergang der christlichen Kultur
in Europa verantwortlich. Früher hieß das Freikorps, Heimwehr,
Christlichsoziale - heute heißt das Reconquista, Heilige Allianz, Identitär,
REKOS.

Und selbstverständlich! äußern sich die alle legal, demokratisch,
gewaltverzichtend, friedensbewegt, pluralistisch, tolerant. Denn etwas
Anderes ist heute - nach dem Zweiten Weltkrieg, nach der SA, nach den
Pogromen - in einem von Allierten erkämpften, modernen Rechtsstaat nicht
mehr möglich. Der Aufruf zur Gewalt ist strafbar und wird geahndet.

Das geht so weit, dass es schon reicht, einer Organisation
Gewaltbereitschaft zu unterstellen, um sie als faschistisch in Verruf zu
bringen. Bevorzugt passiert das bei linken Organisationen, und es reicht
wenn sie großmäulig "Unseren Hass, den könnt ihr haben" affichieren.

Wir nehmen mal davon Abstand, und behaupten nicht, dass etwa die Besucher
oder Inhalte des "Marsches für die Familie" selbst gewaltbereit, und allein
deshalb faschistisch seien. Wir rufen dazu auf, deren Inhalte mit den
Inhalten von Faschisten des zweiten Jahrzehnts des zwanzigsten Jahrhunderts
zu vergleichen, und sich selber ein Bild zu machen.
-pc- (für die Junge Linke)

*

1) "Es ist uns wichtig klarzustellen, das wir nicht zusammen mit anderen
Gruppen wie NOWKR, Antifa oder ukrainischen Nationalisten demonstrieren
werden! Es soll ein friedlicher Marsch gegen die homophobe Gesetzgebung in
Russland und für Menschenrechte, Liebe und Akzeptanz werden!!!"
Nach den heftigen Protesten hieß es dann: "Wir möchte hier eine Klarstellung
abgeben: Diese Posting stammt von einer/mAktivistin/en der es nicht mit dem
Netzwerk abgesprochen hat, und ist NICHT Meinung des Netzwerkes 'To Russia
With Love Austria'. Deswegen wurde es auch nach ein paar Minuten wieder
gelöscht. Wir ENTSCHULDIGEN uns bei Allen die gedacht haben es ist Meinung
unseres Netzwerkes, Wir wollen und wollten niemals jemanden ausgrenzen oder
etwas unterstellen. Wir rufen zu einem friedlichen Marsch für
Menschenrechte, Liebe und Akzeptanz auf und hoffen auf Rege Beteiligung!"
(Facebook-Seite "To Russia with Love"
https://www.facebook.com/events/1432957723638164/ )
Am Abend des 23.6. entschied sich dann auch die HOSI zu einem Aufruf zur
Demo.

2) http://www.youtube.com/watch?v=7Zj2J8QQam8
"Freiheit bedeutet nicht, dass man tun kann, was man will, schon gar nicht
wenn es wider die Natur ist und die Gesellschaft zerstört." (...) Wir
bringen euch nicht um, wir lassen euch wie ihr seid. Im Unterschied zu
manchen islamistischen Ländern, dort werdet ihr nämlich umgebracht. Was ist
euer Dank dafür, dass wir euch Leben lassen?"

3) http://www.youtube.com/watch?v=gVDAtFLD8iY
"1683 wurde in Wien das Eindringen des Islam nach Europa aufgehalten.
Schreiben uns die französischen Freunde. Es war also in eurer schönen Stadt
Wien, dass unsere große und wertvolle, westliche und christliche
Zivilisation das erste Mal gerettet wurde. Eure Rolle im Jahr 2013 soll
nicht weniger bedeutend sein, in der Verteidigung der Familie, der Vernunft
und der ganzen österreichischen und europäischen Gesellschaft.

4)
http://www.sigimaurer.at/2014/06/wie-die-polizei-mit-nationalratsabgeordneten-und-demonstrant_innen-umgeht/



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