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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 11. Juni 2014; 15:25
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  Kommentierte Presseschau:
  
  > Einfach Europa
  
  Für den "Economist" (31.Mai) ist alles klar -- für das britische
  Wirtschaftsblatt gibt es im neuen EU-Parlament eigentlich nur zwei
  Fraktionen. "Diesmal scheinen sich die europäischen Führer einig: Die
  Europäische Union muss sich ändern, und zwar schnell. Nach den Europawahlen
  vom 22. bis 25. Mai, die den starken Anstieg der radikalen Parteien von der
  linken und der rechten sah, muß die Union mehr tun, um Wachstum und
  Beschäftigung zu fördern und stärker auf die Bürger achten." Denn: "Das
  Europäische Parlament, bisher eine Bastion des europäischen Föderalismus,
  ist dabei, der Brückenkopf für alle Arten von Anti-Europäer zu werden. Die
  schärfsten haben sich ungefähr auf etwa 100 von 751 Sitze verdoppelt. Im
  weiteren Sinne kontrollieren Anti-Establishment-Parteien fast ein Drittel
  des Parlaments. Neben der Siege der Euroskeptiker in Großbritannien und
  Frankreich gewann die antimigrantische Dänischen Volkspartei in Dänemark,
  kam die weit rechts stehende Jobbik in Ungarn auf den zweiten Platz und
  Deutschland hat seinen erste Neonazi-Europaabgeordneten."
  
  Sprich: Die wichtigste Unterscheidung ist für den Economist, ob eine Partei
  "pro-europäisch" oder "anti-europäisch" sei -- wobei letzteres gleichgesetzt
  wird mit "populistisch". Dabei erwähnt der Economist namentlich keine
  einzige linke Partei, listet aber zum Beispiel bei seiner
  Wahlergebnis-Graphik Griechenland als zu 39,5% "populistisch" gewählt habend
  auf -- das ist in etwa das Gesamtergebnis von Syriza, griechischer KP und
  Goldener Morgenröte zusammengenommen. So einfach kann die Welt sein -- oder
  zumindest "Europa".
  
  http://www.economist.com/news/europe/21603034-impact-rise-anti-establishment-parties-europe-and-abroad-eurosceptic-union
  Kurz: http://tinyurl.com/akin1514a
  
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  > Grillo, Farage und der ganze Rest?
  
  Allerdings ist tatsächlich in einigen EU-Ländern ein Trend zu beobachten,
  daß Parteien stark werden, bei denen man sich schwer tut, sie in gängige
  politische Muster einzuordnen. "Ist die Grillo-Bewegung rechts angekommen?"
  fragt "Telepolis" in einer Headline am 1.Juni. Denn wie so manche Fraktionen
  im EU-Parlament demnächst aussehen werden, ist noch immer nicht klar. "Es
  geht um das begehrte und mit zahlreichen finanziellen und organisatorischen
  Vorteilen verbundene Fraktionsstatut im Europäischen Parlament. Nötig sind
  25 Abgeordnete aus einem Viertel der Mitgliedsländer der EU. Vor allem bei
  den Formationen, die rechts von den europäischen Konservativen stehen,
  begann schon vor dem Wahltermin das Sondieren und jetzt geht es um
  praktische Kooperationsmodelle." Und deswegen traf sich Beppe Grillo mit
  Nigel Farage in Brüssel -- die Fünf-Sterne-Bewegung und die UKIP könnten die
  Basis für eine neue Fraktion bilden. Das Treffen der beiden zeige "wie
  schlecht die Linken die Fünf-Sterne-Bewegung verstanden haben". Und diese
  könnte noch weiter abdriften, denn rechts wäre nun nach Berlusconis
  Bedeutungsverlust viel Platz: "Grillo wurde schon lange von italienischen
  Medien als Berlusconi 2.0 bezeichnet und für sein Andocken an rechts hat er
  immerhin einige Voraussetzungen geschaffen So weigerte er sich auch nach den
  zahlreichen Schiffsunglücken mit vielen ertrunkenen Migranten beharrlich,
  sich zugunsten einer Lockerung der Flüchtlingsabwehrgesetze zu
  positionieren."
  
  In ein ähnliches Horn stößt Alexander U. Mathé am 4.Juni in der "Wiener
  Zeitung" unter dem Titel "Der Linke bei den Rechten". Zwar gebe es noch
  keine Einigung zwischen den beiden, doch wären die Gespräche laut Farages
  Umfeld gut verlaufen und Grillo hätte Farage attestiert, kein Rassist zu
  sein. Das Spannende daran: Eine Einigung könnte laut Mathé die explizit weit
  rechts stehenden Parteien schwer unter Druck setzen: "Sollte diese
  Verbindung tatsächlich Wirklichkeit werden, so wäre dies ein weiterer Erfolg
  auf Farages Siegeszug. Gleich nach der Wahl beobachtete man mit Spannung,
  welche Europakritiker eine solide Fraktion auf die Beine stellen können
  würden. Jene um Farages Ukip, oder jene die sich um Frankreichs
  rechtspopulistische Front National unter der Führung von Marine Le Pen
  schart, darunter die FPÖ. Dieses Match geht offenbar klar an Farage. Der
  Brite zieht eine Partei nach der anderen an, auf die die Konkurrenz
  eigentlich spekuliert hatte. Darunter beispielsweise die Schwedendemokraten
  oder die dänische Volkspartei."
  
  Telepolis: http://heise.de/-2213708
  
  WZ: http://www.wienerzeitung.at/635364
  
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  > D-Day-Frevlerin
  
  Margot Käßmann, Pfarrerin und ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen
  Kirche in Deutschland macht wieder von sich reden. Käßmann ist nicht
  unumstritten, sie agiere oft "moralisierend und populistisch" lautet der
  Vorwurf mancher Kritiker. Nunja, sie ist für staatstragende Protestanten
  schon wirklich ein Ärgernis, denn Friedensliebe ist zwar generell in
  christlichen Kirchen gern gesehen, aber ständig das Militär runterzumachen
  und überhaupt sogar durchaus gerechte Kriege nicht zu mögen, das geht dann
  doch zu weit. Und während alle anderen den Jahrestag des D-Day feiern, läßt
  sie über "Bild am Sonntag" verlauten: "Es kann keinen gerechten Krieg geben,
  nur gerechten Frieden. Als Gegenargument wird immer der Zweite Weltkrieg und
  die Befreiung von Hitler-Deutschland genannt. Aber selbst beim Zweiten
  Weltkrieg war es so, dass am Ende bei allen die Vernunft aussetzt. Da wurden
  Städte voller Flüchtlinge bombardiert oder die 'Wilhelm Gustloff' mit
  Tausenden von Flüchtlingen an Bord versenkt. Da wird auch für die, die den
  Krieg für Gutes wollen, der Krieg zur zerstörerischen Kraft." Also das kommt
  jetzt in Deutschland gar nicht gut, schließlich gibt es doch auf der Welt so
  viele kleine Hitlers, deren Länder man aus Gründen des Antifaschimus
  eigentlich niederbombardieren müßte. Noch dazu, weil man dazu natürlich auch
  die enstprechende Rüstungsindustrie braucht. Käßmann: "Es ist ein
  unhaltbarer Zustand, dass
  wir der drittgrößte Waffenexporteur der Welt sind. Wir können doch nicht die
  Kriege beklagen, die wir mit Waffen erst möglich machen". Diese evangelische
  Pfarrerin will doch tatsächlich Exportweltmeister Deutschland ruinieren. Das
  geht aber gar nicht!
  
  Das Bild-Interview ist nicht gratis online. Auszüge daraus finden sich
  unter:
  
  http://www.welt.de/article128848140
  
  http://www.focus.de/3906024
  
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  > Sehr österreichisch
  
  Eine sehr österreichische Lösung zeichnet sich in in der Debatte um das
  umstrittene Deserteursdenkmal in Goldegg. Der Obmann der Salzburger
  Gebietskrankenkasse (SGKK), Andreas Huss, "beobachtet seit langem die aus
  seiner Sicht 'unglaubliche Debatte' darüber, wo und ob nun in Goldegg ein
  Memorial für Mordopfer, die 1944 in der Region den Nazis und ihren
  Kriegstreibern zum Opfer fielen, aufgestellt werden soll" berichtet
  ORF-online am 30.Mai. Huss: "Wir stellen gern unseren Grund für die
  Gedenktafel zur Verfügung - solange es keinen geeigneteren Platz gibt. Die
  Sozialversicherung ist nach 1945 bewusst aufgebaut worden, um dem Entstehen
  totalitärer Regime durch eine breite soziale Absicherung entgegenzuwirken.
  Wir finden es deshalb wichtig, sich an diejenigen zu erinnern, die sich
  gegen das totalitäre NS-Regime aufgelehnt haben und diesem zum Opfer
  fielen." Die SGKK bietet nun für die Gedenktafel einen prominenten Platz auf
  ihrem Grund an, wo der beliebte Spazier- und Gehweg in Richtung Ortszentrum
  von Goldegg verläuft.
  
  Der Goldegger Bürgermeister Johann Fleißner (ÖVP) sagte dem ORF, er sei
  erfreut, dass die Gebietskrankenkasse dieses Angebot macht: "Ich begrüße das
  auch als mögliche Übergangslösung." Kein Wunder, denn nun kann man in der
  Goldegger Gemeinde die Debatte auf den St-Nimmerleinstag vertagen und
  braucht sich nimmer um diese ärgerliche Angelegenheit zu kümmern -- oder gar
  ein definitives politisches Statement abgeben. Denn in Österreich hält
  bekanntlich nichts so lange wie ein Provisorium.
  
  http://salzburg.orf.at/news/stories/2649955/
  
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  > Reiche für Faymann
  
  Alexander Purger liefert in seiner Kolumne "Purgertorium" (Salzburger
  Nachrichten, 7.Juni) eine ganz besondere Interpretation der Forderungen der
  SPÖ nach einer Reichensteuer. Er meint, bei einer vorgezogenen
  Nationalratswahl hätte Werner Faymann den Wahlsieg "schon in der Tasche".
  Warum? Purgers Argumentation ist von paradoxer Logik: "Je stärker die SPÖ
  war, desto eher ließ sie die ÖVP die Politik bestimmen. Je schwächer sie
  war, desto mehr wollte sie eigene, also SPÖ-Politik machen. Und da sie
  derzeit ganz besonders schwach ist, möchte sie gerade ganz, ganz besonders
  SPÖ-Politik machen." Da die Reichen nicht blöd seien und das durchschauten,
  würden sie wohl massiv die SPÖ im Wahlkampf unterstützen und Faymanns Partei
  an den Urnen wieder erfolgreich machen.
  
  Die ÖVP würde bei einer solchen Wahl leer ausgehen, nicht so aber die
  Grünen. Die würden ihre erfolgreiche Werbestrategien weiterverfolgen.
  Deshalb seien "die grünen Wahlkampfmanager gerade in ganz Österreich
  unterwegs, um alle verfügbaren Kätzchen- und Welpenfotos aufzukaufen. Damit
  die Politik nicht zu kurz kommt, werden diese allerdings mit knallharten
  Polit-Slogans wie 'Mei, so liab' und 'Voll süß' versehen werden."
  
  Ändern würde sich damit laut Purger in Österreich nichts. Lediglich Michael
  Spindelegger, "der nach dieser Wahl ja viel Tagesfreizeit haben dürfte"
  würde zum Sektionschef im neu errichteten "Steuerreformtermin-Ministerium"
  ernannt werden.
  
  http://www.salzburg.com/109594
  
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  > Polizei: Ermittlungen im Gang
  
  Das ORF-Lokalmagazin "Wien heute" berichtete am 6.Juni vom Prozeß gegen
  Josef S. und die Proteste dagegen. Bemerkenswerter Schlußsatz: "Die internen
  Ermittlungen über ihr eigenes Vorgehen bei den Gegendemonstrationen seien
  noch im Gang, heißt es von der Polizei."
  
  Sehr kryptisch, die Aussage! Im Gang im Wiener Polizeipräsidium steht
  wahrscheinlich der Altpapiercontainer, wo man die diesbezüglichen Akten
  deponiert hat, und man wartet wohl nur mehr auf die MA48.
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  Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Berichte auf die
  Online-Ausgaben der zitierten Medien. Zeitungsleser: -br-
  
  
  
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