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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 4. Juni 2014; 03:18
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Nach der EP-Wahl:

> Es kommt auf uns alle an!

Vorschlag für breite linke Zusammenarbeit

Diskussionsbeitrag des ehemaligen steirischen KPÖ-Vorsitzenden
*Franz Stephan Parteder*


Es ist bezeichnend, dass die fortschrittlichen Kräfte in Österreich
Diskussionen über eine verstärkte Zusammenarbeit immer nur im Zusammenhang
mit Wahlen führen. Dabei sollte für KommunistInnen und konsequente, in der
Tradition der Arbeiterbewegung stehende Kräfte das Antreten bei Wahlen nur
ein Bestandteil einer umfassenden Strategie sein. Wir kandidieren bei
Wahlen, um feststellen zu können, ob es uns gelungen ist, relevante Teile
der Bevölkerung von unseren Forderungen und Zielen zu überzeugen. An erster
Stelle steht unsere Arbeit an der Basis. In der heutigen Situation ist das
der Abwehrkampf gegen eine Welle von Sozialabbau und Privatisierungen, die
nicht zuletzt von der Europäischen Union (EU) verstärkt und beschleunigt
wird.

Politische Lyrik

Die Diskussion vor und vor allem nach der EU-Parlamentswahl in Österreich
zeigt das ganz deutlich. Aus der Tatsache, dass - bei sehr geringer
Wahlbeteiligung - die Liste "Europa anders" - österreichweit 2,1 Prozent der
gültigen Stimmen erreichen konnte (immerhin das relativ beste Ergebnis einer
von der KPÖ unterstützten Liste bei bundesweiten Wahlen seit 1962), ziehen
die bestimmenden Kräfte in der KPÖ-Bundespartei jetzt den Schluss, dass
damit eine bisher versperrte Tür aufgeschlossen worden wäre.

Man gerät geradezu ins Schwärmen und sieht Ansätze einer Neuen Linken, wo
der nüchterne Beobachter lediglich den Widerspruch zwischen übertriebenen
Erwartungen vor der Wahl und Versuchen der Selbstbestätigung nach der Wahl
sieht.

Diese Erklärung des KPÖ-Bundesausschusses vom 29. Mai 2014 könnte dereinst
im Museum der misslungenen politischen Lyrik ausgestellt werden, so
vorhersehbar sind die darin verwendeten Formulierungen und Vergleiche.

Leider stellt diese Erklärung aber auch einen Tiefpunkt der politischen
Analyse seitens der Bundes-KPÖ dar: Darin findet man kein Wort über die
Entwicklung der Kräfteverhältnisse auf EU-Ebene und in Österreich. Es gibt
keine Aktionsorientierung. Alles ist dem Versuch untergeordnet, aus "Europa
anders" eine Neue Linke zu entwickeln, in der die KPÖ - unausgesprochen -
aufgehen soll.

Eine neue Phase

Die steirische KPÖ hat das Wahlbündnis "Europa anders" und vor allem den
bisherigen EU-Parlamentsabgeordneten Marin Ehrenhauser kritisch unterstützt
und in Graz mit 4,08 % das beste Ergebnis aller Landeshauptstädte erzielt.
Diese Phase ist vorbei. Jetzt geht es darum, die eigene Position im
politischen und gesellschaftlichen Kräftefeld der Steiermark und Österreichs
zu bestimmen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen, die der Realität
entsprechen und nicht irgendwelche Wünsche ausdrücken.

Deshalb hat die KPÖ-Steiermark noch am Wahlabend Folgendes erklärt: "Die
EU-Parlamentswahl ist jetzt Geschichte. Die großen sozialen Probleme für die
Menschen bleiben. Die Bevölkerung in der Steiermark kann sich darauf
verlassen, dass die KPÖ in unserem Bundesland ihren eigenständigen Weg
weitergehen wird. Gleichzeitig will sie daran mitarbeiten, österreichweit
eine echte EU-kritische Kraft zu etablieren, die die Interessen der
arbeitenden Menschen in den Mittelpunkt stellt. Das achtbare Ergebnis der
Liste "EU-Stop" zeigt, dass es unklug ist, die Frage eines EU-Austritts
obskuren Listen und rechten Hetzern zu überlassen.

Im Jahr 2015 stehen in der Steiermark wichtige Entscheidungen an: Die
Gemeinderäte werden neu gewählt und im Herbst findet die Landtagswahl statt.
Die KPÖ Steiermark geht nun gestärkt in diese Wahlen, in denen sie sich als
verlässliche und soziale Kraft für jene Steirerinnen und Steirer einsetzen
möchte, auf die die EU-begeisterten Parteien längst vergessen haben."

Und es geht um viel: Auf EU-Ebene stehen dramatischere Entscheidungen als
über die Frage bevor, wer in den kommenden 5 Jahren den
EU-Kommissionspräsidenten geben wird. Und in Österreich führt die
Belastungspolitik zu Widersprüchen in und zwischen den herrschenden
Parteien. Das bedeutet eine höhere politische Labilität und sogar die
Möglichkeit von vorgezogenen Nationalratswahlen.

Die steirische KPÖ hat in den Aktionen gegen den Sozialabbau und vor allem
für die Abschaffung de unsozialen Regresses gezeigt, dass sie als
selbständige und bündnisfähige Kraft in der Lage ist, zum
Kristallisationspunkt verschiedener fortschrittlicher Kräfte zu werden.

Signale aufnehmen

Das genügt aber nicht. Es ist notwendig, Signale, die aus der Gewerkschaft
und von Teilen der SPÖ kommen, aufzunehmen und auch diesen Kräften ein
Angebot zu machen. Wenn die Vorsitzende der SJ, Julia Herr, im Interview mit
der Tageszeitung "Die Presse" davon spricht, dass die SPÖ, "wenn es so
weitergeht, bald nicht mehr ihre Partei" sei und sich auch vorstellen kann,
eine linke Alternative zu gründen, dann darf man diese Worte nicht auf die
Goldwaage legen. Sie zeigen aber - wie auch Aussagen der
Nationalratsabgeordneten Daniela Holzinger und von Gewerkschaftern; dass es
in der Sozialdemokratie rumort. Der Spagat zwischen realem Sozialabbau und
linken Plakatsprüchen ist anscheinend nicht ewig auszuhalten. In der
Steiermark ist dies alles noch durch die Auswirkungen der unsozialen
Reformpartnerschaft von SPÖ und ÖVP verschärft.

Die Kritik einiger Gruppen, die außerhalb der SPÖ stehen und sich meist in
der Tradition des Trotzkismus sehen, an der geringen Klassenbezogenheit des
Kurses der Bundes-KPÖ und des Wahlbündnisses "Europa anders" hat (auch wenn
man die politische Linie dieser Gruppen nicht teilt) ihre Berechtigung.

Und - wenn man den Versuch einer Neuformierung der fortschrittlichen
Bewegung in Österreich ernst nimmt - ist es auch angebracht, mit der
KPÖ-Abspaltung PdA zu reden, obwohl sich dort VertreterInnen eines sehr
engen Politikkonzeptes versammelt haben.

Was führt zusammen?

Uns muss es aber vor allem darum gehen, herauszufinden,welche Aktionen,
Forderungen und Vorschläge die fortschrittlichen Kräfte in unserem Land
zusammenführen und zu gemeinsamem Handeln bringen können.

Der Hypo-Alpe-Adria-Skandal bedeutet, dass die Staatsschuld Österreichs um
18 Milliarden Euro steigt. Gleichzeitig bedeutet das beschlossene
Doppelbudget des Bundes die Streichung von zahlreichen Sozialleistungen. Man
sollte überlegen, ob es möglich ist, eine "Plattform 25" auf Bundesebene ins
Leben zu rufen, in der die schon bestehenden Protestaktionen verschiedener
Berufsgruppen zusammengefasst werden können.

Dabei dürfte man keine Vorbedingungen stellen: Wenn jemand eine Politik
ablehnt, die Banken auf Kosten der Steuerzahler rettet, eine Politik, die
Vermögenssteuern verspricht, jedoch nicht einführt, die Menschen vor
Lampedusa ertrinken lässt und gleichzeitig die Unionsbürgerschaft an Reiche
verkauft, dann ist eine Zusammenarbeit möglich. Besonders wichtig ist dabei
eine prinzipielle Ablehnung des in aller Verschwiegenheit verhandelten
Freihandelsabkommens zwischen EU und USA, das die demokratischen Rechte
zugunsten der Konzerne noch weiter beschneiden will.

Diese Auseinandersetzung geht nämlich weiter, was bedeutet, dass es ohne
Druck von unten keine Lösung geben wird, die im Interesse der Bevölkerung
ist.

International gesehen wäre ein Rückgriff auf die Neutralitätspolitik
Österreichs dringend notwendig, um die Interessen unseres Landes zu schützen
und für eine Verhandlungslösung in der Auseinandersetzung rund um die
Ukraine einzutreten. Neutralität muss Vorrang haben - und zwar vor der
gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik der EU.

Mindestmaß an Vertrauen

Die schwerwiegenden Differenzen innerhalb der KPÖ und auch mit einigen
Personen und Gruppen, die für eine aktionsorientierte Zusammenarbeit in
Frage kommen, dürfen aber nicht verschwiegen werden. Wenn man weiterkommen
will, muss man ein Mindestmaß an Vertrauen und an inhaltlicher
Übereinstimmung erarbeiten.

Wichtigste Gemeinsamkeiten unterschiedlicher Gruppierungen in dieser
Bewegung müssten sein:

- das Eintreten gegen den Sozialabbau und gegen die Attacken auf die Rechte
der arbeitenden Menschen .

- Der Widerstand gegen die Politik der EU, die dazu beiträgt, dass das
Kräfteverhältnis immer weiter zugunsten der Großkonzerne verändert und die
Demokratie zurückgedrängt wird.

- Für das öffentliche Eigentum an Leistungen der Daseinsvorsorge und am
Bankenwesen.

- Das Eintreten gegen jegliche Diskriminierungen von Menschen wegen ihres
Geschlechtes, der Rasse und der sexuellen Orientierung.

- Gegen die Umweltzerstörung

- Für eine friedliche Lösung von internationalen Konflikten und die
Neutralität Österreichs.

Darüber hinaus sollten sich Gruppierungen, die in der Tradition der
Arbeiterbewegung stehen, auf Folgendes einigen können:

Als Marxistinnen und Marxisten treten sie für einen Bruch mit dem
kapitalistischen System in Richtung Sozialismus ein, wobei es
unterschiedliche Ansichten über die Formen und Etappen dieser Entwicklung
gibt, über die eine solidarische Diskussion geführt werden soll.

Als Fernziel streben sie eine klassenlose Gesellschaft an, in der die
Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und die Entfremdung aufgehoben
sind und ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur hergestellt wird.

Kein Wunschtraum

Ist das hier Skizzierte ein Wunschtraum, der um nichts realistischer ist als
die eingangs zitierte Erklärung des Bundesausschusses der KPÖ, der von einem
"linken oder progressiven gesellschaftlichen Bündnis mit diversem
kulturellen und sozialen Hintergrund sowie Interessenlagen" spricht und
dabei lediglich die zahlenmäßig kleine Gruppierung "Europa anders" meint?

Beispiele aus anderen Kontinenten, aber auch aus Europa zeigen, dass
derartige Bewegungen möglich sind. Eine zielgerichtete und massenverbundene
Politik kann zu Erfolgen führen, wenn sie ihre Verbindung mit der Welt der
Arbeit nicht verliert und wenn sie die Sprache der Mehrheit der Bevölkerung
spricht. Es geht darum, eine wirkliche und wirksame Aktion zu entwickeln,
die uns mit den großen Massen der Werktätigen verbindet.

Die gesellschaftliche Entwicklung stellt das auch in Österreich objektiv auf
die Tagesordnung. Es kommt darauf an, ob wir diesen Anforderungen auch
gerecht werden. Es kommt auf uns alle an. ###


(Der Autor betont, daß dies hier nur seine persönliche Meinung sei und
vorher mit niemandem abgesprochen, und bittet um Diskussion.)



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