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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 21. Mai 2014; 17:46
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> Salzburger N...

Blick nach rechts in der Mozartstadt

Die Zerstörung des Euthanasiedenkmals im Salzburger Mirabellgarten,
das an die Aktion T4 1941 erinnern soll, in deren Rahmen über 400
Personen nach Hartheim abtransportiert und dort ermordet worden sind,
ist nicht der erste und einzige erschütternde Gewaltakt gegen
antifaschistische Symbole. Die damals abtransportierten Personen waren
mehrheitlich Menschen mit körperlicher und/oder mentaler
Beeinträchtigung, als krank oder "volksschädlich" bezeichnete
Menschen, etwa Personen mit homosexueller Orientierung. Das
Euthanasiedenkmal wurde in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai zerstört.
Dort war der Treffpunkt der Anti-FPÖ-Demonstration am 14. Mai,
anlässlich einer Wahlkampfveranstaltung von H.C. Strache und Vilimsky.
Ein Zusammenhang der Zerstörung mit der Gesinnung breiter Teile der
FPÖ kann vermutet werden. Jedenfalls war es ein rechter Anschlag, eine
Gewalttat von Menschen, die mit antifaschistischer Haltung nicht
einverstanden sind. Die Empörung über diesen Gewaltakt brachte über
200 Menschen zum Mahnmal. Die Demonstration führte durch die Altstadt
vor den Stieglkeller, in dem die Wahlkampfveranstaltung der FPÖ
stattgefunden hatte und wurde ohne Zwischenfälle friedlich beendet.

Rechte Gewalt in Österreich nimmt zu und wird bedrohlicher. In der
Nacht 8./9. Mai wurde die Mauer der Gedenkstätte Mauthausen besprüht,
am Sonntag darauf empfanden viele Teilnehmer_innen der jährlichen
Befreiungsfeier die rechten Schmierereien als beklemmend. Es fand sich
dort der Satz "...ab ins Gas".....

Bis heute hat die Beschreibung Salzburgs durch Thomas Bernhard als
"katholisch-nationalsozialistisch" volle Gültigkeit. Am jüdischen
Friedhof in Salzburg wurden Gräber beschmiert, am Eingangstor der
Synagoge wurde der Davidstern gelb übermalt, ständig werden
Stolpersteine beschmiert, auch Büros von antifaschistischen
Organisationen wie etwa der ‚Aktion Kritischer Schüler_innen'. Das
Gebäude der HOSI Salzburg (Homosexuellen-Initiative) ist immer wieder
Angriffen ausgesetzt, so wird etwa bewußt gegen das Gebäude gepinkelt
oder es werden Farbkugeln gegen das Gebäude geschossen Gezeichnet
wurde die rechte Schmiererei mit C18, dem Kennzeichen der "blood and
honor" Bewegung, einer rechtsextremen Gruppierung..

In Salzburg wird die Aggression gegen die "Bettler_innen" immer
massiver. Ein Schlaflager der Roma/Romni in Schallmoos wurde
angezündet, ein Schlaflager unter der Staatsbrücke ist geräumt worden.
Am 10. Mai zogen etwa 10 "Glatzen" durch die Linzergasse, um gegen die
dort sitzenden "Bettler_innen" und für die Durchsetzung eines
Bettelverbotes zu demonstrieren, spontan fanden sich über 20
Antifaschist_innen ebenfalls ein. Seit Aufhebung des Bettelverbots
durch den Verfassungsgerichtshof 2012 wird in der Stadt Salzburg über
eine gesetzliche Regelung der Bettelei diskutiert, die
Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) lädt für zu einem Runden
Tisch ein, um für die "Bettelproblematik" eine "Lösung" zu finden. Die
Stimmung vieler Salzburger_innen ist gegen die "Bettler_innen"
gerichtet, es kommt zu verbaler Gewalt, die Menschen werden auch immer
wieder bespuckt. Dieses Verhalten ist in einem politischen Klima
möglich, das vor allem von der ÖVP gesellschaftsfähig gemacht wurde
und wird. Im Stichwahlkampf um den Salzburger Bürgermeistersessel
plakatierte der Spitzenkandidat der ÖVP Harald Preuner flächendeckend
in der Stadt feindselig gegen die "Bettelbanden".

Diese Grundhaltung der Feindseligkeit, der Intoleranz und des
Fremdenhasses schafft die Voraussetzung für Gewalt auf der Straße,
gegen Minderheiten. Das ist die politische Stimmung, die von der
sogenannten gemäßigten und salonfähigen politischen Mitte produziert
und mitproduziert wird.

In Eben im Pongau (2.300 Einwohner_innen) will das Land in einem
Gasthof etwa 40 Asylwerber_innen unterbringen. Am 18. Mai fand ein
Bürger_inneninformationsabend statt. Der Bürgermeister von Eben
Herbert Farmer (ÖVP) will das so nicht akzeptieren, Schützenhilfe
erhält er vom Bürgermeister Rupert Bergmüller (ÖVP) aus der
Nachbargemeinde Hüttau. Die Abendveranstaltung war extrem gut besucht,
die Bürger_innen von Eben nahmen sich kein Blatt vor den Mund. Unter
anderem war zu hören: "Unsere Frauen werden sich nicht mehr aus dem
Haus trauen" oder "Wenn ich Flüchtling wäre, ginge ich auch nach
Österreich, weil sich die Österreicher alles gefallen lassen" oder
etwa: "Die 40 bis 50 Leute, die da kommen, gründen eine Bande und
gehen einbrechen." Entschieden ist noch nichts, es wird Gespräche mit
dem Land geben.

Eine tiefsitzende Angst vor dem Fremden paart sich mit der Ablehnung
antimilitaristischer Gesinnung. Im Ort Goldegg, wo seit Jahren über
einen Platz für ein Deserteursdenkmal debattiert wird, wurden
seinerzeit die Deserteure von der Goldegger Bevölkerung großzügig
unterstützt und versteckt, es gab dort eine breite Deserteursbewegung.
Überraschenderweise stellte sich der Grünpolitiker Cyriak Schwaighofer
auf die Seite der Verzögerungstaktiker und forderte einen neuen
breiten Dialog ein, der Historiker Michael Mooslechner, der eine
umfassende Arbeit über die Widerstandsaktivitäten und die Deserteure
und ihre Unterstützer_innen verfasst hatte, wird schön langsam
ungeduldig. Die verantwortlichen Politiker_innen zieren sich.

Fremdenhass und Fremdenangst gehen Hand in Hand mit der Ablehnung
sexueller Orientierungen jenseits von Heterosexualität. Der Vorstoß
der SPÖ, den Diskriminierungsschutz auszudehnen blockt die ÖVP wieder
einmal ab. Homosexualität der Heterosexualität gleichzustellen kommt
für die ÖVP wie für Teile der katholischen Kirche nicht in Frage.
Weihbischof Laun hatte vor einigen Wochen auf der Internet-Seite
kath.net verlauten lassen, dass die Mißbrauchsgefahr bei
Regenbogenfamilien höher sei und der Frau ihr höchstes Ziel, die
Mutterschaft, genommen würde, Homosexualität sei daher als
frauenfeindlich zu betrachten.

Ein Staatsantifaschismus, der sich mit Desertion aus dem Naziheer
schwer tut, gewählte Volksvertreter_innen, die Fremdenangst schüren,
menschenverachtende Fremdengesetze verabschieden und Asylwerber_innen
als Bedrohung zeichnen, Verbreiter der Angst vor einer anderen
sexuellen Orientierung, sie schaffen ein Klima der Ablehnung und der
Furcht vor allem Andersartigen. Diese unselige Allianz bereitet den
Boden für rechte Gewalt auf. Die Goldhauben- und Lodenmantelfraktion
in Salzburg sorgt für die ideologische Unterfütterung.

Stefan Zweig musste natürlich eine Ehrung erhalten. Die Lösung fiel
den Herrschenden nicht schwer. Ein kaum zu entdeckender Trampelpfad,
unscheinbarer als ein kleiner Waldweg inmitten eines der mit Wald
bedeckten Stadtberge wurde als "Stefan-Zweig-Weg" benannt. Damit war
der Schuldigkeit Genüge getan. "Grüß Gott Salzburg", diesen Song von
Ludwig Hirsch empfehle ich allen Salzburger_innen, die mit offenen
Augen durch die Welt gehen möchten. Er handelt von der
Unbarmherzigkeit in einer Stadt, die über einen Erzbischof verfügt. Es
handelt von der Unmenschlichkeit einer herablassenden Bürgerschicht,
die alles verdammt und allein durch ihre Blicke andersdenkende
Menschen zu demütigen, die versuchen, ihr Anderssein nicht zu
verstecken. Es handelt von der Grausamkeit, mit der Menschen begegnet
wird, die für sich das Recht auf ein Leben in Würde beanspruchen.

Das sind weder gute Neuigkeiten noch rosige Aussichten, abgesehen
davon, dass wir das Potential haben, diese Welt durch unser Tun zu
verändern und nicht wissen können, ob unser Tun diese Welt nicht
verändern könnte.

*rosalia krenn, arge wdv & flüchtlingsbetreuung*



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