**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 23. April 2014; 10:55
**********************************************************

Kapitalismus/Analyse:

> Hypo Alpe Adria - Melkkuh des Geldkapitals

Zum Politskandal braucht man nicht mehr viel sagen. Sogar die
bourgeoisen Medien sind in letzter Zeit (natürlich nur auf ihre
bourgeoise Art) "kritisch" - was aber nur dazu dient, aufflammenden
Unmut abzufangen und die in geradezu penetranter Weise volksfeindliche
Regierungspolitik etwas abzufedern. Wunder ist das nicht, wird doch
seit der Verstaatlichung vor fünf Jahren nicht nur keine "Lösung" des
Desasters gesucht, geschweige denn gefunden, sondern die ganze Sache
systematisch verschleppt. Dies liegt nicht an irgendeinem "Versagen"
oder der "Unfähigkeit" oder "Freunderlwirtschaft" der Regierung, wie
die Straches oder Glawischnigs meinen, sondern banal daran, dass das
Geldkapital (das sind österreichische Banken und Versicherungen, sowie
internationale Finanzhaie aller Art), prächtig daran verdient. Wie
immer geht es auch hier um sehr handfeste ökonomische und finanzielle
Interessen. Seit Jahren kann ein "Investor" kaum irgendwo so hohe
Zinsen lukrieren, wie bei der Hypo Alpe Adria. Derzeit bringen die
Hypo-Anleihen Renditen bis zu 4,83% [1] - und das trotz der inzwischen
von der Regierung nochmals einzementierten Staatsgarantie[2]. Die Hypo
ist ein Bombengeschäft für das Geldkapital. Der Staat garantiert nicht
nur das Kapital, sondern auch die Zinsen. Er treibt den
"Finanzmärkten" die Hypo als Melkkuh zu und füttert diese, damit sie
auch verlässlich gemolken werden kann, mit jährlichen Geldspritzen in
Milliardenhöhe, jetzt gerade wieder mit 1,43 Mrd. €. Es ist leicht
begreiflich, dass es - geht es nach dem Interesse der "Märkte" - noch
Jahrzehnte so weiter gehen könnte und sollte. Bloß wird der vom Staat
zu deckende Verlust mit jedem Jahr größer, allein schon weil jedes
Jahr Zinsen auflaufen (2013 etwa 700 Mio. €), und das läppert sich
über die Jahre zusammen. Dazu kommen die horrenden Kosten ganzer
Horden von "Experten", die seit fünf Jahren zu keinem Ergebnis kommen
bzw. nur zu dem, dass es nichts Besseres gäbe, als die Hypo Alpe Adria
in dieser oder jener Form weiterhin am Leben bzw. am Zahlen zu halten.
Dieses Lumpenpack an "task force", "Konsulenten", Wirtschaftsprüfern
usw. hat bisher schon 300 Millionen Euro gekostet - und es kassiert
munter weiter.

Diese Politgroteske ist so skandalös und so offenkundig, die Lügerei
und Betrügerei der Politiker so dreist, dass inzwischen sogar die
bourgeoisen Medien Mühe haben, sich weiter auf die Räsonniererei der
"Experten" über das "kleinere Übel" einzulassen, und nicht mehr anders
können, als die ganze Geschichte auf die einfache Formel zu bringen:
"Der Staat rettet Kapital und Zinsen der Finanzinvestoren und lädt das
Desaster über das Steuersystem auf das Volk ab". Deshalb, wird
allerdings sofort ergänzt, sei ein weiteres "Sparpaket" wohl
unvermeidlich. Wenn man den Skandal schon nicht mehr beschönigen kann,
dann soll er wenigstens einen Nutzen haben, nämlich den, auf das Volk
einzuprügeln und es auf noch viel "magerere Jahre" vorzubereiten.

In der bourgeoisen Berichterstattung kommt das Volk immer nur als
"Steuerzahler" daher. Aber wer ist der "Steuerzahler"? Die 4 oder 12
oder 18 Milliarden (wer weiß das schon, wer weiß denn schon, wie lange
man die Melkkuh noch leben lassen kann oder ob man sie nicht doch
irgendwann notschlachten muss) werden keineswegs auf einen abstrakten
"Steuerzahler" abgewälzt, sondern über die Massensteuern
(Einkommensteuer sowie Mehrwert- und sonstige indirekte Steuern) auf
Arbeiterklasse und Volk, während die Kapitalprofite selbstverständlich
"steuergeschont" bleiben, oder gar weiter "entlastet" werden - der
internationalen Konkurrenzfähigkeit wegen, wie es heißt. Das wäre ja
auch noch schöner, wenn sie für ihre Zins- und Spekulationseinkünfte,
die sie (unter anderem) aus der Hypo ziehen, auch noch Steuern zahlen
sollten [3]! Der eine "Steuerzahler" wird noch mehr ausgeraubt, damit
der andere "Steuerzahler" sich so seinen Profit aufbessern kann.
Hinter dem "Steuerzahler" stecken zwei Klassen mit einander
entgegengesetzten Klasseninteressen.

So groß und berechtigt die Entrüstung über die politische Dimension
des Hypo-Debakels ist, sollte einen dies nicht hindern, hinter die in
den Medien bis zum Überdruss erörterten Kulissen zu schauen. Dann wird
nämlich ein ganzes System von staatlicher Profitsubventionierung
sichtbar und, wenn man genau schaut, hinter diesem wiederum das
kapitalistische Ausbeutungssystem selbst. Jahr für Jahr werden die
Profite des Kapitals vom Staat in immer größerem Umfang gestützt:
Senkung der "Lohnnebenkosten" (ein Dauerbrenner, der nichts anderes
ist als die Übernahmen von Lohnbestandteilen durch den Staat), Senkung
der Kapitalistensteuern, direkte Subventionierung der Profite...
Gegenüber den vielen Dutzenden Milliarden, die auf diese Weise Jahr
für Jahr von Arbeiterklasse und Volk zum Kapital gescheffelt werden,
nimmt sich die Hypo-Rettung (die aus psychologischen Gründen
"Abwicklung" genannt wird) direkt bescheiden aus.

Und das "Problem" der Kapitalisten wird immer drängender angesichts
der nicht und nicht enden wollenden Wirtschaftskrise und der Tatsache,
dass diese schon wieder mit der nächsten Finanzkrise schwanger geht.
Oder auch der völlig heruntergewirtschafteten Lage vieler Staaten Ost-
und Südosteuropas. Die Profitrate ist unter Druck und die
internationale Konkurrenz scharf.

Man darf sich durch das Hypo-Desaster nicht den Blick verstellen
lassen. Das nächste "Sparpaket" käme so oder so, mit oder ohne die
Hypo Alpe Adria, ganz unabhängig davon, was zuerst ein Haider und dann
nochmals ein Finanzminister Pröll angerichtet haben und wie sich
seither ein Faymann und ein Spindelegger in Sachen Hypo "bewähren".
Gelingt es nicht, die unausweichlichen Attacken der Bourgeoisie und
ihres Staates abzuwehren, von Attacken in Sachen Steuerplünderung,
Lohndrückerei, "Flexibilisierung" des Arbeitsrechts, Pensions-,
Gesundheits- und sonstiger "Reformen" bis hin zum Ausbau des
Polizeistaats, dann schaut es schlecht aus für die kommenden Jahre.
Der Hypo-Skandal zeigt viel auf über ein durch und durch verrottetes
System, mit dem wir es zu tun haben.

Selten tritt so deutlich hervor, dass Regierung und Staat dazu da
sind, den Kapitalisten ihre Profite zu sichern. Selten sieht man so
deutlich, wie verkommen alle diese Politiker und "Experten" sind.
Dennoch ist das "Management" des Hypo-Debakels trotz seiner
Größenordnung nur ein Puzzle-Stein im Klassenkrieg der Bourgeoisie
gegen Arbeiter/innenklasse und Volk.
(IA.RKP - Initiative für den Aufbau einer Revolutionär Kommunistischen
Partei / gek.)

*

[1] Diese Rendite von 4,83% galt am 24.3.2014 für eine dreijährige
Laufzeit (Fälligkeit 2017), für zwei Jahre lag die Rendite bei 4,65%
und sogar für ein Jahr noch bei 3,70%.

[2] Diese stand übrigens für die "Märkte" trotz allen Palaverns eines
Spindelegger und Konsorten nie in Frage. Das sieht man daran, dass die
"Märkte" niemals wirklich "ihr Vertrauen verloren haben", ihr
Vertrauen nämlich in die feste Haltung der österreichischen Staates,
die Interessen des internationalen Geldkapitals mit allen Mitteln zu
wahren. Das "Prüfen verschiedener Optionen", das kecke Rufen nach
einer "Mitbeteiligung der Gläubiger" war immer nur für die Medien und
ergo den dummen Staatsbürger bestimmt. Der Kurs dieser Anleihen, der
ja der wirkliche Gradmesser für das "Vertrauen" des Geldkapitals ist,
sank nie substanziell - und wenn er einmal fiel, bot dies nur eine
wunderbare Gelegenheit, jetzt erst recht günstig einzusteigen und sich
so auf Regierungskosten zu bereichern. Sie sind ja nicht blöd und Geiz
ist geil.

[3] Kapitalgesellschaften zahlen keine Kapitalertragssteuer, sondern
"optieren" statt dessen dafür, die kassierten Zinsen und
Spekulationsgewinne unter der Körperschaftssteuer (d.i. die
Einkommensteuer für Kapitalgesellschaften) zu versteuern. Der
KöSt-Satz liegt auf dem Papier bei 25%, in der Realität lag er aber in
den letzten Jahren stets unter 8,5% und je größer eine Firma ist,
desto weniger Steuern zahlt sie (Siemens Österreich z.B. zahlt fast
immer weniger als 1%).



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der
nichtkommerziellen Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd
muessen aber nicht wortidentisch mit den in der Papierausgabe
veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen mit
Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der
Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem
Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine anderweitige
Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als Abonnement
verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann den
akin-pd per formlosen Mail an akin.buero{AT}gmx.at abbestellen.

*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
a-1170 wien, Lobenhauerngasse 35/2
vox: ++43/1/535-62-00
(anrufbeantworter, unberechenbare buerozeiten)
http://akin.mediaweb.at
Blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
Facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
Mail: akin.redaktion{AT}gmx.at
Bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
Bank Austria, BLZ 12000,
223-102-976-00, Zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW