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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 23. April 2014; 11:08
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> Linke Debatten international
*Hermann Dworczak* war in Budapest und Brüssel
Vor dem Hintergrund des bedrohlichen Anstiegs der Extremen Rechten in 
Europa fand am 3.April in Budapest eine internationale Konferenz zu 
diesem Thema statt. 3 Tage nach der Konferenz schraubte sich die 
rechtsextreme und antisemitische Partei "Jobbik" bei den ungarischen 
Parlamentswahlen auf 21 Prozent der Stimmen.
Über 100 Personen nahmen an der Konferenz teil. Im Anschluss an die 
Tagung gab es eine Demo auf den Gellert-Hügel. Ort der Konferenz war 
der Kossuth-Klub, in dem sich auch die Sozialforumsbewegung schon 
mehrmals getroffen hat. Veranstaltet wurde die Tagung u. a. von 
"Alterersummit" und "Prague Spring 2". Die TagungsteilnehmerInnen 
kamen aus Ungarn, Polen, Tschechien, Russland, Griechenland, 
Frankreich, Deutschland, Belgien und Österreich.
Ein Höhepunkt der Konferenz war der Auftritt von Savvas Michael Matsas 
aus Griechenland, der nicht zuletzt durch eine breite internationale 
Solidaritäts-Kampagne in einem von der "Goldenen Morgenröte" 
angestachelten politischen Prozess freigesprochen wurde. Er schilderte 
die dramatische Situation die Lage in seinem Land. Ungarns 
Regierungschef Orban charakterisierte er wegen dessen Verbandelung mit 
"Jobbik" als "Samaras mit ungarischem Namen".
Es gab breite Übereinstimmng darueber, dass die internationale 
Kooperation der Bewegungen und Linken gegen die Extreme Rechte auf 
eine neue Stufe gehoben werden muss. Vorschläge in diese Richtung 
waren u.a.: der internationalen Solidarität mit dem Widerstand in 
Griechenland einen organisierten und permanenten Charakter zu geben 
(ähnlich der "Roten Hilfe" in den 20er und 30er Jahren); oder ein lang 
und gut vorbereiteter gesamteuropäischer Aktionstag gegen die Extreme 
Rechte: von Diskussionsveranstaltungen bis hin zu Soli-Demos.
Die Tagung endete mit einer Demo von 250 Personen zu dem 
antifaschistischen Mahnmal auf den Gellert-Hügel. Aus Österreich kamen 
9 TeilnehmerInnen.
Seminar in Brüssel zur Ukraine
Komplexe Fragen bedürfen einer umfassenden, differenzierten Antwort. 
Weder sind alle, die gegen das autoritäre und korrupte Janukowitsch- 
Regime auftraten, "Faschisten", noch kann die Gefahr von rechts in der 
Ukraine heruntergespielt werden. Und ebensowenig gibt es nicht den 
geringsten Anlaß, die neoimperialistischen Aspirationen von Putin & Co 
zu verdecken. Eine ausgezeichnete Konferenz am 27.Februar in Brüssel 
hatte all diese Fragen zum Thema.
Organisiert wurde das Seminar von der "Postglobalization Initiative" 
in Koordination mit dem "Institut for Globalization Studies und Social 
Movements"(IGSO), dem "Transnational Institute (TNI)" und der 
Europäischen Linkspartei. Die Tagung fand in den Räümlichketen des 
Europäischen Parlaments statt.
Selbstredend gab es -- mitunter beträchtliche -- unterschiedliche 
Sichtweisen und Gewichtungen. Erfreulicherweise schwang sich niemand 
zur Verteidigung von Janukowitsch auf, weil er -- wie eine der 
gängigen Apologievarianten lautet -- "unter den gegebenen Umständen 
das kleinere Übel gewesen wäre".
Die umfassendste Darstellung der historischen Entwicklung und der 
akuellen Situation erfolgte durch Volodymyr Ishchenko (Center for 
Society Research/Ukraine). Er charakterisierte den Inhalt der 
Janukowitsch-Regierung als eine "Politik gegen die Armen", schilderte 
die Phasen der breiten Volksbewegung gegen ihn und charakterisierte 
die jetzige "Übergangs-Regierung" treffend als "neoliberal mit stark 
nationalistischem Einschlag". In die gleiche Kerbe schlug Vasiliy 
Koltashov (IGSO/Rußland): "Die Janukowitsch-Regierung baute den 
Wohlfahrtsstaat und die Demokratie ab. Kein Wunder, daß dagegen ein 
Rebellion erfolgte".
Susan George (Attac/Frankreich) stellte die Ereignisse in der Ukraine 
in den internationalen Kontext der "Freihandelsabkommen" (das nicht 
unterzeichnete Assozierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU 
war ja bekanntlich einer der Auslöser der Proteste). Bei ihnen geht es 
"nur am Rande um Handelserleichterungen und Zollreduktionen, sondern 
vielmehr um "Investitionsfreiheit", Abbau von Regulierungen und 
Umweltschutzbestimmungen im Ineresse des Kapitals".
Andriy Manchuk vom Online-Magazin "Liva"/Ukraine schilderte in 
eindrücklichen Worten den wachsenden Einfluß der Extremen Rechten, 
ihre gewaltsamen Übergriffe auf Linke und warnte davor, daß sie nun 
auch in der Regierung vertreten ist.
Die zweite Session widmete sich der Frage, was zu tun sei, um die 
Krise zu lösen. Scharf wurde von allen TeilnehmerInnen, jegliche 
Schmälerung der Rechte der Russisch sprechenden Bevölkerung 
zurückgewiesen. Kai Ehlers (Deutschland) verwies auf die Notwendigkeit 
der Dezentralisierung des extrem zentralistisch aufgebauten 
ukrainischen Staats (so werden etwa die Gouverneure der 
Verwaltungseinhaiten nicht gewählt, sondern von der Regierung in Kiev 
bestimmt). Ehlers faßte auch eine weitgehende Föderalisierung des 
Landes aufbauend auf sechs "Regionen" ins Auge.
In meinem Beitrag legte ich dar, daß die Rebellion in der Ukraine 
gerechtfertigt war und verwies darauf, daß es in der Geschichte 
zahlreiche Beispiele dafür gibt, daß nach Volksaufständen, ja 
Revolutionen -- zumindest fürs erste -- v. a. die Rechte profitieren 
konnte: nach 1848 kam Napoleon III , nach der Pariser Commune die 
bürgerliche Reaktion, nach 1905 wurde die russische 
ArbeiterInnenbewegung weitgehend in den Untergrund gedrängt.
Alle Seminar-TeilnehmerInnen stimmten darin überein, daß sich die 
Linke heute in der Ukraine in einer sehr schwierigen Lage befindet. 
Daher wurde der Vorschlag entwickelt rasch eine Delegation zu 
entsenden, um direkten Kontakt mit den Bewegungen, Gewerkschaften, 
politischen Organsationen und Parteien der Linken aufzunehmen und auf 
dieser Basis eine breite Info- und Solidaritätskampgne aufzubauen.
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