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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. Februar 2014; 20:27
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EU/Wahl/KPÖ/Interview:

"Sehr optimistisch, daß das eine neue Qualität ist"

*Didi Zach* hat am 6.Februar namens der KPÖ gemeinsam mit einer
Vertreterin der Partei "Der Wandel" und einem "Piraten" das gemeinsame
EU-Wahlprojekt "Europa anders" vorgestellt. Bernhard Redl, der mit
Zach vor 27 Jahren schon Hörsäle besetzt hat, hat den Wiener
Landesvorsitzenden der KPÖ zu den Widersprüchen dieses Wahlprojekts,
aber auch den Zuständen in seiner Partei zum Gespräch gebeten.
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akin: "Europa anders" heißt ja nicht viel. Das ist inhaltlich ein
bißchen vage. Da treffen sich die eher sozialliberalen Parteien "Der
Wandel" und Piratenpartei und die immer noch antikapitalistische, also
systemkritische KPÖ. Wie paßt das zusammen?

Didi Zach: Menschen ändern sich, politische Organisationen ändern
sich. Die KPÖ hat sich ja auch in den letzten 20 Jahren verändert --
ich würde meinen: Zum Positiven. Und sozialliberal würde ich die Leute
vom Wandel nicht nennen oder beschreiben und auch nicht die Piraten
und Piratinnen, mit denen ich jetzt im Rahmen dieses Wahlprojekts viel
zu tun habe. Wobei: Die Piraten sind eine recht heterogene
Gruppierung. Zur Zeit gibt es ja erst verschiedene Entwürfe für das
gemeinsame Wahlprogramm. Das ist ein Prozeß und ich glaub wir sind
schon beim zehnten Entwurf. Da steht schon viel drinnen, was mir zwar
keine schlaflosen Nächte bereitet, wo ich mir aber denke, das ist
jetzt nicht gerade das Gelbe vom EI - das geht den anderen aber
vielleicht auch so.

akin: Das bisserl, was bekannt ist: Kritik an der Macht der Banken,
Datenschutz, Kritik, daß die EU nichts gegen die NSA-Aktivitäten tut,
ein soziales, demokratisches, ökologisches und friedliches Europa.
Menschenrechte etc. -- das klingt wie ein Wahlaufruf der Grünen. Wo
ist da der Unterschied?

DZ: Papier ist geduldig und ich glaub, die Sozialdemokraten werden
wieder ein schönes Wahlprogramm formulieren und im ORF schön reden,
aber sie sind für die Austeritäts- und Sozialabbaupolitik in ganz
Europa mitverantwortlich und die Grünen haben in Österreich auch dem
ESM zugestimmt. Das heißt, daß Österreich sich diesem
volkwirtschaftlich gesehen total irrsinnigen Regelungen mit
soundsoviel Staatsschuld und soundsoviel Prozent Neuverschuldung
unterwirft. Ich würde davon ausgehen, daß wir als Wahlallianz so etwas
nicht zustimmen würden.

akin: Die KPÖ war ja bislang mit ihren Wahlbündnissen nicht viel
erfolgreicher als allein. Auf EU-Ebene gab es 1996 die Kandidatur mit
der SLP und 2004 als Linke Liste. 2009 hat sie wieder alleine
kandidiert. Viel Unterschied war da nicht im Ergebnis. Ich fürchte,
das Ganze ist ein bisserl weniger als die Summe seiner Teile, weil
traditionelle KPÖ-Wähler sich fragen, ob man dem zustimmen soll, und
Piratenwähler sich vielleicht denken: Jössas, Kommunistische Partei,
kann man so etwas überhaupt wählen? Also: Bringts das so? Oder hängt
das mit der von EU-Mandatar Martin Ehrenhauser geschenkten Kandidatur
zusammen?

DZ: Geschenkte Kandidatur ist ein Blödsinn. Wir werden die 2600
Unterschriften sammeln, das ist vereinbart. Das begreifen wir schon
als Wahlkampfaktivität, wo wir unsere Positionen interessierten und
weniger interessierten Leuten darlegen wollen.
Wir haben letzte Woche in Wien eine erste öffentliche Veranstaltung
gehabt im Siebenstern, waren mehr als hundert Leute, die haben im
Veranstaltungssaal gar nicht Platz gehabt, und die haben dann im
Vorraum in Untergruppen debattiert. Und das war eine sehr solidarische
Diskussion, wo auch versucht worden ist das gemeinsame in den
Vordergrund zu rücken. es waren irrsinnig viele Leute, die ich meinem
Leben noch nicht gesehen habe. Ich bin da schon sehr optimistisch, daß
das eine neue Qualität ist und nicht vergleichbar mit dem, was wir
2004 oder 1996 gemacht haben.

akin: Ihr wollt das also ohne Unterschrift Ehrenhausers machen.
Trotzdem wird das Projekt von ihm unterstützt. Wie ist es zu dieser
Kooperation gekommen?

DZ: Ende Oktober, Anfang November ist von zwei Seiten ausgehend,
sowohl vom Wandel als auch von Leuten aus der Piratenpartei, die Idee
gekommen, wir müssen uns jetzt einmal zusammensetzen um über eine
Kooperation bei konkreten Fragen zu reden. Und da war es dann aber so,
daß recht schnell, so nach 2, 3 Sitzungen, die Frage aufgekommen ist,
wenn wir uns in sovielen Punkten relativ einig sind - die Terminologie
ist halt manchmal eine andere -: Warum überlegen wir nicht bei der
kommenden EU-Wahl ein Projekt zu machen. Da hats dann Gespräche in
kleineren Gruppen gegeben und Anfang Jänner war es soweit, daß ein
Kooperationsvertrag vorgelegt werden konnte, den man dann den
einzelnen Parteien zur Begutachtung vorlegen konnte. Und in diesem
Vertrag sind die Mechanismen dargelegt, wie dieses Werkl funktionieren
sollte, damit man sich nicht binnen kürzester Zeit zerstreitet. Da ist
eben dargelegt, daß es am 1.März einen Gründungskonvent geben soll und
daß auf den ersten zwei Listenplätzen Unabhängige von uns gewählt
werden. Da ist aber auch definiert, was so ganz grob die politische
Stoßrichtung sein soll. Das waren nur Schlagwörter, aber wir haben als
KPÖ das ohne Bedenken unterchreiben können, weil wir ja die
Diskussionen dazu im Hinterkopf hatten. Ein Beispiel: "Gegen die
Festung Europa" - daß tagtäglich Menschen im Mittelmeer ertrinken,
dagegen sind wir alle drei. Und das werden wir klipp und klar in
diesem Wahlkampf kundtun.

akin: Ich weiß, ihr mögt die Frage nicht, aber was für eine Rolle
spielt der Ehrenhauser in diesem Zusammenhang?

DZ: Das kann ich schon aufklären. Als wir versucht haben, mehr Leute
in diesen Prozeß einzubeziehen, war da so eine Art "Base Camp", wie
das neudeutsch heißt, und da war auch der Martin Ehrenhauser anwesend.
Und der hat dort erklärt, er finde dieses Projekt unterstützenswert
und er könne sich gut vorstellen, seine Unterschrift für eine
Kandidatur herzugeben. Und jetzt hat er sich hochoffiziell beworben
als Kandidat. Meine Stimme wird er bekommen, weil was ich aus den
Diskussionen mit ihm weiß, ist er ganz sicher - soweit ich das jetzt
überblicken kann - der beste Kandidat.

akin: Der Kandidat ist das eine, das andere ist das Parteiprogramm.
Ihr habt von den Piraten das Prinzip der "Liquid Democracy", also
salopp formuliert, Programmerstellung nach dem Wikipedia-Prinzip,
übernommen. Am 1.März soll das fertig sein. Und dann will man sich
überlegen: Wer ist der Spitzenkandidat oder die Kandidatin? Wir diese
Person danach ausgewählt, inwieweit sie sich mit dem Programm
identifizieren kann oder danach, wer am besten rüberkommt?

DZ: Also für die meisten Leute wird das eher eine "Sowohl-als-auch"
als eine "Entweder-Oder"-Frage sein. Meines Wissens gibt es etwa 10
Personen, die sich beworben haben für Platz 1 und 2. Und ich geh zu
100% davon aus, daß Personen nur gewählt werden, die sich im Großen
und Ganzen mit dem Programm, das da vorliegt, identifizieren.

akin: Naja, mehr als einer oder eine wird es wohl nicht werden und
selbst das ist extrem unwahrscheinlich. Da brauchst du ein Wunder.

DZ: Da widersprech ich dir! Wir haben bei der letzten Nationalratswahl
gemeinsam 90.000 Stimmen gemacht und wenn man davon ausgeht, daß die
Wahlbeteiligung etwa sein wird wie 2009, also bei 50%, wären 150.000
Stimmen höchtswahrscheinlich ausreichend für ein Mandat, also müßten
wir uns nichtmal verdoppeln. Also ich glaub nicht, daß das ein Wunder
wäre.

akin: Der mögliche Mandatar würde aber wohl seine Meinung vertreten
und nicht die der Plattform. Aber erwartet man von diesem zumindest,
daß er sich zwingend der Linksfraktion anschließt - oder könnte der
dann vielleicht auch zu den Liberalen gehen oder zu den Grünen?

DZ: Also über die Sache mit dem freien Mandat debattieren ja Linke
schon seit Jahrzehnten. Fakt ist, daß es das gibt. Und wenn, sagen wir
mal, die KPÖ-Gemeinderätin in Linz auf die Idee kommt, sie stimmt für
etwas ab, was die ganze Partei etwas anders sieht, dann hat man auch
keien andere Möglichkeit, als zu versuchen, sie zu überzeugen, daß das
ein Fehler war. Genauso wirds in dieser Wahlallianz auch sein.

akin: Nein, meine Frage zielt auf etwas anderes ab. Hat diese
Plattform die Idee, daß dieser mögliche Mandatar in der Linksfraktion
landen dürfte - oder ist das gar kein mehrheitlicher Konsens?

DZ: Wir werden sehen. Also die meisten KPÖler sehen diese Fragen
entspannt und relaxed. Man braucht nicht über die nichtgelegten Eier
streiten. Der Kandidat hätte ein freies Mandat, was auch in der
Kooperationsvereinbarung niedergeschrieben ist. Ich hoffe, der
Mandatar läßt sich von guten Argumenten überzeugen. Es gäbe dann auch
noch die Möglichkiet fraktionslos zu bleiben, da weiß ich aber vom
Martin Ehrenhauser, er hätte das jetzt einige Jahre praktiziert und
das ist nicht die optimale Lösung.
akin: Aber als Wähler stellt sich für mich schon die Frage: Was ist,
wenn ich für diese Plattform stimme und dann feststelle, scheiße, ich
hab für einen Liberalen gestimmt?

DZ (grinst): In Österreich ist es oft so, daß Menschen was wählen und
dann stellen sie überrascht fest, daß die Versprechungen nicht
eingehalten worden sind...
Ich würde sagen, gedulde dich noch ein bißchen, das würde ich auch den
potentiellen Wählerinnen und Wählern sagen. Ich kann mir gut
vorstellen, daß im April ode Mai dezidierte Aussagen kommen, zu
welcher Fraktion sich der Spitzenkandidat oder die -kandidatin
bekennen will, und daß auch dezidierte Aussagen zu anderen wichtigen
Fragen kommen werden.

akin: Die Haltung der KPÖ zur EU ist ja genausowenig wie in der
deutschen Linkspartei einheitlich. Und diese Auseinandersetzungen
beziehen sich in der KPÖ ja nicht nur auf die EU-Wahl, sondern sind ja
sehr allgemeiner Natur. Franz Parteder von der steirischen KPÖ hat ja
jüngst in einer Rede gemeint, Kritik innerhalb der EU sei schon auch
wichtig und speziell jetzt wegen des EU-US-Freihandelsabkommens. Und
meint: "Deshalb setzen wir in der Steiermark dem entstehenden
Wahlbündnis von Bundes-KPÖ, Piratenpartei und dem linksliberalen
EU-Parlamentarier Martin Ehrenhauser für die EU-Wahl keinen Widerstand
entgegen. Wir hätten uns aber eine Bewegung gewünscht, die vor den
Verbotstafeln nicht haltmacht, die von den Mächtigen in der EU und in
Österreich aufgestellt werden. Für die steirische KPÖ ist der Austritt
aus EU und Euro nämlich kein Tabu."
Jetzt frage ich: Siehst du den Moloch EU prinzipiell für erhaltenswert
an oder siehst du die Kandidatur einfach als Akzeptanz des derzeit
Unvermeidbaren?

DZ: Also ich glaub, Konsens unter den Allianzpartnern - und dazu
wollen wir noch möglichst viele Unabhängige gewinnen - ist: das
Projekt EU als solches ist nicht schlecht, die gegenwärtige
Verfaßtheit ist schärfstens zu kritiseren und abzulehnen. Und wenn man
in drei oder fünf oder zehn Jahren feststellen muß, daß eine
Demokratisierung und Transformierung der EU nicht möglich ist, dann
wird man sich zu diesem Zeitpunkt auch überlegen müssen, ob man aus
dieser EU austreten will. Aber einen Austritt stellt derzeit nicht
einmal die KPÖ Steiermark in den Vordergrund.
Das andere ist: Ich bin der Meinung, daß durch einen EU-Austritt
Österreichs sich jetzt nichts prinzipiell ändern wird an den
ökonomischen Rahmenbedingungen, mit denen wir konfrontiert sind.
Insofern sehe ich nicht, wie ein Austritt das Kraut fett machen würde.
Und drittens: Der Franz Stefan Parteder und andere Genossinnen und
Genossen in der Steiermark sind ja sowieso der Meinung, man müsse den
Widerstand von unten aufbauen. Und die Kandidatur bei Gemeinderats-
oder AK-Wahlen ist viel wichtiger als die Beschäftigung mit dem
"Moloch EU" -- um mit deinen Worten zu sprechen. Ich teile das nicht,
ich halte das eher für ein Sowohl-als-auch. Und daher habe ich die
Befürchtung, hätte die KPÖ bei dieser EU-Wahl alleine kandidiert, sich
die Unterstützung der steirischen KPÖ auch in Grenzen gehalten hätte.

akin: Spätestens 2015 sind in Wien Landtagswahlen und da wird die KPÖ
wohl wieder antreten. In Wien, genauso wie in sieben anderen
Bundesländern außer der Steiermark gibt es jetzt eine "Partei der
Arbeit", die mehr oder weniger Stellvertreterpartei der steirischen
KPÖ in den anderen Bundesländern ist. Diese PdA wird wohl auch bei den
Landtagswahlen kandidieren. Kann man das akzeptieren, daß einem eine
Schwesterlandespartei das Leben so schwer macht?

DZ: Also erstens würde ich die PdA nicht als Ableger der steirischen
KPÖ sehen. Was ich aber sehe, ist, daß es politisch notwendig wäre,
daß die KPÖ Steiermark deutlicher kundtut, wo sie sich zugehörig
fühlt. Und sie heissen nicht PdA, sondern KPÖ; trotz aller
Differenzen, die es gibt. Also insofern würde ich mir klarere und
deutlichere Worte wünschen und fordere ich auch hie und da ein im
persönlichen Gespräch. Es ist das gute Recht der PdA bei der
Gemeinderatswhl zu kandidieren. Und wir werden uns dann auf gute
solidarische Art damit auseinandersetzen -- oder auch nicht.

akin: Kann das so weitergehen auf die Dauer; dieses Verhältnis
zwischen der starken steirischen Partei und den 8 übrigen Landespartei
resp. der Bundespartei?
DZ: Es geht schon einige Zeit so, insofern kann das noch einige Zeit
so weitergehen. Ich persönlich erachte das als suboptimal. Ich glaube,
daß es in der KPÖ Steiermark auch viele Genossinnen und Genossen gibt,
die dieses Verhältnis oder Nicht-Verhältnis als suboptimal betrachten.
Da muß man schauen, was sich ändert. Soweit ich wahrnehme, aber da bin
ich wahrscheinlich fast so außenstehend wie du, gibt es in der
Steiuermark manche, die dieses Projekt einer EU-Wahlallianz sehr
positiv sehen, und einen anderen Teil, der vielleicht quantitativ
genauso groß ist, der das negativ sieht und sagt, das ist das Falsche,
und ein dritter Teil, der noch nicht genau weiß, wie er die Dinge
sehen will. Vielleicht ist ja sogar diese Wahlallianz ein Beitrag, um
das Verhältnis zwischen den KPÖ-Gruppierungen zu verbessern.

akin: Lieber Didi, ich danke dir für das Interview.

*

Infos zum Wahlprojekt: http://www.europaanders.at

Der Gründungskonvent des Wahlallianz findet am 1.März im JUFA-Hotel,
1110, Mautner-Markhof-Gasse
50, statt. Beginn: 9 Uhr. Anmeldung: kontakt{AT}europaanders.at


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