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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. Februar 2014; 20:58
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Soziales:

> AMS: Zahl der Bezugssperren auf Höchstniveau

Steigende Arbeitslosigkeit bedeutet auch steigender Druck auf
Arbeitslose: Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Existenz
gefährdenden Bezugssperren nach einer leichten Entspannung 2012 wieder
auf eine neue Rekordhöhe gestiegen: Das AMS verhängte mit 105.295
Bezugssperren um 6.394 Sperren bzw. um 6,5 % mehr als im Vorjahr. Die
Sperrquopte sank nur leicht von 302 auf 295 verhängte Sperre pro 1.000
Arbeitslose und liegt damit fast gleichauf mit dem berüchtigten Hartz
Deutschland (308 Sperren pro 1000 Hartz IV Empfänger 2012)! Im
Gegensatz zu Hartz IV sind in Österreich aber alle Sperren
hundertprozentig!

Die meisten Sanktionen wurden wegen versäumter Kontrolltermine
verhängt: 56.054 gefolgt von 33.078 einmonatigen Sperren wegen
Selbstkündigung und 15.816 sechs oder acht Wochen dauernden Sperren
wegen angeblicher Vereitelung eines vom AMS zugewiesenen
Arbeitsverhältnisses oder einer AMS-Zwangsmaßnahme. Die komplette
Einstellung des AMS-Bezugs wegen angeblicher genereller
Arbeitsunwilligkeit nach § 9 AlVG ist von 207 auf 347 Sperren
gestiegen.

Langfristig betrachtet, wurde der Druck auf Arbeitslose mit wachsender
Massenarbeitslosigkeit stetig erhöht: 2000 entfielen auf 1000
Arbeitslose "nur" 250 Sperren, einen vorläufigen Höchststand erreichte
der Sanktionsdruck 2008 und 2011 mit 336 bzw. 335 Sperren pro 1000
Arbeitslose. Das heißt: unter Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ)
wurde die repressive Politik der schwarz-blauen Koalition von
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) - der damals für das AMS
zuständig war - nicht nur weiter geführt sondern auch noch weiter
verschärft!

Kampf gegen rechtswidrige Bezugssperren

Grundsätzliches Problem ist, dass die Sanktionspraxis des AMS mit
einem demokratischen Rechtsstaat unvereinbar ist: Der Bezug und somit
die Existenzgrundlage wird auf reinen Verdacht hin eingestellt, ohne
dass der vom AMS Beschuldigte Gelegenheit zur Stellungnahme
("Parteiengehör") hatte.

Die Arbeitslosen werden nicht über ihre Rechte aufgeklärt, wie jenes
auf das Stellen von Beweisanträgen oder dass sie während einer Sperre
eventuell Mindestsicherung, reduziert um 25%, beziehen können.
Arbeitslose haben keinen Rechtsbeistand. Selbst bei einer Berufung
gibt es keine Verfahrenshilfe. Erst beim Verwaltungsgerichtshof gibt
es eine Verfahrenshilfe, doch verhindert ein "Neuerungsverbot" dass
nun endlich jene Argumente und Tatsachen, die gesperrte Arbeitslose
wegen mangelnder Rechtskenntnis oder wegen der Lähmung durch die akute
Existenzbedrohung nicht einbringen konnten, vorgebracht werden können.
Arbeitslose ohne Rechtsschutzversicherung oder finanzielle Rücklagen
sind daher der AMS-Bürokratie völlig ausgeliefert.

Entsprechend selten kämpfen die im Stich gelassenen Menschen um ihre
Rechte: Im Schnitt berufen lediglich 3% der Arbeitslosen gegen
AMS-Bezugssperren, bei Sanktionen wegen angeblicher "Vereitelung"
eines Kurses oder Arbeitsverhältnisses immerhin etwa 13% und gegen die
Einstellung des Bezuges wegen des Vorwurfs genereller
Arbeitsunwilligkeit etwa 9%. Bei einer schikanös kurzen Berufungsfrist
von nur 2 Wochen bleibt aber nicht viel Zeit sich um sein Recht zu
erkundigen und Hilfe zu suchen.

Bis zum Verwaltungsgericht gehen dann lediglich etwa 30 Arbeitslose im
Jahr. Also gerade etwa 1,5% jener, die bei der Berufung keinen Erfolg
hatten oder 0,03% der Gesperrten. Drei Viertel davon kommen aus Wien,
wer in einem Bundesland lebt, dem nutzt der Verwaltungsgerichtshof so
gut wie gar nicht. Die Erfolgsquote ist auch hier etwa 30%, sprich:
lediglich 0,01% der Sperren werden beim Verwaltungsgerichtshof
korrigiert.
(Aktive Arbeitslose/gek.)

Kontakt: Krottenbachstrasse 40/9/6, 1190;
http://www.aktive-arbeitslose.at



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