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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. Februar 2014; 20:40
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Soziales/Glosse:

> Sozialsalami

Es wird enger. Wer früher arbeitsunfähig war, wurde weit großzügiger
invalid geschrieben als heute. Wer früher als invalid galt, wird heute
oft nur als befristet invalid gesehen. Vielleicht bekommt man ihn ja
doch noch "fit2work" -- also nicht gesund, sondern passend für den
Arbeitsmarkt. Und wer befristet invalid ist, bekommt keine Pension,
sondern wird in die Mindestsicherung geschickt. Die Bedingungen für
den Erhalt der Mindestsicherung sind aber um einiges repressiver als
anno dazumal, als sie noch Sozialhilfe hieß und werden auch noch
weiter verschärft.

Wer früher arbeitslos wurde, wurde zwar auch vom Arbeitsamt genervt,
aber das heutige AMS macht Arbeitslosigkeit zum Full-Time-Job, wo man
zwischen zwei Schulungen noch schnell beweisen muß, wie sehr man sich
doch um einen Job bemüht und eigentlich eh bereit ist, jedes
Arbeitsangebot anzunehmen. Ansonsten droht der Entzug der
Existenzgrundlage. Wenn die Leistungen aus der
Arbeitslosenversicherung auslaufen, gehts dann auch ab in die
Mindestsicherung. Dort treffen sich dann alle Ausgesteuerten und
bekommen klargemacht, daß, wer Staatsknödel möchte, ein Sklave zu sein
hat. Ansonsten bleibt einem nur noch, betteln zu gehen. Und das wird
auch immer mehr verboten. Damit schließt sich das Repressionssystem,
das sich Sozialstaat nennt. Wenn eine kirchliche Institution wie die
Caritas einer Arbeiterpartei wie der SPÖ erst erklären muß, daß unser
Sozialstaat nicht mehr richtig funktioniert, dann sagt das ja eh alles
(siehe die Artikel zum Thema Soziales in diesem akin-pd).

Die Linke kritisiert seit gut drei Jahrzehnten den Sozialabbau. Fast
wollte es scheinen, als hätten wir viel zu oft "Feuer" geschrieen.
Denn obwohl wir mit unseren Protesten nur selten etwas erreichten,
traten die prognostizierten sozialen Katastrophen nicht ein. Oder
besser: Zumindest nicht gleich und nicht für eine Vielzahl an
Betroffenen. Haben wir wirklich übertrieben? Nein, denn irgendwie gab
es nach all den "Sparpaketen" immer noch ein paar Möglichkeiten, sich
durchzuwurschteln. Für Menschen in materiellen Nöten wurde es
schwieriger, aber mittels ein paar Resten des Sozialstaates,
Gelegenheitsjobs, Bettelei und Angehörigen, die man anschnorren
konnte, ging das noch irgendwie. Doch bei real sinkenden Löhnen
funktioniert das Anschnorren immer weniger, das öffentliche Betteln
wird kriminalisiert, sogar Obdachlosigkeit ist mittels
Campierverordnung schon ein Delikt, und der "Sozialstaat" stopft die
letzten Schlupflöcher, seinen Repressalien zu entgehen. Ganz nach
Salamitaktik wurde der Sozialstaat herunter- und der Repressionsstaat
hinaufgefahren. Vielen Menschen bleiben da nur mehr die karitativen
Institutionen -- ein ausgesprochenes Recht auf ein menschenwürdiges
Dasein gibt es in Österreich nicht mehr.

Langsam wurden wir an die Austeritätspolitik gewöhnt. Hätte eine
österreichische Regierung vor 30 Jahren ein Sozialsystem etablieren
wollen, wie wir es heute haben, wäre der Aufstand gewiß gewesen. So
aber bleibt bei neuen Verschärfungen der Protest verhalten. Einzige
politische Folge: Noch mehr Menschen wählen die FPÖ.

FEUER!

*Bernhard Redl*



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