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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Dienstag, 25. Februar 2014; 20:44
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Kommentierte Presseschau:

> Kriegsnobelpreis

Der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaçi und sein serbisches
Pendant Ivica Dacic haben sich 2012 vor laufenden Kameras die Hände
geschüttelt. Es sollte dies ein Symbol für den Willen beider seien,
das Verhältnis ihrer Staaten zu normalisieren. Organisiert hatte das
die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik,
Catherine Ashton. Nach Ansicht der sozialdemokratischen Fraktion im
EU-Parlament wäre das schon genug, um allen dreien den
Friedensnobelpreis umzuhängen. "Wir haben Ashton, Dacic und Thaçi für
den Friedensnobelpreis vorgeschlagen, weil dieser nicht nur eine
Würdigung ihrer Verdienste um eine Normalisierung der Beziehungen
wäre, sondern auch zusätzliche Motivation, einen dauerhaften Frieden
zwischen Serbien und dem Kosovo zu erreichen", erklärte Hannes
Swoboda, europäischer SP-Fraktionschef und SPÖ-Abgeordneter.

Hashim Thaçi soll jedoch als UÇK-Führer für schwere Kriegsverbrechen
mit verantwortlich sein -- bis hin zum Organraub an Gefangenen der
kosovarischen Miliz gehen die Vorwürfe. Wohl aus politischen Gründen
wurde er deswegen nie dafür belangt. Dennoch ist klar, daß die UÇK
nicht das Rote Kreuz war und Thaçi nie eine Friedenstaube.

Ja, NATO und EU sind Thaçi zu Dank verpflichtet für den letzten Teil
der Zerschlagung des ehemaligen Jugoslawiens -- und auch der
Marginalisierung der ziemlich pazifistischen Bewegung rund um Ibrahim
Rugova. Aber Thaçi für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen -- noch
dazu unter Verkündigung eines SPÖ-Mandatars -- ist schon ein wenig
dreist. Oder muß man heutzutage zuerst ein Verbrecher sein, der sich
in gemächlicheren Zeiten etwas ziviler aufführt als früher, um für den
Friedensnobelpreis vorgeschlagen zu werden?

Seit drei Wochen wartet der Verfasser dieser Zeilen darauf, daß dieser
Vorschlag öffentlich in der Luft zerrissen wird -- doch der Shitstorm
blieb aus. Ist man es nach der Praxis der letzten Jahre schon gewohnt,
daß der Friedensnobelpreis zu einer immer bedeutungsloser werdenden
Plätschn geworden ist?

Sollte Thaçi den Preis wirklich erhalten, wäre das Renommee der einst
so würdigen Auszeichnung aber wohl endgültig dahin. Aber das scheint
der Sozialdemokratie egal zu sein.

SPE-Nobelvorschlag:
http://www.welt.de/politik/ausland/article124388595/Ashton-fuer-Friedensnobelpreis-vorgeschlagen.html
KurzURL: http://tinyurl.com/akin14-5-1

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> Wettbewerb im Amoklauf

Apropos österreichische EU-Abgeordnete: Auch die außenpolitische
Sprecherin der Grün-Fraktion zeigte sich zuletzt wenig diplomatisch.
Denn bei den Auseinandersetzungen in der Ukraine hatten die EU-Grünen
sich eindeutig positioniert. Während der kurze, aber heftige
Bürgerkrieg am Maidan und anderen Orten der Ukraine tobte, ließ
Lunacek Folgendes über die Ticker laufen: "Der Amoklauf des
ukrainischen Präsidenten Janukowitsch muss gestoppt werden.
Janukowitsch hat jegliche Legitimation als Präsident verloren. Die EU
ist nicht ohnmächtig und muss gleichermaßen in Kiew und Moskau Druck
ausüben." Es müßten, so Lunacek, Reisesanktionen gegen jene Mitglieder
des Regimes verhängt werden, die für die Eskalation verantwortlich
seien. Und weiter: "In diesem Zusammenhang appelliere ich an
Außenminister Kurz für die Verhängung von Sanktionen einzutreten und
so mehr Mut zu beweisen, als die deutsche Kanzlerin Merkel."

Mittlerweile erscheint die Geschichte ja obsolet, denn der regime
change in der Ukraine ist ja ganz im Sinne der EU vollzogen. Dennoch:
Wenn eine österreichische Grüne schon einen ÖVP-Minister auffordert,
selbst die deutsche Bundeskanzlerin -- deren Partei schon seit langem
die ukrainische Opposition inclusive der darin vorhandenen Faschisten
unterstützt hat -- in der Verfolgung von EU-Machtinteressen zu
übertrumpfen, dann ist das bedenklich.

Wenn auch Janukowitsch nicht als Demokrat angesehen werden konnte und
seine Polizisten sicher sich nicht wie die Lamperln aufgeführt hatten,
so hätte die außenpolitisch doch einigermassen versierte Grüne schon
auch erwähnen müssen, daß da auf der anderen Seite auch "Amokläufer"
unterwegs waren und daß große Teile dieser bisherigen
Oppositionsgruppen weder gewaltfrei noch auch nur ansatzweise
demokratisch gesinnt sind. Davon findet sich aber keine Silbe in der
Aussendung.

Lunaceks Aussendung:
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140219_OTS0185
KurzURL: http://tinyurl.com/akin14-5-2

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> Presse, gusch!

Anneliese Rohrer von der Presse gerät immer mehr in Rage -- kein
Wunder beim Zustand der österreichischen Innenpolitik und vor allem
bei der Art und Weise, wie heutzutage von Regierungsseite mit der
Öffentlichkeit umgegangen wird. Kürzlich hatte die Journalistin die
Angehörigen ihrer Zunft sogar zum Boykott des Pressefoyers aufgerufen,
nachdem Kanzler und Vizekanzler verkündet hatten, dort nicht mehr
aufzutauchen. (Diesem Verhalten verdanken wir ja SP-Minister Klugs
jetzt schon legendären Sager, sein Chef könnte "situationselastisch"
hie und da doch zum Pressefoyer erscheinen, aber das ist eine andere
Geschichte...)

Rohrers letztwöchige Empörung ist ähnlich gelagert. Sie berichtete von
der HYPO-Parlamentssitzung: "Geht es nach dem dienstältesten Mandatar
im Nationalrat, Bauernbundchef Jakob Auer von der ÖVP, dann sollten
sich alle Medien im Land in der Causa Hypo Alpe Adria an dem
Versteckspiel der Regierung, wie es am Montag bei der Sondersitzung
ablief, beteiligen. Er schlug allen Ernstes eine ,sechsmonatige
Ruhepause' der Medien vor. Auer sitzt seit 30 Jahren im Nationalrat
und das wäre seine ,Lösung' Hypo-Misere: Keine Berichte, keine
Nachfragen, keine Antworten!"

Rohrers Blog:
http://diepresse.com/home/blogs/rohrer/1563899/Versteckspiel-im-Nationalrat_xdNow-you-see-me-now-you-dont
KurzURL: http://tinyurl.com/akin14-5-3

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> To small to save

Apropos Hypo, apropos EU: Die Hypo Alpe Adria "hat keine
Liquiditätsprobleme, und es ist eine ziemlich kleine Bank, nicht von
europäischer Relevanz". Das sagte Ewald Nowotny, Österreichs
Notenbankchef und EZB-Ratsmitglied, in einem Interview mit Reuters.
Deshalb bereite das Hypo-Schicksal in der EZB-Zentrale in Frankfurt
keine Sorgen. Aus demselben Grund werde es auch keine Hilfe der EZB
geben.

Mit anderen Worten: Gar nicht to big to fail, viel eher to small to
save. Na, dann könnte die Regierung die Hypo ja ruhig in die Insolvenz
schicken. Allerdings würden dann vielleicht zum Beispiel die
US-amerikanische Cerberus, die deutsche Allianz und die
österreichische Raiffeisen, die zusammen mit anderen hinter den
mutmaßlichen Gläubigern der HYPO stehen, doch dafür sorgen, daß die
EZB die Sache etwas ernster nimmt.

Novotny-Zitat:
http://www.nachrichten.at/nachrichten/wirtschaft/Kaernten-bot-Bayern-trotz-EU-Verbots-Haftungen-an;art15,1311661
KurzURL: http://tinyurl.com/akin14-5-4

Gläubigerliste:
http://www.politisieren.at/die-glaeubigerliste-der-hypo-alpe-adria.php
KurzURL: http://tinyurl.com/akin14-5-5

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> Polizei zahlt nicht gern

Apropos EZB: Gegen diese an ihrem Amtssitz zu protestieren, kann ja
bekanntlich Hiebe zur Folge haben. Es kann aber auch teuer werden --
für die Behörden nämlich: Die Frankfurter Polizei muß wegen
rechtswidriger Festnahmen bei den Blockupy-Protesten im Mai 2012
erneut Schmerzensgeld an Demonstranten zahlen. Kürzlich hatte das
Landgericht vier Klägern jeweils 550 Euro zugesprochen.
Hintergrund ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom November
2012. Die Richter hatten damals entschieden, dass die Festnahme von
rund 50 Aktivisten rechtswidrig war. Sie hatten zu Beginn der
Blockupy-Proteste eine spontane Kundgebung in Eschborn nahe Frankfurt
abhalten wollen, nachdem die Busse, mit denen sie aus Berlin angereist
waren, von der Polizei gestoppt und durchsucht worden waren. In
Eschborn hatten die Beamten sie dann erneut in Gewahrsam genommen und
sie teils bis Mitternacht festgehalten.

Nach diesem erstem Urteil hatte die Polizei aber nur an fünf
Demonstranten eine Entschädigung von je 500 Euro gezahlt und sich für
die "Unannehmlichkeiten" entschuldigt. Daher mußten jetzt einige
andere Demonstranten in die Instanz und auf Auszahlung klagen. Vier
von ihnen sollen jetzt doch entschädigt werden. Ob die anderen auch
noch bedacht werden, bleibt abzuwarten.

Bericht Frankfurter Rundschau:
http://www.fr-online.de/blockupy-frankfurt/blockupy-frankfurt-geld-fuer-blockupy-demonstranten,15402798,26257990.html
KurzURL: http://tinyurl.com/akin14-5-6



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