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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 12. Februar 2014; 11:17
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International / Glosse:

> Bosnische Verhältnisse

Daß das Stadtarchiv in Sarajevo abgebrannt ist, ist traurig. Aber im
Unterschied zu den Riots in London wurden keine Vorstädte devastiert
und im Unterschied zu Griechenland keine Migranten angegriffen. Nein,
Regierungsgebäude und Polizeiautos brannten. Der Angriff zielte auf
die Obrigkeit. Als das Präsidentschaftsgebäude brannte, erwischte es
eben auch das Archiv. Militärs würden das einen Kollateralschaden
nennen.

Physische Gewalt ist nie schön. Doch diesmal transportierte sie
erstaunlicherweise auch eine Friedensbotschaft. Der slowenische
Philosoph Slavoj Zizek schrieb im britischen Guardian: "Auf einem der
Fotos von den Protesten sehen wir die Demonstranten mit drei Flaggen
nebeneinander winken: bosnisch, serbisch, kroatisch, den Willen zum
Ausdruck bringend, die ethnischen Unterschiede zu ignorieren. Kurz
gesagt, haben wir es mit einem Aufstand gegen die nationalistischen
Eliten zu tun: Die Menschen in Bosnien haben endlich verstanden, wer
ihr wahrer Feind ist: nicht andere ethnischen Gruppen, aber ihre
eigenen Führer, die sie vor anderen zu schützen vorgeben. Es ist, als
ob das alte und viel missbrauchten titoistische Motto der
'Brüderlichkeit und Einheit' der jugoslawischen Nationen neue
Aktualität erworben hätte."

Vielleicht gilt das jetzt nur für einen Moment der Geschichte. Denn in
den exjugoslawischen Staaten, speziell in Kraotien, aber wohl auch
noch in Bosnien, bestimmen Ethnizismen und Nationalismen immer noch
stark den politischen Diskurs mit. Doch das muß nicht so bleiben.
Während der Jugoslawienkriege hatten auch die jugoslawischen Migranten
in Wien angefangen, sich auszudifferenzieren in verschiedene Ethnien
und Staatsidentitäten. Heute aber definieren sich viele hier -- vor
allem deren nun erwachsene Kinder -- wieder als "Jugos". Vielleicht
kann man das als ein Indiz nehmen, daß auch in den exjugoslawischen
Staaten das Definieren von Ethnien mit der jungen Generation nachläßt.

Doch umgekehrt wird auch ein Schuh daraus. Denn während hierzulande
und im Großteil der EU nationalistische Kriege schon längst Geschichte
sind, weiß man in Bosnien und dem Rest Ex-Jugoslawiens aus eigener
Erfahrung noch sehr genau, wie soziale Konflikte zu nationalistischen
Bewegungen geführt haben und diese nicht die Lösung der Probleme
brachten sondern die Katastrophe. Der alte Spruch "Die Grenzen
verlaufen nicht zwischen den Völkern sondern zwischen oben und unten"
wird in Bosnien vielleicht heute eher verstanden, als in EU-Ländern,
wo sozialer Protest sich im Wählen von Strache und Wilders und Le Pen
äußert.

Natürlich kann man sich über die Riots in Bosnien nicht wirklich
freuen. Und die Photos und veröffentlichen Deklarationen können
natürlich ein verfälschtes Bild der Situation erzeugen. Aber wenn der
Protest ethnisch geeint sich tatsächlich nur gegen staatliche
Obrigkeit und das Kapital richtete, könnten wir hierzulande von den
Bosniern einiges lernen.
*Bernhard Redl*
*

Zizeks Analyse im Guardian:
http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/feb/10/anger-bosnia-ethnic-lies-protesters-bosnian-serb-croat
Kurz: http://tinyurl.com/zizek2014



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