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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. Jänner 2014; 14:18
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  Causa Prima/Grüne/Polizei/Interview: 
> Provokante Polizei und laut schweigende SPÖ
  
  Gespräch mit Birgit Hebein, Sozialsprecherin und Gemeinderätin der
  Wiener Grünen, über den FPÖ-Ball und die Folgen.
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  akin: Zu Anfang eine Frage zu diesem seltsamen Abend: Du warst ja bei
  der Polizeiaktion bei der Akademie der Bildenden Künste. Mir kam ja
  schon so vor, als wäre das lediglich eine Ablenkung, damit die
  Freiheitlichen wieder unbehelligt aus der Hofburg rauskönnen. Wozu,
  glaubst du, war das wirklich gut?
  
  Birgit Hebein: Ich bin davon überzeugt, daß das eine
  unverhältnismäßige Aktion vor Ort war, aber ich kann nicht beurteilen,
  ob da wirklich Leute reingegangen sind, die beobachtet worden seien,
  daß sie Landfriedensbruch begangen hätten. Da sind 50 Leute
  perlustriert worden, aber das ist für mich nicht der springende Punkt.
  Sondern: Die FPÖ, die ist und bleibt eine Gefahr für unsere
  Demokratie. Und dieses Bild bekomme ich nicht aus dem Kopf:
  Holocaust-Überlebende dürfen nicht auf den Heldenplatz und
  Rechtsextreme feiern dort. Und da müssen wir uns die Frage stellen:
  Was passiert in unserem Land, wo der Sicherheitsapparat den imaginären
  Notstand übt und für einige Stunden die Grund- und Menschenrechte
  außer Kraft setzt? Und da gehört eben dieses stundenlange
  Ausharrenmüssen in der Akademie dazu...
  
  akin: Das Ganze ist jetzt ja schon irgendwo eher ein Polizeiskandal
  als ein FPÖ-Problem. Jetzt hast Du im Grünen Rathausklub von allen
  dort vielleicht am meisten mit der Wiener Polizei zu tun. Was schätzt
  du, was die mit dem Platzverbot und dieser obskuren Schalverordnung
  bezweckten? War das deiner Meinung nach wirklich Sicherheitsdenken
  oder Eskalationswillen?
  
  B.H.: Also ich denke, wenn man so großräumig absperrt und sich dann
  der Polizeisprecher hinstellt, wegen der Wurfweite -- ja, 3 oder 4
  Kilometer! -- hätte man so großräumig absperren müssen; und dann
  JournalistInnen den Zugang verweigert, und wenn man dann noch im
  Vorfeld einen Krieg auf den Straßen ankündigt, d.h. die Stimmung im
  Vorfeld aufheizt, dann ist das sehr wohl eine Eskalationsstrategie und
  hat nicht mehr erkennbar mit irgendeinem Sicherheitsdenken zu tun.
  Also das ist eine Provokation.
  
  akin: Was sagst Du zu dem Statement von Polizeipräsident Pürstl über
  den Gebrauch von ärztlichen Daten zur Strafverfolgung bei "Im
  Zentrum"?
  
  B.H.: Wenn ein Polizeipräsident ausspricht, was er für ein System
  verkörpert, dann interessiert mich jetzt nicht sein Rücktritt, sondern
  das System! Wer trifft da wirklich welche Entscheidungen und welchen
  Datenaustausch hat es bisher gegeben und wo wird laufend das
  Arztgeheimnis gebrochen? Und welche Rolle spielt das Innenministerium.
  Momentan weiß ich nicht, was ein Rücktritt bringen sollte. Was ich mir
  erwarte, ist eine Entschuldigung wegen der Wortwahl, Dich und mich und
  andere als "Hunde" zu bezeichnen. Und ich möchte klare
  Veröffentlichungen, was das Arztgeheimnis anlangt. Und der dritte
  Punkt ist das, was [der grüne Justizsprecher, Anm.] Albert Steinhauser
  schon vorgeschlagen hat, daß man eine externe Gruppe zu beauftragen,
  zu untersuchen, was ist alles auf der und rund um die Demo passiert;
  was war rechtens, was war verhältnismäßig, welche Grundsätze sind
  verletzt worden. Und wenn ein Polizist ausspricht, was gängige Praxis
  ist, ist das ja sogar das Positive an der Diskussion, um das dann
  transparent machen zu können.
  
  akin: Euer Koalitionspartner im Rathaus schweigt sich ja geradezu
  militant zu all dem aus. Es ist ja nicht das erste Mal, dass politisch
  motivierte Polizeiaktionen -- ich denke da an die Räumung der
  Flüchtlinge im Votivpark 2012 -- von der SPÖ unkommentiert geblieben
  sind. Formal ist das Rathaus ja nicht zuständig, aber ich glaube
  einfach nicht, daß Polizeipräsidium und Innenministerium da keine
  Konsultationen des Bürgermeisters machen. Was hört man dazu von der
  Rathaus-SPÖ?
  
  B.H.: Da gehts mir genauso wie dir! Ich höre gar nix!
  
  akin: Die schweigen sich vollkommen aus und glauben, sie seien nicht
  zuständig?
  
  B.H.: Da mußt Du sie selber fragen. Das Schweigen war laut.
  
  akin: Wenn ich sie selber frage, weiß ich was rauskommt. Was anderes:
  Was glaubst du, aus welchem Eck eigentlich diese Scheibeneinschläger
  wirklich gekommen sind?
  
  B.H.: Ich kann aber nicht beurteilen, was ist jetzt Stimmungsmache und
  was nicht. Ich war bei einer sehr heftigen Verhaftung dabei. Da kann
  ich nur sagen: Es würde mich sehr wundern, wenn dieser buntgekleidete
  junge Mann zu dem sogenannten autonomen oder schwarzen Block gehört
  hätte.
  
  akin: Und was sagst du zu Glawischnigs militanter Distanzierung von
  der Parteijugend?
  
  B.H.: Daß ich es nicht optimal finde, das über Medien auszutragen. Ich
  möcht dir da auch nicht darauf antworten, das muß man intern klären.
  Ich halte das nicht für eine zielführende Dynamik, das medial
  auszutragen.
  
  akin: Genau das hat aber Glawischnig gemacht! Und da erwartet man
  schon von anderen Stimmen der Grünen, daß sie sich auch zu Wort
  melden.
  
  B.H.: Werde ich nicht tun, was ich dazu sagen kann, ist, das ist bei
  uns intern Thema. Und dort gehört es auch hin.
  
  akin: Na, gut, dann danke ich dir für das Interview.
  (27.1.2014, Interviewer: -br-)
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  Das komplette Interview ist nachzuhören unter:
  http://cba.fro.at/253374 (10:08)
  
  Nachbemerkung:
  Mittlerweile hat sich Bürgermeister Häupl zu Wort gemeldet. Er wird
  vom "Standard" (Online 28.1.) mit den Statements zitiert: "Ich will
  jetzt nicht banal rechnen, dass auf einen vermummten Anarchisten zehn
  Polizisten kommen, aber ich denke, dass man mit der Anzahl von
  Polizisten durchaus den Einsatz so gestalten hätte müssen, dass es
  nicht zu diesen Gewalttaten in der Wiener Innenstadt kommt" und "Vor
  diesem Hintergrund ist der anarchistische Gewaltimport, der zerstörend
  durch die Stadt gezogen ist, aufs Schärfste zu verurteilen". -- Von
  einer Kritik an der Eskalationsstrategie wurde nichts kolportiert.
  Auch angesichts des interessanten Gebrauchs des Begriffs "Anarchisten"
  ist es vielleicht eh besser, wenn Sozialdemokraten in solchen
  Situationen schweigen...
  
  
  
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