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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. Jänner 2014; 14:17
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Oe:

> G4s in Vordernberg: Undurchsichtig, ungeeignet, unpackbar

Der Blog *Alwacker* berichtet auch weiterhin von den Seltsamkeiten der
Auftragsvergabe an den Security-Konzern für das steirische
Schubhaftzentrum:
*

Undurchsichtig - Durch die Auslagerung des Vergabeverfahrens an die
Gemeinde Vordernberg wurde die parlamentarische Kontrolle umgangen.
Das BMI beantwortet parlamentarische Anfragen zum Vertrag und
Vergabeverfahren über den Betrieb eines Abschiebezentrums, für das das
BMI die Verantwortung trägt, mit dem Standardsatz "Die Beantwortung
dieser Fragen fällt nicht in den Vollzugsbereich des
Bundesministeriums für Inneres".

Ungeeignet - Es gibt in Ausschreibungen häufig den Vorwurf, dass
Eignungskriterien zu eng gefasst wären. Im Fall Vordernberg waren sie
so selektiv, dass im Ergebnis genau ein Unternehmen ein Angebot legen
konnte. Es ist in der Praxis einfach nicht möglich einen ausländischen
Gefängnis-Referenzgeber außerhalb des eigenen Konzerns zu finden, der
die Haftung in einem 80 Mio. € Projekt übernimmt. Haftungsbestimmungen
sind bei jeder Ausschreibung ein Knackpunkt und das weiß man als
Verfasser auch.

Die Kombination der drei wesentlichen Eignungskriterien hatte es in
sich. Es musste eine bestimmte Mitarbeiteranzahl, jeweils mit
verschiedenen Ausbildungszertifikaten nachgewiesen werden (z. B. 150
Mitarbeiter mit ÖZS Basisausbildung). Es handelt sich dabei um
zahlreiche verschiedene Zertifikate einer Österreichischen
Zertifizierungsstelle für das Bewachungsgewerbe, sodass ausländische
Anbieter in der Praxis keine Möglichkeit hatten ein Angebot zu legen.
Die Gleichwertigkeit anderer Zertifikate nachzuweisen war de facto -
insbesondere in der kurzen Angebotsfrist - nicht möglich. Auch ohne
diese Hürde hätte vermutlich kein ausländischer Anbieter eine solche
Dienstleistung, für die mind. 3 lokale Subunternehmer benötigt werden,
angeboten.

So konnten also nur österreichische Bewachungsunternehmen ein Angebot
legen, die in den letzten 3 Jahren jeweils einen Mindestumsatz von 20
Mio. € erreichten (auch ein Eignungskriterium). Das wären vermutlich
G4S, Securitas, ÖWD und möglicherweise noch SIWACHT.

Diese Unternehmen mussten nun nachweisen, dass sie 2 Gefängnisse oder
Abschiebezentren mit mind. 150 Insassen als Generalunternehmer führen.
In Österreich gab es solche Generalunternehmerlösungen bisher nicht,
also musste Referenzprojekte aus dem Ausland nachgewiesen werden.
Keines der oben genannten Unternehmen führt selbst ein Gefängnis oder
Abschiebezentrum, also konnten die Referenzen nur durch einen
Referenzgeber bestätigt werden, der zusagt Know How und Personal für
Vordernberg bereit zu stellen und dafür zu haften. Eine
Haftungsbeschränkung ist in den Ausschreibungsunterlagen nicht
vorgesehen.

Der Österreichische Anbieter "G4S Secure Solutions AG" hatte
irgendeine Gesellschaft im Konzern (z. B. G4S plc), die diese
Erklärung unterschrieben hat. ÖWD, SIWACHT und Securitas hätten
wahrscheinlich einen externen Referenzgeber z. B. Serco in UK finden
müssen, der nicht nur bestätigt, dass er Ressourcen und Know How zur
Verfügung stellt, sondern auch, dass er bezüglich Gewährleistung,
Schadenersatz und Verzug im Projekt haftet. An dieser Haftung in einem
80 Mio. € Projekt wäre ein Angebotsausarbeitung binnen 6 Wochen sicher
gescheitert.

Unbekannt - In der Bekanntmachung der Ausschreibung im Amtsblatt der
EU wurde die Ausschreibung in einem Satz Beschrieben "Unterbringungs-
und Bewachungsleistungen für das Schubhaftzentrum Vordernberg". Ziel
dieser "Beschreibung" war es, möglichst viele geeignete Unternehmen
auf das 80 Mio. € Projekt aufmerksam zu machen, in dem von einem
Generalunternehmer 15 verschiedene Dienstleistungen für mindestens 16
Jahre anzubieten waren. War die Beschreibung dafür wirklich geeignet?
Um Bewachung durfte es in der Ausschreibung übrigens gar nicht gehen,
das hat das BMI in einer internen Präzisierung am 17.12.2013
klargestellt (siehe Beantwortung der parlamentarischen Anfrage von
Alev Korun).

Unüblich - Lediglich die Angabe eines monatlichen Pauschalpreises im
Angebot zu verlangen ist bei einem Verhandlungsverfahren unüblich,
insbesondere da es sich um ein sehr komplexes und neuartiges Projekt
handelt. Weder Rechnungshof noch BMI können damit eine seriöse
Preisangemessenheitsprüfung durchführen. Das BMI erklärt in der
Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage übrigens, wie es die
Preisangemessenheitsprüfung, die es sich vertraglich von der Gemeinde
Vordernberg zusichern ließ, durchgeführt hat: "Vom Bundesministerium
für Inneres wurde erhoben, welche Kosten entstehen würden, wenn die in
der Ausschreibung spezifizierten Leistungen selbst erbracht werden
würden. Der erhobene Gesamtbetrag wurde als Obergrenze angenommen und
wurde diese vom Auftraggeber im Zuge der Angebotslegung
unterschritten."

Unerwartet - Der einzige Bieter im Verfahren schöpft das geheime
Maximalbudget zufällig zu 96,6 % aus. Das sehen wir uns genauer an...
ähm... doch nicht, siehe voriger Absatz.
(bearb.)
*

Quelle:
https://alwacker.wordpress.com/2014/01/23/undurchsicht-ungeeignet-unpackbar/

Anm.: Neulich twitterte jemand, der Blog "alwacker" decke die
Ungereimtheiten um die Vergabe der Schubhaftverwaltung von Vordernberg
im Alleingang auf. Das dürfte zutreffend sein: Wer weitere Details
über die Geschichte wissen will, ist mit dem gesamten Angebot von
https://alwacker.wordpress.com sehr gut bedient.



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