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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. Jänner 2014; 14:12
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Kapitalismus/Glosse:
> Davoser Zahlenspiele
Während in Wien der FPÖ-Ball für Proteste sorgte, spielte sich ohne
großes Tamtam eine Veranstaltung ab, die in früheren Jahren zu
ähnlichen Polizeimaßnahmen geführt hat: Das WEF in Davos. *Gerhard
Kohlmaier* von der "Steuerinitiative im ÖGB"
kommentierte das Treffen
auf seiner Site:
*
Beim Weltwirtschaftsforum in Davos waren sich die Vertreter der
Industrienationen im Wesentlichen einig: Es geht bergauf, die Zahlen
verkünden, das Ärgste an der Finanz- und Wirtschaftskrise sei
überstanden.
Der Aufschwung als Zahlenwerk, wirtschaftliches Wachstum als Parameter
für... -- ja, wofür eigentlich? Für den statistischen Abbau von
Staatsschulden durch Finanztricks, für positive Bankbilanzen, für neue
Möglichkeiten des internationalen Finanzkapitals die weltweiten Märkte
unter ihre Alleinherrschaft zu bringen.
Das alles lässt sich mit Zahlen belegen. Zahlen, die auf geduldigem
Papier stehen, denn sie können und werden bereits morgen überholt
sein. Dann gelten eben andere Zahlen. Man, das heißt die politischen
Akteure und Heilsverkünder einer neoliberalen Wirtschaftsordnung,
haben sich getäuscht, sie konnten nicht voraussehen, wie sich die
Märkte entwickeln würden. Die österreichische Regierung übt dieses
Szenario seit Jahren. Denn schließlich sei ja alles so kompliziert, so
vernetzt, so global.
Nichts gegen Zahlen, denn zweifelsohne kann man Schuldenquoten,
Wachstum, Gewinne, aber auch Arbeitslosigkeit usw. in Zahlen
ausdrücken. Aber neben der Unsicherheit solcher Prognosen wiegt noch
viel schwerer, dass diese Zahlenspiele so überhaupt nichts über die
Befindlichkeit der Menschen aussagen, deren Lebensbedingungen von
diesen Kennzahlen abhängig gemacht werden. Und es sind doch
schließlich die Menschen, um deren Wohlbefinden es gehen sollte, wenn
man über Wirtschaft spricht.
Wirtschaftliches Handeln im Dienste der Menschen. Nein, das ist längst
nicht mehr gemeint, wenn die Regierungen der Industriestaaten das Wort
Ökonomie in den Mund nehmen. Sie meinen damit im Wesentlichen
Kennzahlen, durch welche sich für das Finanzkapital die Möglichkeiten
des Einflusses auf die Politik, deren Gewinnspannen und Möglichkeiten
Geld durch Spekulation zu vermehren ausdrücken lassen. Weisen diese
Zahlen nach oben, dann ist die Wirtschaftswelt für diese Konzerne in
Ordnung.
So lobte man in Davos die griechische Regierung, welche sich an den
von der Troika auferlegten Sanierungskurs halte, erste Früchte zeige,
die sich in solchen Zahlen ausdrücken lassen. Die Realität der
Lebensbedingungen der Griechen im Land spielt dabei eine
untergeordnete Rolle, obwohl sich auch diese in Zahlen ausdrücken
lässt. Die Realeinkommen der Menschen sind in den letzten 5 Jahren um
fast 40% gesunken, die Arbeitslosigkeit liegt bei nahezu 30%, die
Jugendarbeitslosigkeit bei 50%. An die 150.000 Universitätsabsolventen
haben in diesem Zeitraum das Land verlassen. Viele Griechen können
sich die Grundbedürfnisse des Lebens wie Essen, Wohnen, Teilhabe am
kulturellen Leben nicht mehr leisten, die Selbstmordrate hat
gigantische Ausmaße angenommen, weil die Menschen keine Auswege aus
ihrer Tristesse mehr sehen.
Aber, so meinen die Davoser Politiker fast einstimmig, Griechenland
sei auf einem guten Kurs. Man müsse den Sparkurs im Land nur
konsequent fortsetzen, die Entlassungen von Menschen im öffentlichen
Dienst und in unrentablen Wirtschaftsbereichen vorantreiben, Steuern
erhöhen, Sozialleistungen weiter einschränken. Dann könne man dort
wieder Geschäfte machen, dann sei Griechenland gerettet. Als ob das
Finanzkapital nicht schon in und mit der Krise seine Geschäfte auf
Kosten der griechischen Bevölkerung gemacht hätte. Es geht den Davoser
Politikern in Wirklichkeit darum, eine Umverteilungspolitik
fortzusetzen, die wenige zu Gewinnern, den Großteil der Menschen aber
zu Verlierern dieses Systems stempelt. Dafür müssen die Zahlen
herhalten.
Gerade wir Österreicher konnten in den letzten Monaten feststellen,
welche Bedeutung Zahlen für unsere Regierung haben: Budgetzahlen,
Wachstumszahlen, Arbeitslosenzahlen, Staatsschuldenzahlen... Sie
dienten und dienen in erster Linie zur Schönfärberei einer Politik,
die auf sogenannten Systemzwängen besteht, die durch diese
Zahlenspiele untermauert werden sollen.
Immer deutlicher wird den Menschen jedoch bewusst, dass dieses
Wirtschaftssystem und seine sogenannten Wachstumszahlen nichts mehr
mit einer Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu tun hat, sondern im
Gegenteil mit einer Verschlechterung. So lange aber unser Begriff von
Wirtschaften auf Zahlen beruht, welche uns Politiker und Lobbyisten
eines fragwürdigen Wirtschaftssystems und eines noch fragwürdigeren
Geldsystems vorgeben, machen wir uns zu Handlangern oder/und zu
modernen Sklaven dieses Systems.
Wir müssen diese selbst verschuldete Unmündigkeit endlich ablegen und
andere, neue Wege einschlagen, wobei wieder der Mensch und seine
Bedürfnisse im Vordergrund der wirtschaftlichen Aktivitäten stehen
soll. Vorschläge dazu gibt es zur Genüge. An ihnen mangelt es nicht,
wohl aber an der Bereitschaft der Regierungen, einer Ökonomie im
Interesse der Menschen zum Durchbruch zu verhelfen. Von Davos und den
Regierungen der Industrieländer dürfen wir uns in diesem Zusammenhang
auch in Zukunft nichts erwarten außer Zahlen, die längst notwendige
Veränderung müssen wir selbst vorantreiben. Sei es in der Umsetzung
neuer Formen von Wirtschaften, sei es in der Verweigerung von Konsum
um des Konsum willens, sei es in einer neuen Form von Geldwirtschaft.
Und es wird uns dabei nicht erspart bleiben, weit über den Wahltag
hinaus politisch aktiv zu werden und auf künftige politische
Rahmenbedingungen für diese notwendigen Veränderungen zu pochen. Dabei
werden die einfallslosen Zahlenjongleure unserer heutigen Parteien
keine Rolle mehr spielen.
(gek.)
Volltext: http://steuerini.at/
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